Montag, 8. Oktober 2012

Und täglich grüßt der Rentierpulli... [Stolz und Vorurteil: Rezension Teil II ]

[Vorsicht Spoiler! Nichtkenner der Geschichte lesen bitte Teil eins der Rezension.]

Wir erinnern uns... vor knapp einer Woche musste ich dem jungen Herrn Darcy dabei zusehen, wie er unserer Heldin Elizabeth Bennett den uncharmantesten Heiratsantrag machte, den die Welt je gesehen hat. Lizzy, die das auch fand, machte ihrer Empörung lautstark Luft, und diese Luft war umso aufgeladener, als diverse andere Verfehlungen des Mister Darcy ja noch ungeklärt herumschwirrten. Darcy, speziell getroffen von Lizzys Bemängelung seiner fehlenden Gentleman Qualitäten, ist daraufhin tief getroffen und nicht wenig verwirrt, denn schließlich hat ihm gerade eine Dame ihre Hand verwehrt, die er seiner eigentlich als unwürdig erachtet (wenn sie nicht so schöne Augen und so...). Darcy, ganz der Turboschreiber (was kann der eigentlich nicht?!), schafft es daraufhin, ihr am nächsten Morgen ein 'Briefchen' zuzustecken, dessen Inhalt selbst in der Minischrift meines Buches fast fünf Seiten einnimmt. 

(Ich stoppe hier mal kurz und werfe meiner Computer Tastatur mal wieder einen liebevollen Blick zu. Ich hab in letzter Zeit schon oft überlegt wie furchtbar es wäre, meine Masterarbeit ohne Internet schrieben zu müssen. Aber von Hand??!)

 Der Brief ist, bis auf den kleinen Schönheitsfehler dass er mit einer Beleidigung von Lizzys Familie beginnt, hervorragend dazu geeignet alle negativen Gerüchte um Darcy auszuräumen. Außerdem vertraut er Lizzy ein Geheimnis an, von dem niemand anders weiß - und jetzt mal ehrlich, bei welcher Frau funktioniert das nicht? Lizzy findet sich also wenig später zunehmend in Gedanken versunken. In der Hauptrolle: Mr Darcy!

Sorry ich konnte nicht anders. Mit diesem Bridget Jones Casting haben sie es geschafft, das Mr. Darcy in meinen Gedanken IMMER einen grünen Rentierpulli trägt! (via)
Äh - sorry, 200 Jahre zu spät dran. Wir versuchen das nochmal.

Lizzy findet sich also wenig später zunehmend in Gedanken versunken. In der Hauptrolle: Mr Darcy!

...aka: der Rollkragenmann! (via)
Und so nach und nach muss sie einsehen, dass der gute Mann ja ziemlich Recht hat, mit allem was er sagt. Lizzys Familie ist nämlich, bis auf Jane, tatsächlich eher von der Sorte die auf potenzielle Verehrer eher abschreckend wirkt. Und hier kommt eine Stelle im Buch, in der für mich das eigentliche Drama der Geschichte liegt. Lizzys Vater, der dem Leser von Anfang an positiv auffällt, muss nun in Lizzys Gedanken zum ersten mal auch einen Teil der Verantwortung dafür übernehmen, dass in der Familie was schief läuft. Gefangen in einer Ehe mit einer Frau, an der er schon sehr bald nach der Hochzeit das Interesse verloren hat, hat Vater Benett sich mit einem Leben abgefunden das von sechs Frauen bestimmt wird. Von diesen sechs Frauen ist die Mehrheit leider Intelligenzmäßig nicht wirklich zufriedenstellend ausgestattet und Mister Benett macht sich sein Leben dadurch erträglich, dass er die weiblichen Dummheitstiraden mit Humor nimmt und seine beiden älteren Töchter zu Komplizen ernennt. 
"Elizabeth, however, had never been blind to the impropriety of her father's behavior as a husband. She had always seen it with pain; but respecting his abilities, and grateful for his affectionate treatment of herself, she endeavored to forget what she could not overlook, and to banish from her thoughts that continual breach of conjugal obligation and decorum which, in exposing his wife to the contempt of her own children, was so highly reprehensible. But she had never felt so strongly as now the disadvantages which must attend the children of so unsuitable a marriage."
An dieser Stelle macht Jane Austen einen Sprung von der Ironie überzeichneter Charaktere zu wirklich herzzereißender Alltagsdramatik. Neben der Tragik dieser unglücklichen Ehe, in der sich der Vater damit abgefunden hat sich in die Bibliothek zu verkriechen wenn er mal Ruhe haben will und die Kinder sich damit abgefunden haben, eine dumme Mutter zu haben, die vom Vater auch so eingeschätzt wird - daneben sehen Lizzys romantische Probleme meiner Meinung nach ziemlich alt aus. Sie ist vor allem in der glücklichen Position zu wissen, wie sie es auf keinen Fall machen sollte! Und bevor es dementsprechend wieder zurück zu unserem Herzbuben geht, möchte ich hier nochmal einen kurzen Schlenker zu Lizzys Freundin Charlotte machen, die ernsthaft den schleimigen, arroganten, "ich-will-dir-mit-Stöckelschuhen-auf-die-Hand-treten"-Gefühl auslösenden Mr. Collins geheiratet hat. 

Uaaaaaaaaaah! Mädels, ich bin so froh, dass wir nicht im 19. Jahrhundert leben! Einer Frau die nicht mit allen Vorzügen der Natur ausgestattet war, konnte es ernsthaft passieren, das sie, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben, einen Mr. Collins heiraten musste. Wobei Charlotte ja hier eigentlich eine Wahl hat. Lizzy ist zwar geschockt von der Entscheidung ihrer Freundin, besucht das jungvermählte Paar aber trotzdem, wobei Mister Collins mal wieder mit Würgereiz erzeugender Dumpfbackigkeit glänzt. 
"[Elizabeth] looked with wonder at her friend that she could have so cheerful an air with such a companion. When Mr. Collins said anything of which his wife might reasonably be ashamed, which certainly was not unseldom, she involuntarily turned her eye on Charlotte. Once or twice she could discern a faint blush; but in general Charlotte wisely did not hear."
Und gerade dadurch, dass zwischen den beiden Freundinnen so viel unausgesprochen bleibt, finde ich das die Geschichte in diesem Teil einen Grad an Dunkelheit annimmt, der wirklich ziemlich beklemmend ist. Wenn ich mir überlege, wie Charlottes restliches Leben mit Schleimi Schlotterbacke aussieht, wird mir ganz anders.

"Und dies ist mein Ehemann. Hübsch ist er nicht, aber dafür auch nicht schlau!" (via)

Jetzt hab ich soviel zur Tragik der Geschichte gesagt (die mich tatsächlich ziemlich beschäftigt hat), das ich zu unseren beiden Turteltauben gar nicht mehr gekommen bin. Das tut mir sehr leid, denn ich habe ja an den Kommentaren zu meinem letzten Stolz und Vorurteil Beitrag erkannt, das sich meine werte Leserinnenschaft in einem generellen Darcylirium befindet! Ich verspreche, dass ich ihm nächstes mal mehr Aufmerksamkeit zukommen lasse. (Unerwarteterweise wird es also noch einen dritten Teil der Rezension zu Stolz und Vorurteil geben. Eigentlich hatte ich geplant, was ganz anderes zu schreiben, als letztendlich nun dabei rausgekommen ist. Der Schock über Charlottes Hochzeit scheint echt tief zu sitzen.)

Von daher bis zum nächsten mal in unserer neuen Sendereihe 'Täglich grüßt der Rentierpulli'!

Und träumt schön...
"...wir werden uns wiedersehen... in deinen  Träumen! jihihihiiii." (via)

Ps: Ich hab heute meine Masterarbeit abgegeben!!! In zwei Wochen ist noch mündliche Verteidgung und danach hab ich dann auch endlich wieder ein Leben!


10 Kommentare:

  1. Mr. Darcy <3 *___*
    Ich liebe diesen Film, aber das Buch finde ich sogar einen Tick besser ;)
    Unglaublich wie modern das Buch geschrieben ist, wenn man bedenkt zu welcher Zeit es verfasst wurde

    Liebste Grüße :)
    Aimie

    http://aimie-cherise.blogspot.de/

    AntwortenLöschen
  2. O Gooooott, jetzt weiß ich endlich, warum mir Cicero in "Rome" so bekannt vorkam. Nicht zu fassen, dass mir das früher nicht aufgefallen ist.
    Na toll, nun werde ich mir nie wieder Rome anschauen können, ohne an Mr Collins denken zu müssen. *g*

    Charlottes Schicksal fand ich auch immer ziemlich beklemmend. Die Arme!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Haha, sorry dafür :p

      Rome kenn ich nicht, mich hat der Schauspieler eher an Wurmschwanz aus Harry Potter erinnert ^^ (ist aber nicht der gleiche, hab schon nachgeguckt)

      Löschen
  3. Eigentlich bin ich nur zufällig hier gelandet und hab auch gar keine Zeit - aber wenn du in zwei Wochen deine mündliche Verteidigung hast, wünsch ich dir jetzt schon viel, viel Glück!! Meine ist nämlich heute um 16 Uhr *argh* und deswegen dürfte ich eigentlich gar nicht hier sein ^^
    Ich komm bestimmt wieder - dann mit mehr Zeit :)
    Liebe Grüße,
    Carolin

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. loool. Bester Kommentar ever! :D Hab mich kaputt gelacht. Ich wünsch dir ganz viel Erfolg bei der Verteidigung heute! Und jetzt: INTERNET AUS!!! :p

      Löschen
  4. Ich finde ja, dass Charlotte ganz wunderbar für den Pragmatismus jener Zeit steht. Sie hat bewusst einen Schritt gemacht, der gewiss nicht leicht war, aber bei dem sie davon ausgehen konnte, dass sie sich in Zukunft keine Gedanken mehr darüber machen muss wie ihr Leben und ihr Lebensabend aussehen werden. Und ihr ist ein Schleimer vermutlich lieber als ein herrischer Mann, den sie nicht lenken kann ... ;)

    Boah! Musste dieses Pulli-Bild sein? Jetzt bekomme ich das nicht mehr aus dem Kopf! *g*

    AntwortenLöschen
  5. Hallo

    Pride and Prejudice ist eines der Bücher im Englischunterricht, die ich nie zu Ende gelesen habe. Ich weiss nicht mehr wo ich ausgestiegen bin, aber allein schon dass du nach der supertollen Liebeserklärung am Ende des 1. Teils deiner Rezension noch weitergelesen hast, verdient einen Orden ;-)
    Aber den Film fand ich ganz nett.
    Und die ganze Charlotte/MR. Collins Geschichte ist wirklich deprimierend.

    AntwortenLöschen
  6. Also erst einmal: Hey, wowh! Mit der Abgabe ist doch schon ein riesiger Berg geschafft! Hipphipphurra! Den Rest wuppst du auch noch!
    Und ja, schafft Jane Austen das nicht einfach großartig. In dem einen Moment lacht man über Mr Bennets Angenervtsein seiner Frau gegenüber - und dann denkt muss man plötzlich die Meinung revidieren und Mitleid mit ihr haben.
    Herzliche Grüße von mila

    AntwortenLöschen
  7. Ach ja, die BBC-Produktion von "Stolz und Vorteil". *schwärm* Bisher die beste filmische Umsetzung in meinen Augen - aber nur die UK-Variante (die deutsche ist gekürzt).

    Und ich muss gerade feststellen, dass ich "Stolz und Vorurteil" nochmal im Original lesen muss. Irgendwie hab ich gerade das Gefühl, dass bei meiner deutschen Ausgabe die Hälfte fehlt. *grübel*

    Und ich fand es auch traurig, dass Charlotte sich selbst so gering zu schätzen weiß, aber andererseits wollte sie eben für ihre Zeit halt in gewisser Weise selbstständig sein, statt von ihren Eltern. Eigentlich ein trauriges Los, wenn man mit so einer Schleimschnecke endet. *würgs*

    Aber auch die Wandlung, die Lizzy durchmacht, ist nicht zu verachten. Wie sie lernt, Darcy aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, ganz besonders nach der Sache mit Wickham, den ich übrigens von Anfang an nicht leiden konnte. Er hat mir einfach viel zu freizügig über alles getratscht, was ihm vor die Nase kam.

    Übrigens finde ich deine Beschreibung sehr unterhaltsam und bekomme richtig Lust, das Buch noch einmal zu lesen. ^^

    "Emma" von Jane Austen ist übrigens auch sehr zu empfehlen.

    Liebe Grüße,
    animasoul

    AntwortenLöschen
  8. Liebe Mila, kennst du eigentlich die Lizzie Bennet-Diaries auf Youtube? Ich finde sie uunglaublich lustig und habe gleichzeitig dazu nochmal angefangen, Stolz & Vorurteil zu lesen - soo gut umgesetzt und über die (teilweise arg versteckten) Parallelen kann ich mich scheckig lachen. (ich mein, nur schon Bing Lee - haah!) Musste jedenfalls grad dran denken, als ich deinen Post las - ich glaube, es würd dir gefallen. :)

    Liebe Grüsse

    AntwortenLöschen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...