Eigentlich ist der Monat ja noch nicht zu Ende, aber da ich in den letzten drei Wochen so viele Bücher gelesen habe, wie im ganzen halben Jahr davor nicht (dafür aber dünnere und dümmere), habe ich einiges zu berichten. Dem Wintereinbruch sei Dank, denn bei zwei Stunden Metro und Tram fahren pro Tag liest man ja doch so einiges weg.
Vorher möchte ich mich noch kurz entschuldigen. Ich hatte versprochen schon letzte Woche die Gewinnerin der "Bücher, die man gelesen haben muss-Challenge" auszulosen, aber erst hat Blogger gezickt und dann war ich zu sehr mit Lesen beschäftigt. Dafür jetzt: Herzlichen Glückwunsch liebe Birthe! Du wirst in den nächsten Tagen von mir hören.
Kommen wir aber zum Thema dieses Posts. Und legen gleich los.
Top des Monats
Rot wie das Meer von Maggie Stiefvater
"There are moments that you'll remember for the rest of your life and there are moments that you think you'll remember for the rest of your life, and it's not often they turn out to be the same moment."
Als ich im letzten Jahr auf vielen Blogs von diesem Buch gelesen habe, war ich erst etwas skeptisch bei den Beschreibungen über "Killerpferde, die aus dem Meer kommen". Basierend auf der keltischen Legende der Each Uisge (Wasserpferde - im Buch Capaill Uisce geschrieben und Kappl Ischke ausgesprochen) geht es um pferdeartige Meereskreaturen, die, wenn es einem Reiter gelingt, sie zu fangen und zu bändigen, wahnsinnig schnelle Reit-Tiere abgeben. Sobald sie jedoch das Meer riechen oder mit dem Wasser in Berührung kommen, ist der Reiter verloren, denn sie ziehen ihn mit ins Wasser und ertränken ihn dort.
Maggie Stiefvater hat aus dieser mir noch nie besonders sympathischen Legende jedoch eine so zauberhafte, kraftvolle Geschichte gemacht, dass ich das Buch bestimmt nicht so schnell vergessen werde. Bei dem jährlichen Rennen auf der Insel Thisby geht es um Mut, Freiheit, Leichtsinn und eine Menge Preisgeld, was bei der hohen Arbeitslosigkeit kein geringer Ansporn ist. Doch die Capaill Uisce sind so schwer zu bändigen, dass schon während des Trainings die meisten Reiter verwundet oder getötet werden. Nur einer hat es bisher geschafft, das Rennen viermal in Folge zu gewinnen: Sean Kendrick, dessen eigener Vater durch ein Wasserpferd sein Leben gelassen hat. Doch erst als in diesem Jahr die störrische Puck sich zum Rennen anmeldet und einen Skandal auslöst, weil noch nie eine Frau teilgenommen hat, findet Sean Kendrick jemanden, der ihn versteht.
Fazit:
Das Buch ist, ohne das ich wirklich beschreiben kann warum, etwas ganz besonderes. Erstens ist die Geschichte wirklich außergewöhnlich, weil sie in ein realistisches Setting eine kleine, gut dosierte Prise Sagentum einwebt, nicht aber den Fehler macht, dieser Sage zu viel Gewicht zu verleihen. Zweitens sind mir die Hauptcharaktere sehr nahe gegangen, denn obwohl sie nur mit wenigen Worten beschrieben werden, sind Sie durch Ihre Gedanken und Handlungen unglaublich präsent. Und drittens hat die Geschichte eine Botschaft, die ich wirklich wichtig finde und die mit viel Geschick und Gefühl vermittelt wird.
Flop des Monats
The Lying Game von Sara Shepard
"Oh my God", I whispered. No wonder Emma didn't see me. No wonder I wasn't in the mirror. I wasn't really there. I was dead."
The Lying Game, von der gleichen Autorin die auch die "Pretty Little Liars" Serie geschrieben hat, ist ungefähr das genaue Gegenteil von "Rot wie das Meer"; der Plot ist Panne, der Geschichte fehlt jegliches Gefühl - von schreiberischem Geschick gar nicht erst zu reden - und die Charaktere sind durch die Bank absolut UNliebenswürdig. Obendrauf gibt es ein Paar dermaßen schwerwiegende Logikfehler, dass sich mir die Haare sträuben.
Die Geschichte wird aus der Sicht von zwei Mädchen geschrieben: dem unglücklichen, vernachlässigten Pflegekind Emma und ihrer verwöhnten, als Baby von einer reichen Familie adoptierten Zwillingsschwester Sutton. Die beiden kennen sich nicht und wussten nichts voneinander, bis Sutton eines Morgens aufwacht, sich sozusagen über sich selbst schwebend vorfindet und blitzschnell realisiert - weil sie langsam anfängt durchsichtig zu werden und keine Erinnerung an ihr Leben hat - dass sie tot ist und die Dame unter ihr wohl ihre Zwillingsschwester sein muss. Und schon hier mein erster Kritikpunkt: Warum ist Sutton noch da? Sie trägt nichts zur Geschichte bei und selbst wenn Sie denn mal eine schwerwiegende Erkenntnis hätte, würde das nichts nutzen, da Emma von ihrer Anwesenheit ja keine Ahnung hat und Sutton ihr somit nicht helfen kann, den Mörder zu finden.
Jedenfalls kommt Emma über Umwege bei Suttons Familie an und wird von allen Freunden und Verwandten für ihre Zwillingsschwester gehalten. Da Emma von einem Streich ausgeht, spielt sie anfangs noch mit - nur um kurze Zeit später einen Brief zu entdecken, der ihr ankündigt, dass Sutton tot ist und für sie selbst das Gleiche auf dem Programm steht, wenn sie sich nicht weiter als Sutton ausgibt. Kurz versucht Sie, Suttons Eltern und sogar der Polizei die Wahrheit zu sagen - leider ist Sutton für Lügengeschichten bekannt und niemand glaubt ihr. Und dummerweise hat Emma gleich bei Ihrer Ankunft Ihre Reisetasche mit allen wichtigen Dokumenten neben einer Parkbank stehen gelassen und muss bei der Rückkehr von einer Party erkennen, dass wohl jemand die Tasche mitgenommen hat. Ach was.
Mein Problem mit der Geschichte war nicht, dass ich die Idee nicht gut finde. Ich war schon immer ein Fan von "Das doppelte Lottchen"-Geschichten, diese hier war dann eben ein wenig morbide - mein Problem war, dass ich keine einzige der handelnden Personen auch nur ansatzweise sympathisch fand. Emma ist, wie der Vorfall mit der Reisetasche wohl zur Genüge belegt, nicht nur ein flach beschriebener Charakter, sondern auch einfach doof. Sutton selbst entspricht durch und durch dem typischen Biest amerikanischer Highschool-Stories. Von Gucci-Käufen bis zu heimlichen Party/Exzessen und widerlichem Verhalten ihren Mitschülern gegenüber wird kein Klischee ausgelassen. Nur das Sutton es mit ihren Streichen so weit getrieben hat, dass die Anzahl an potentiellen Mördern quasi alle Menschen einschließt, die irgendwann einmal irgendetwas mit ihr zu tun hatten.
Die einzige Ausnahme sind ihre Eltern, die sich von ihr scheinbar alles gefallen lassen und auch noch klaglos all ihren Luxus finanzieren - dann aber nicht merken, dass ihre Tochter eigentlich ein anderes Mädchen ist. Mal ehrlich, wie wahrscheinlich ist es wohl, dass man tagelang am Abendbrot-Tisch sitzt und nicht merkt, dass sich die Tochter an kein einziges Ereignis aus der Vergangenheit erinnern kann? In den paar Szenen im Buch mag das ja funktionieren, aber schon nach einer Stunde im realen Leben sollte wohl selbst der unkonzentrierteste Vater Verdacht schöpfen - vor allem der Vater von Sutton, der schon am ersten Tag bemerkt, dass seine "Tochter" eine Narbe am Kinn hat, die da vorher noch nicht war.
Fazit:
Sutton ist dermaßen unsympathisch, dass es mir am Ende eigentlich völlig egal war, wer sie ermordet hat. Ich habe die Geschichte durchgehalten, weil ich nicht wusste, dass "The Lying Game" eine Trilogie ist und mir erst am Ende aufgefallen ist, dass ich mich eigentlich noch durch zwei weitere Teile der Tragödie kämpfen müsste. Ausnahmslos alle Charaktere sind vollkommen eindimensional und der Plot weist einige grobe Schwächen auf. Nichtsdestotrotz hat mich die gruselige "Freundschaft" der vier Mädchen - die darauf zu beruhen scheint, dass Sutton sie die ganze Zeit quält und sie sich im Gegenzug ihre Anerkennung wünschen - auf eine unangenehme Art fasziniert, was wahrscheinlich von ungefähr dem gleichen Instinkt ausgelöst wurde, wie der, der den Menschen dazu bringt bei einem Unfall nicht wegzusehen. Warum das Buch ein solcher Bestseller geworden ist, ist mir schleierhaft. Die Geschichte kommt nicht ansatzweise an Mean Girls heran und Lindsey Lohan hätte Sutton selbst tot noch an die Wand gespielt. Das Gute an der Geschichte: sie liest sich leicht und flüssig und deshalb dankenswerterweise an einem Abend.