Posts mit dem Label Dystopie werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Dystopie werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 8. Januar 2016

Jugendbuch Tops und Flops der letzten Wochen

In der letzten Zeit hab ich zum Großteil Bücher aus der Bibliothek gelesen und oft hab ich mir dann die gegriffen, deren Cover mir in den letzten Jahren auf vielen Blogs begegnet sind. Von daher ist es keine große Überraschung, dass viele Jugendbücher dabei waren. Viele habe ich wieder weggelegt, weil sie mir schon im ersten Drittel zu langweilig waren, einige haben mich positiv überrascht, wobei man ehrlich sagen muss, dass alle drei vorgestellten "Top" Bücher nicht gerade mit Tiefgründigkeit beeindrucken konnten, aber sie haben mir einfach Spaß gemacht. Über die letzten 2 Bücher - auch wieder eine Dystopien-Reihe, ich kann's einfach nicht lassen! - hab ich mich richtig geärgert.


TOP


Der Pakt von Gemma Malley


Worum geht's?
Großbritannien in nicht allzu ferner Zukunft: Die Menschheit hat ein Medikament entwickelt, welches das Altern verhindert. Gleichzeitig sind durch den Raubbau an der Natur die Ressourcen dermaßen knapp, dass selbst die Privilegiertesten mit ihren Energiecoupond haushalten müssen. Und da alle Menschen nun ewig leben, werden die Ressourcen immer knapper. Einige Jahrzehnte vorher wurde deshalb ein Pakt geschlossen: es ist nicht mehr erlaubt, überschüssiges (also neues) Leben in die Welt zu setzen. Anna jedoch ist das Kind von Eltern die sich nicht an den Pakt gehalten und erwischt wurden. Während ihre Eltern im Gefängnis ihre Strafe absitzen, wächst Anna deshalb in einem Überschussheim auf, in dem sie lernt, ein gutes Hausmädchen für die "Legalen"zu werden um so lebenslang ihre Schuld abzuarbeiten. Doch dann lernt sie Peter kennen... 

Warum Top?
Eine intelligent aufgebaute Dystopie, die beängstigend glaubhaft konstriert ist. Das Buch ist kurz aber Gemma Malley schafft es, in wenigen Beschreibungen ein umfassendes Bild dieser Welt und des Überschussheims zu zeichnen. Ihre Charaktere bleiben dabei zwar stereotyp, das hat mich hier aber nicht gestört, weil ich von der Idee so angetan war. (Den zweiten Band kann man sich dann allerdings sparen, da er wirklich unter der Flachheit der Charaktere leidet! Ich hab ihn nach einem Drittel abgebrochen). Es gibt einige sehr gut gezeichnete Interaktionen zwischen der perfiden Leiterin des Überschussheims und ihren Bewohnern aber auch zwischen den Kindern untereinander, die mir richtig Magenschnerzen gemacht haben in ihrer leider ziemlich realitätsnahen zwischenmenschlichen Grausamkeit. Eine gelungene Dystopie die ohne übertrieben leidenschaftliche Liebesgeschichte auskommt.



Thirteen Reasons Why von Jay Asher


Worum geht's?
Sie war in seiner Klasse. Sie war seine erste Liebe. Jetzt ist sie tot. Und alles was geblieben ist, sind 13 Kassetten auf denen sie die Gründe für ihren Selbstmord erklärt. Die Tapes gehen an 13 Menschen, denen sie die Schuld an ihrem Handeln gibt. Er ist einer davon.

Warum Top?
Trotz der Ernsthaftigkeit des Themas fand ich das Buch nicht schwer verdaulich. Kurze Lektüre, leicht und spannend zu lesen und mit einem liebenswerten Erzähler der die Welt nicht mehr versteht. Was hat ausgerechnet er mit dem Selbstmord des Mädchens zu tun, das er doch so toll fand? Nach und nach enthüllen die Tapes wie es dazu kommen konnte, dass ein nach außen hin beliebter und selbstbewusster Mensch sich selbst vollkommen verlieren kann. Eine Erinnerung daran, dass auch unsere kleinsten Aktionen unerwartete Wirkungen hervorrufen können und man nie vorschnell über andere Menschen urteilen sollte. 


Weil ich Layken liebe (Slammed) von Colleen Hoover


Worum geht's?
Eine sanfte Liebesgeschichte mit überraschender Wendung, über die man kaum weiteres schreiben kann ohne zu spoilern.

Warum Top?
Diesmal kein Bibliotheksfund, sondern ein Gratis Kindle-Download, der monatelang in meiner Kindle-App rumlag, weil mir das Cover zu kitschig war und ich auch keine Ahnung hatte, worum es geht. Der Stil des Buches hat etwas erfrischend unaufgeregtes und tatsächlich habe ich mich zuerst gefragt, ob ich jetzt in einer superseichten Liebesgeschichte gelandet bin, die zwar schön geschrieben ist, in der aber irgendwie nichts passiert. Die Wendung nach etwa dem ersten Viertel hat mich dann echt positiv überrascht und obwohl mich der Handlungsverlauf nicht zu hundert Prozent überzeugen konnte, habe ich die Charaktere ins Herz geschlossen und wollte wissen wie es weitergeht!

Den zweiten Band (Point of Retreat) habe ich mir auf englisch bestellt, weil viele Szenen auf einem Poetry Slam spielen und ich die Gedichte gern in der Original-Sprache lesen wollte. Cooles Detail: Weil der erste Band verhältnismäßig kurz ist und der Stil so ungewöhnlich, hatte ich mich schon gefragt, ob ich hier an ein veröffentlichtes NaNoWriMo-Buch geraten bin (das ist der National Novel Writing Month, der jeden November stattfindet und wer ihn nicht kennt aber immer schon mal ein Buch schreiben wollte, sollte dringend mal auf der Seite vorbeischauen.) Im zweiten Band ist dann der NaNoWriMo auch wirklich Teil eines Slams.


FLOP


Rette mich vor dir von Tahereh Mafi


Worum geht's?
Im zweiten Teil der "Shatter Me" Trilogie von Tahereh Mafi wird die Dystopie um Juliette fortgesetzt, die ihr Leben in Einsamkeit verbracht hat, weil niemand sie anfassen kann. Denn ihre Berührung ist tödlich. Doch dann kommen die neuen Machthaber ihrer zerstörten Welt darauf, sie als Waffe zu benutzen. Juliette beschließt zu kämpfen, muss aber erkennen, dass die Bösen evtl. nicht nur böse sind...

Warum Flop?

Aaaaalter. Ich weiss überhaupt nicht, wo ich anfangen soll! Der erste Band hatte mich mit seiner intensiven und poetischen (wenn auch zeitweise ziemlich repetitiven) Schreibweise beeindruckt  und ich fand auch die Idee interessant. Leider hatte ich schon befürchtet, dass es am Ende vielleicht doch wieder auf eine an den Haaren herbeigezogene Dreieckskiste zwischen liebeskranken Teenagern hinauslaufen könnte, auch wenn das anhand der Konstellation der Figuren nicht besonders wahrscheinlich schien. Was soll ich sagen? Tahereh Mafi hat sich trotzdem nicht davon abhalten lassen in das gleiche Horn zu tuten, wie Dutzende Jugendbuch-Dystopie Autoren vor ihr. (Und die Amazon Bewertungen geben ihr leider recht, das Publikum verlangt danach.)

Vorsicht SPOILER!

Es scheint den Lesern total egal zu sein, dass alle drei Mitglieder dieser seltsamen Dreiecksbeziehung eigentlich nur leere Fassaden sind. Juliette, die am Anfang noch Spuren von Tiefgründigkeit erahnen lässt, entwickelt sich im Laufe der Geschichte zu einer unerträglich anstrengenden, triebgesteuerten Gefahr für die ganze Untergrundbewegung. Innerhalb weniger Kapitel verlernt sie scheinbar die Fähigkeit, auch nur halbwegs rational zu denken. Sobald ihr Liebster Adam - dessen Sex-Appeal für mich nicht einmal mit viel gutem Willen erklärbar ist, denn sein Charakter ist platt und abgesehen von ein paar flotten Sprüchen zu Beginn entwickelt er sich danach in Rekordzeit zum großen Schweiger, der außer vor sich hinzubrüten eigentlich keine Aufgabe mehr hat! - die Bühne betritt, flippt Juliette völlig aus. Es scheint nach Jahren der Einsamkeit undenkbar zu sein, auch nur fünf Minuten die Hände voneinander zu lassen und beide vergessen leider wiederholt (und mit ja nun wirklich voraussehbaren Konsequenzen!) dass Adam von Juliettes Berührung STERBEN KANN. Sobald die beiden erkennen, dass Berührungen zwischen ihnen ausgeschlossen sind, wird gleich die ganze Beziehung - auf möglichst geräuschvolle und dramatische Weise - für aussichtslos erklärt.

Ich will ja keine prüde Tante sein, aber ist DAS die Botschaft, die man Teenagern vermitteln sollte? Wenn Juliette und Adam sich doch so sehr liiiiiieben (denn das tun sie natürlich, nachdem sie kaum je drei Sätze gewechselt haben!), wäre es dann so undenkbar, dass sie vielleicht einfach miteinander reden? Sie kann ihn ja sogar berühren, wenn sie dabei Handschuhe trägt. Liebe Jugend, ein Minimum an Beherrschung darf doch wohl drin sein. Großartig, jetzt fühle ich mich auch noch steinalt.

Anyway. Wir sind ja noch nicht am Ende. Nachdem die große Liebe zu Adam im Kern erstickt ist, wendet sich Juliettes Besessenheit einer anderen Quelle zu. Und hier wird es, ohne übertreiben zu wollen, meiner Meinung nach wirklich gefährlich! Christian Grey war dagegen in seiner ganzen Stalker/Psychosen/Dominanzsucht ein unkompliziertes Schnuckelchen. Denn Juliettes neuesten Schwarm Warner lernen wir kennen, als er im ersten Band gerade jemanden erschiesst. Danach benutzt er einen Säugling, dessen Folter und Tod er in Kauf nimmt, um Juliettes Kräfte zu testen. Juliette hasst ihn natürlich aus tiefstem Herzen, bis sie ihn, Enthüllung über Enthüllung, dabei beobachtet, wie er...
einen Hund streichelt. Und die ganze "kann er denn wirklich so böse sein"-Kiste nimmt Fahrt auf. WHAT THE FUCK!

Merke: Eine Beziehung ist absolut aussichtslos, wenn dein Lover beim Fummeln sterben könnte. Wenn er stattdessen nur Menschen foltert, tötet und ihre Babies umbringt, könntet ihr noch eine Chance haben. 
Vorausgesetzt er mag Hunde.

Achtung Mädels, was ich euch jetzt sage, widerspricht dem ganzen Konzept dieses Buches, aber JA! DER TYP IST WIRKLICH BÖSE! Er foltert Babies und ermordet Menschen! Leider scheint das für die Autorin nicht so wichtig zu sein denn schließlich ist Warner WIRKLICH IN JULIETTE VERLIEBT! Und er hat einen bösen Vater. Und er mag Hunde!!! (Okay, das kann doch kein Zufall sein, oder hat die Autorin wirklich noch nie von Hitlers Hund Goldie gehört?)

Ich wollte noch viel mehr schreiben, aber meine kleine Tirade hier hat unglücklicherweise jetzt schon Ausmaße angenommen, die das Buch eigentlich nicht verdient hat.

Also mein Fazit:
Anstrengende Charaktere, bei denen man sich nicht nur alle paar Absätze an den Kopf packt, sondern Teenie Mädels am Liebsten davon abhalten möchte, jemals mit dem hier publizierten verqueren Beziehungsbild in Berührung zu kommen. Im Hintergrund der Story läuft ein lahmer X-Men Abklatsch, der eigentlich Potential hätte, aber neben der Dreieckskiste total im Sande verläuft. Besonders schade finde ich, dass der einzigartige Stil Mafis, vor allem im ersten Buch, wirklich Schreibtalent vermuten lässt.

(Ich fürchte allerdings, dass das leider nicht der Grund für die 4 1/2 Sterne Bewertungen auf Amazon ist. Viel eher manifestiert sich hier die in letzter Zeit häufiger beobachtete und echt bedenkliche Schwärmerei junger Mädels für psychopathische Arschlöcher, die von der Autorin irgendwie doch noch als Partnermaterial gehandelt werden, nur weil sie in die Titelheldin verliebt sind.)

Montag, 13. April 2015

Endlich wieder eine gute Dystopie: Die Eleria-Trilogie

Ach, hi. Da arbeitet man mal nen bisschen mehr - und zack, steht der Block sechs Monate still. Als Ausgleich dafür endlich mal wieder eine richtig erfreuliche Trilogie nach den Enttäuschungen der letzten Jahre.

Ich bin ja schon seit Erebos ein großer Fan der Bücher von Ursula Poznanski, die nicht nur fantastische Jugend-Romane schreibt, sondern auch hochspannende, richtig schön blutige Erwachsenenthriller. Die Eleria-Trilogie, Frau Poznaskis bisher erste Trilogie, liegt irgendwo dazwischen.



Zur Story

Die Reihe besteht aus den drei Bänden 1. "Die Verratenen", 2. "Die Verdammten" und "Die Vernichteten". Wir befinden uns in einem postapokalyptischen Deutschland, in dem die Menschen sich in zwei Lager spalten. Diejenigen, deren Vorfahren das Glück hatten, sich vor dem Vulkanausbruch in die sogenannten "Sphären" (riesige Glaskuppeln) retten zu können, führen ein komfortables, vor Umwelteinflüssen geschütztes Leben. Alle anderen kämpfen in der eiskalten Wildnis ums nackte, primitive Überleben. Von einigen Sphärenbewohnern werden sie deshalb abfällig auch "Prims" genannt und es kommt immer öfter zu Kämpfen zwischen den beiden Lagern. Ria, eine der Elitestudentinnen der Sphären, hofft darauf, ihre einflussreiche Position einsetzen zu können, um das Verhältnis zwischen Prims und Sphärenbewohnern eines Tages zu verbessern. Doch dann bekommt sie durch einen Zufall mit, dass nicht nur sie selbst, sondern auch fünf andere vielversprechende Studenten von den Befehlshabern der Sphären getötet werden sollen - ihnen bleibt nichts anderes über, als Hals über Kopf in die Wildnis zu fliehen.

Stärken der Trilogie:


1. Manchmal täuscht der Klappentext!

Ehrlich gesagt finde ich es extrem schwer, den Inhalt der Bücher so zusammenzufassen, dass man Lust bekommt, sie dann auch zu lesen. (Noch dazu finde ich diese nichtssagenden schwarz-weiss Cover wirklich alles andere als gelungen!) Nachdem ich dann auch den Klappentext des ersten Bandes überflogen hatte, wäre das Buch wieder im Regal gelandet, wenn ich die Autorin nicht schon gekannt und als genial befunden hätte. So war ich trotzdem ziemlich skeptisch und habe auch tatsächlich abgewartet, bis die Bücher endlich mal in der Bibliothek zu haben waren. So geduldig bin ich normalerweise nicht. Nach dem ersten Band war es allerdings ein Glück, dass ich Band zwei und drei auch gleich mitgenommen hatte, denn ich habe für die gesamten knapp 1500 Seiten keine drei Tage gebraucht. Die Geschichte ist schlüssig, intelligent aufgebaut, hat eine starke Heldin, die trotzdem glaubwürdig bleibt und ist, wie eigentlich immer bei Ursula Poznanski, einfach sauspannend!

2. Behutsam aufgebaute Postapokalypse

"Der Automat, aus dem wir außerhalb der Essenszeiten Nahrung beziehen können, liest meine Salvatordaten aus und lässt mir die Wahl zwischen angereichertem Hummus und einem Proteinshake."

Die Sphären, in denen Ria aufgewachsen ist, sind technisch auf dem neuesten Stand und verbinden viele bekannte Elemente aus anderen Dystopien. Rias Welt ist eine Mischung aus der Brave New World von Aldous Huxley, in der Menschen in Reagenzgläsern gezeugt werden, der "Uglies"-Reihe von Scott Westerfeld, in der ihre Gesichter als Jugendliche zur Perfektion operiert werden und vielen anderen Welten, in denen Jugend Science-Fiction Fans eine Menge wieder erkennen werden. Das ist aber in Ordnung, denn Ursula Poznanski lässt diese Elemente nie in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken, sondern benutzt sie nur, um behutsam eine Welt entstehen zu lassen, der ein hoch intelligentes, mutiges und liebenswertes Mädchen wie Ria trotzdem noch glaubwürdig loyal gegenüber stehen kann.

 "Der Shake schmeckt wie Kleister über den jemand einen Apfel gerieben hat. Das Cafe Agora ist bis auf den letzten Platz besetzt. Es gibt nur wenige Orte in unserer Sphäre, wo man so sehr den Eindruck von Weite hat, wo man das Gefühl sich in den Eingeweiden eines riesigen Tiers zu befinden, beinahe vergisst."
3. Erfrischende Elite ohne Superkräfte

Ich habe in letzter Zeit wirklich zu viele Bücher gelesen, in denen die Helden völlig unnachvollziehbar auf einmal herausfinden, dass sie eigentlich so gut wie alles können. (Auch wenn sie vorher realistisch gesehen ziemlich dumpfbackig durch die Gegend gegurkt sind - plötzlich können sie dann nicht nur kämpfen wie zu besten Zeiten in Sparta, sondern sie sind auch noch so unwiderstehlich charmant und einflussreich, dass Ihnen nicht nur Herzen sondern auch Gehirne kollektiv zufliegen.)

Hier ist das nicht so. Die - eigentlich ja recht naheliegende - Idee, Menschen in ihren angeborenen Begabungen speziell auszubilden und dann genau diese Talente durch rigoroses Training messerscharf herauszubilden, kam mir in diesem Jugend-Dystopie Kontext seltsamerweise fast revolutionär vor. So ist Ria dazu ausgebildet, ihre natürliche Empathie zu nutzen und in Gesichtern zu lesen, um die Menschen dann durch ihre angeborene Argumentationsstärke und die perfektionierte Beherrschung ihrer Mimik dazu zu bringen, auf ihren Rat zu hören. Zu den anderen Mitgliedern der fliehenden Sechsergruppe gehören:

  • Tycho, Spezialist darin, technische Details in Sekundenschnelle zu verstehen (und definitiv der Sidekick mit Lieblings-Charakterpotential),
  • Aurelio, der ehemals zukünftige Präsident der Sphären mit einem Talent Menschen Vertrauen einzuflößen
  • Tomma, die als Biologin alle Pflanzen zum Blühen bringen kann
  • Dantorian, der Künstler und Sänger
  • und.. äh.. dings. Der Medizinstudent. 
Ihr seht schon: Eine Kombination von Talenten, die entweder zu einem Lost-Abklatsch voller Klischees führen kann -  oder zu einer rasanten Flucht- und Entdeckungsjagd auf höchster Spannungsebene. Wobei ich zugeben muss, dass für Zweiteres schon einiges Talent vorhanden sein sollte - glücklicherweise ist Ursula Poznasnki genau die richtige dafür!


4. Eine starke Heldin, endlich mal.

Ria bildet sich zu keinem Zeitpunkt ein, in der perfekten Welt zu leben. Im Gegenteil, ihr Ziel ist es, eines Tages auch die Außenwelt wieder lebenswert zu machen, eine Verständigung zwischen Sphärenbewohnern und Prims zu schaffen und ihre Ausbildung zu nutzen um ihrem Land eine gute Anführerin zu werden, denn dafür ist sie trainiert. Nicht nur das, dazu ist sie extra im Genpool perfekt zusammengestellt und aufgezogen worden. Denn, im Gegensatz zu einfachen Handwerkern, ist die Elite des Landes nicht von Eltern gezeugt und dort aufgewachsen, sondern als "Vitro" im Reagenzglas entstanden und seit der Kindheit von ausgebildeten Erziehern trainiert worden.

Sie ist sich vollkommen bewusst, dass sie ihre Fähigkeiten sowohl der geschickten Genzusammenstellung als auch ihrem strikten Training verdankt und zeigt deshalb eine Aufgeklärtheit, die ich so oft in anderen Dystopien vermisse. Ria ist keine naive kleine Prinzessin, die durch Zufall zur Heldin wird, sondern ein starker Charakter, der die Gepflogenheiten ihrer Welt durchblickt und als Notwendigkeit erkennt.

"Keine Zeit für Träumereien. Ich binde das Haar zu einem Knoten, während ich fast automatisch vor dem Spiegel meine Übungen mache. Missbilligung. Verständnis. Vertrauen. Wertschätzung. Duldsamkeit fällt mir schwer, wie immer, und ich breche mitten in der Übung ab. Fixiere meinen Blick im Spiegel und frage mich, ob sich die Akadiemieleitung überlegt hat, auch an meinem Gesicht etwas zu ändern."

Auch die anderen Charaktere im Buch sind schlüssig aufgebaut, allerdings mit kleinen Ausnahmen eher Statisten, die keine besonderen Charakterentwicklungen erleben. Das hat mich aber nicht besonders gestört, denn der generelle Beziehungsaufbau ist trotzdem liebenswert und die Dialoge oft auch.

"Ich will euch nichts vormachen. Ich wäre erstaunt, wenn jemand von uns lebend ankommt. Wir alle vier - das wäre ein Wunder."
In Tychos Augen glitzert etwas Wildes. "Umso besser. Wunder stehen ganz oben auf meiner Liste unerledigter Dinge."

Wermutstropfen:


1. Etwas mehr Gefühl, Frau Poznanski!

Ich muss sagen, dass ich generell den Schreibstil der Autorin oft ein bisschen zu sachlich finde. Ihre Liebesbeziehungen werden in anderen Büchern immer nur angedeutet, aber hier stellt eine Dreiecksbeziehung einen der Haupterzählstränge (ja, das ist leider etwas klischeehaft, aber gut gelöst!). Ein wenig mehr Leidenschaft hätte der Erzählweise deshalb nicht geschadet. Genau wie ihre Heldin Eleria scheint sich Frau Poznanski vor zu viel Pathos zu scheuen, aber ein bisschen mehr davon hätte der Geschichte wirklich ganz gut getan. Man will ja schließlich auch mal heulen, wa?!

2. Der Hänger im 3. Band - was war da los?

Die ersten beiden Bände habe ich verschlungen, wobei ich den zweiten Band, vor allem zum Ende hin, sogar noch mal spannender fand als den ersten. Allerdings gab es dann in der Mitte des letzten Bandes (ich würde leider sogar sagen, im kompletten zweiten Drittel!) eine echt fiese Durststrecke, durch die ich mich teilweise durchkämpfen musste. Das hätte man deutlich knackiger machen können, zumal der dritte Band mit 528 Seiten fast 100 Seiten länger ist, als die ersten beiden.

Fazit:


Trotz der Wermutstropfen eine sehr gelungene Trilogie, die einfach Spaß macht! Über weite Strecken Spannung pur, mit leichten romantischen Anklängen und einer Welt, die endlich mal wieder nicht nur schwarz/weiss ist.



Mittwoch, 14. August 2013

Flop des Monats: Schon wieder eine Jugend-Dystopie

Okay, so langsam beginne ich mich zu fragen, ob die Bücher wirklich immer so schlecht sind, wie ich denke, oder ob das Genre Jugend-Dystopie einfach nichts für mich ist. Immer wieder hoffe ich darauf, dass ich mal eine Geschichte erwische, die auch nur ansatzweise an die Tribute von Panem heranreicht. Passiert aber nicht. Und so muss ich leider auch dieses mal wieder verkünden, dass eine Dystopie es auf die "Flop des Monats"-Position schafft.

Getroffen hat es schon zum zweiten mal ein Buch aus der "Delirium"-Trilogie von Lauren Oliver, die ich eigentlich aufgrund von "Before I fall" für eine sehr gute Autorin gehalten hatte. Dann allerdings kam "Delirium" und ich war mir nicht mehr ganz so sicher. Im zweiten Teil, "Pandemonium", hat Frau Oliver mich wieder ein bisschen versöhnt, denn auch wenn das Buch kein Knaller war, fand ich es doch wesentlich weniger lahm als den ersten Teil. Und jetzt das. Requiem, die "epic conclusion to the bestselling Delirium trilogy" (Buchdeckel) ist dermaßen langweilig, dass ich mich schon ein paar Stunden nach dem Zuklappen gar nicht mehr daran erinnern kann, was eigentlich passiert ist. Wobei fairerweise auch einfach wirklich nicht viel passiert ist, deswegen werde ich es auch leider im folgenden nicht vermeiden können, etwas zu spoilern.

Zur Story:

Während Lena es im ersten Band geschafft hat, mithilfe ihrer großen Liebe Alex aus dem System auszubrechen, nutzt sie den zweiten Band dazu , für die Resistenz zu kämpfen. Da Alex vermeintlich am Ende des ersten Bandes stirbt, hat Lena sich im zweiten Band neu verliebt, und zwar in den Sohn eines der wichtigsten Politiker des alten Systems. Dieser junge Mann namens Julian ist Lena in die Wildnis gefolgt und nun Teil des Widerstandes. Dann der große Cliffhanger am Ende des zweiten Bandes: Alex taucht wieder auf!
Neben Lenas persönlichen Problemen wird auch der Widerstand gegen das System immer größer. Denn gerade wurde ein neuer Bürgermeister gewählt, der mit nie gekannter Härte gegen die "Infizierten" vorgeht. Dieser Bürgermeister ist zufällig der vom System ausgewählte Partner für Lenas ehemals beste Freundin Hana - die mittlerweise geheilt ist, aber sich seltsamerweise trotzdem noch an Gefühle erinnern kann.


Absolut kein Inhalt - auf 390 Seiten.

Wenn ihr euch mal meine Inhaltsbeschreibung durchlest, werdet ihr merken, warum das Buch wohlweislich auf einen Klappentext verzichtet. Es gibt nämlich keinen Inhalt. Oder netter ausgedrückt - die drei Sätze auf dem Buchrücken fassen den Inhalt sehr treffend zusammen:
"They have tried to squeeze us out, to stamp us into the past. But we are still here. And there are more of us every day."
Die Widerstandskämpfer sind also immer noch da. Und es gibt immer mehr davon. Dieser an sich ja sehr begrüßenswerte Zustand rechtfertigt meiner Meinung nach leider nicht den Fakt, dass die Hälfte des Buches davon handelt, wie Lenas Widerstandsgruppe im Wald herumläuft und andere, neue Widerstandskämpfer trifft. Letztendlich finden sie eine Riesengruppe von Widerstandskämpfern - da diese gleich am nächsten Tag von der Armee des Systems plattgemacht werden, bringt ihnen das aber nicht so viel.
Kein Teeniebuch ohne Dreiecksbeziehung!
Glücklicherweise gibt es durch das absolut - ähm - unerwartete Wiederauftauchen von Lenas erster großer Liebe Alex ja nun ein hochkomplizierte Liebesdreieck, mit dem die Autorin ihre Leser unterhalten könnte - wenn sie es denn könnte. Leider ist es aber so, dass Lena, sobald Alex auftaucht, wieder in ihre alte Rolle aus Band eins zurückrutscht: die des zurückgebliebenen Teeangers. Da taucht also plötzlich der Junge wieder auf, der für Lena sein Leben riskiert hat - frisch aus der Gefangenschaft des Systems, in der er halb zu Tode gefoltert wurde.
"I didn't die. I don't know how. I should have. I'd lost plenty of blood. They were just as surprised as I was. After that it became a kind of game - to see how much I could stand. To see how much they could do to me, before I'd - "
und dieser Junge ist verständlicherweise etwas ärgerlich darüber, dass er Lena mit einem anderen vorfindet. Nachdem ihre eloquente Entschuldigung "Alex, I'm so sorry. I'm so, so sorry" nicht gleich beim ersten Mal den gewünschten Effekt hat und der offensichtlich vollkommen traumatisierte Alex nach einem kurzen, verzweifelten Wortwechsel nur noch die Worte "I don't love you Lena. Do you hear me? I never loved you." herausbrüllt, glaubt Lena das natürlich auf der Stelle. Und flüchtet sich kurzerhand wieder zurück zu ihrem Ersatzlover Julian.
"I can't move to him fast enough. I practically fall into him. He catches me and pulls me in tightly to his chest, and I let myself go again, let sobs run through me. He stands there with me and murmurs into my hair and kisses the top of my head and lets me cry over losing another boy, a boy I loved better."
Tja Julian, doof gelaufen würd ich sagen. Fairerweise ist es sehr wahrscheinlich, dass die Autorin hier einen etwas komplizierteren Sachverhalt darstellen wollte, nämlich den, dass man mit der Fähigkeit zu lieben auch die Unkontrollierbarkeit dieser Liebe in Kauf nehmen muss. Leider verrennt sie sich im folgenden in dämliche, sich steigernde Eifersuchtsspielchen, die schließlich in einer an Klischeehaftigkeit kaum noch zu überbietenden Schlägerei zwischen Lenas beiden Verehrern enden. Unser Lenchen steht währenddessen übrigens heulend, bettelnd und  "wie angewurzelt" daneben - kaum zu glauben, dass sie sich bei Bedarf sonst immer in eine granatige Kampfmaschine verwandeln kann.
Hana ist mal wieder die Rettung.
Wie schon im ersten Band ist es Lenas (ehemals) beste Freundin Hana, die das Buch vor dem kompletten Versumpfen rettet. Die Kapitel sind nämlich diesmal immer im Wechsel aus Lenas und aus Hanas Sicht geschrieben. Hana, die mittlerweile "geheilt" ist und kurz vor der Hochzeit mit ihrem vom System gewählten Partner steht, erkennt nach und nach, dass ihr zukünftiger Ehemann nicht nur ein extrem unsympathischer Mensch ist, sondern auch hochgradig gefährlich. Der Schwenker zu dem Märchen Blaubart ist hier druchaus gelungen, auch wenn er, wie der Rest des Buches, eine Menge Potential einfach so im Nichts verlaufen lässt. Doch selbst die Teile mit Hana sind irgendwie lieblos runtergeschrieben und konnten mich nicht wirklich mitreißen. Auch, dass die "Prozedur" ausgerechnet bei Hana nicht richtig gewirkt hat, ist natürlich praktisch - leider verzichtet die Autorin vollkommen darauf, irgendeinen plausiblen Grund für diesen doch sehr großen Zufall zu nennen.
Fazit:
Ein nichtssagender Abschluss zu einer mittelmäßigen Trilogie. Lauren Oliver hat ihr Schreibtalent leider an Charaktere verschwendet, die sie anscheinend selbst nicht besonders gut leiden kann. An der Dreiecksgeschichte ärgert mich besonders, wie wenig gesunden Menschenverstand und Einfühlungsvermögen die Autorin ihrer Hauptfigur Lena zutraut. Zum Schluss kommt dann die totale Pleite: Die Beschreibung "Offenes Ende" wäre eine grandiose Untertreibung, denn hier bleiben dermaßen viele Fragen unbeantwortet, dass ich eigentlich schon wieder ganz froh war, dass mich das Schicksal der Figuren so dermaßen kalt lässt. Aber wenigstens gibt es eine Moral:


"Take down the walls. Otherwise you may never know hell, but you will not find heaven, either. You will not know fresh air and flying. All of you, wherever you are: in your spiny cities or your one-bump towns. Find it, the hard stuff, the links of metal and chink, the fragments of stone filling your stomach. An pull, and pull, and pull. Take down the walls."

 Schöne Worte. Leider werden sie durch die Delirium Trilogie nicht mit Leben gefüllt.
  



Donnerstag, 9. Mai 2013

Schöne neue Welt...


Hallo Ihr Lieben, ich bin zur Zeit im Urlaub, deshalb verzeiht mir, dass es hier gerade sehr ruhig zugeht. Mein April-Buch fuer die "Buecher die man gelesen haben muss- Challenge" hake ich aber trotzdem noch ab. Nach der Pleite mit dem zweiten Teil der Divergent Trilogie habe ich mich zu einem Re-Read von Aldous Huxleys schöner neuer Welt entschlossen. Das Buch habe ich schon vor über zehn Jahren zum ersten Mal gelesen, daher kannte ich die Geschichte also schon. Trotzdem entdecke ich jedes Mal etwas Neues in ihr.

Zur Story:

Die „schöne neue Welt“ liegt einige hundert Jahre in der Zukunft. In der deutschen Übersetzung spielt die Geschichte in Berlin, was mir jetzt, wo ich die Stadt kenne, zum ersten Mal so richtig aufgefallen ist. Es gibt in ihr keine Krankheiten, keine Angst und keine unglücklichen Menschen. Statt paarweiser Fortpflanzung durch „Eltern“ (Ein Wort, das jedem guterzogenen Bewohner dieser Gesellschaft die Schamesröte ins Gesicht treibt!) werden die Menschen im Labor gezüchtet. Die Gesellschaftsordnung basiert auf einem strengen Kastenprinzip, in dem jeder Mensch nur ganz genau das tun kann, wozu er gezüchtet wurde. Dafür sorgt ein perfekt organisiertes Konditionierungssystem, welches die Menschen schon ab Kleinkindalter darauf konditioniert, nur das zu mögen, was sie später sowieso einmal tun sollen.

So werden den Kindern der Delta-Schicht, die dazu bestimmt sind, später einmal unter Tage zu arbeiten, zum Beispiel mit Elektroschockern versehene Bücher und Blumen präsentiert. Haben sie beim Anfassen dieser Dinge erst einmal oft genug einen tüchtigen elektrischen Schlag bekommen, werden sie sich hüten, im Erwachsenenalter in die Nähe von Büchern oder raus in die Natur zu gehen. Stattdessen lieben sie dunkle Orte und eintönige Arbeit – schließlich wurden ihnen diese Dinge in der Kindheit mit viel Musik und Schokoladeneis schmackhaft gemacht. Und übrigens ist ihr Gehirn sowieso nicht darauf ausgerichtet, komplizierte Arbeit zu verrichten, da ihrer Nahrung schon vor der Geburt Alkohol hinzugefügt wurde, um die Denkfähigkeit angemessen niedrig zu halten. So sind denn alle Menschen glücklich und zufrieden mit ihrem Leben, hüten sich vor eigenständigem Denken, Einsamkeit und engen Bindungen, denn schließlich „ist jeder seines nächsten Eigentum“. Die Liebe existiert nicht mehr, sie macht nur Probleme. Sollte es doch mal vorkommen, dass jemand, trotz Leidenschaftsersatztherapie und Sexualhormonkaugummi, unerklärlicherweise nicht vollkommen glücklich ist, ist immer Soma zur Hand – der Glücklichmacher in Tablettenform, der sorgfältig in der Bevölkerung verteilt wird.

Meine Meinung:

Huxleys Geschichte ist sehr, sehr intelligent. Im Gegensatz zu vielen  anderen Dystopien erschreckt sie nicht durch ihre Brutalität, sondern durch die Nachvollziehbarkeit ihrer Grundsätze und die Machbarkeit ihrer Durchsetzung. Huxley verknüpft sehr geschickt wissenschaftliche Erkenntnisse mit menschlichen Wünschen nach Frieden, Gemeinsamkeit und dem Glücklichsein. Manche der in dem Buch beschriebenen Elemente erscheinen heute überhaupt nicht mehr Sciene Fiction mäßig – die Züchtung von Menschen in Reagenzgläsern zum Beispiel. Huxley selbst schreibt dazu „Damals habe ich meine Geschichte 600 Jahre in die Zukunft verlegt – heute scheint es nicht mehr so unwahrscheinlich, dass uns dieser Schrecken binnen eines einzigen Jahres ereilt.“

Als Leser ist man ein wenig ratlos: Ist an dieser neuen Gesellschaft wirklich alles schlecht? Schließlich gibt es ja keine Kriege mehr, keine Krankheiten, alle sind glücklich. Es gibt  zwar auch keine Liebe mehr, keine Philosophie und keinen freien Willen – aber wenn der Mensch diese Dinge sowieso nicht vermisst, ist das dann so schlimm? Jetzt könnte ich hier natürlich eine seitenlange Abhandlung über das Recht auf freien Willen und seine Konsequenzen schreiben – aber Huxley bewirkt mit seiner Geschichte, dass man nicht umhin kommt, sich seine eigenen Gedanken zu diesem Thema zu machen. Deshalb überlasse ich euch an dieser Stelle euren eigenen philosophischen Erkenntnissen und sage nur: 

Ran Da! Lesen! 

Samstag, 25. August 2012

Rezension Pandemonium (...und sie kann es doch!)

"Wenn nicht jetzt, dann nie!" dachte ich mir als ich mir dieses Buch aus dem Regal schnappte.
Nachdem mich der erste Band der Delirium Reihe vor ein paar Wochen komplett kalt gelassen hat, war ich eigentlich schon überzeugt davon, dass der zweite Band leider sein Leben als hübsch becoverter aber arg vereinsamter Regalverschönerer fristen würde. 

Doch dann - Ein Geistesblitz!

"Mila-", sagte ich  mir. "Mila, die Frau kann doch schreiben. Das hat sie doch mit Wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie bewiesen! Gib ihr noch eine Chance." UND ICH TAT ES! Bin ich zu melodramatisch? Ach Quark. Ein kleiner Trommelwirbel geht noch:
Tatatataaaaaaaaa: 
Hier seht ihr den vielleicht ersten Fall einer Trilogie, deren gähnend langweiliger erster Band mit einem grandiosen Sequel aufwarten kann. Ich hab vielleicht doof geguckt. 
Wir müssen aber doch realistisch bleiben: Es ist sehr gut möglich, dass ich das Buch nur deshalb so gut fand, weil ich null Erwartungen hatte. Genauso wie es theoretisch sein kann, dass ich den ersten Band so lahm fand, weil meine Erwartungen zu hoch waren. Wie auch immer; Pandemonium ist, verglichen mit Delirium, ein Knaller.

Kurz zum Inhalt (der sehr schwierig zu beschreiben ist, ohne zu spoilern!):
Lena, die vormals naive, schüchterne und auf gutes Benehmen konditionierte Tochter einer "Infizierten" (ihre Mutter wurde niemals von der "Krankheit" Liebe geheilt) hat es in einer phänomenalen Flucht geschafft, aus dem System auszubrechen. Mittlerweile ist sie wieder dorthin zurückgekehrt, ausgebildet zur Widerstandskämpferin im Namen der Resistenz. Das Buch läuft parrallel auf zwei Erzählsträngen: Lenas neue Identität als Undercover "Agentin" ("Now") und ihre Ankunft und Anpassung an ihr neues Leben an die Wildnis nach ihrer Flucht ("Then").

Meine Meinung
Unser naives kleines Mädchen aus Band eins hat sich zu einer Bad Ass Kämpferin ohne Gnade entwickelt und Lauren Oliver kann wieder beweisen, was sie eigentlich drauf hat. Das Buch hat, ganz simpel gesagt, ordentlich Feuer unterm Hintern! Durch die Umstände erscheint Lenas Wandelung auch nachvollziehbar. Aber das sie Charakterwandlungen drauf hat, konnte Frau Oliver schon mit ihrem Debutroman beweisen.

"I will bomb and bomb and bomb, and watch all their buildings smoldering to dust, and all those people bleeding into flame, and I will see how they like it. If you take, we will take back. Steal from us, and we will rob you blind. When you squeeze, we will hit.
That is how the world is made now."

Trotz solch großspuriger Ankündigungen hat Lena ihr Herz aber noch am rechten Fleck. Nach und nach findet sie einen Mittelweg zwischen Stärke und Schwäche, Gnadenlosigkeit und Mitgefühl. Und sie erkennt, dass auch auf der Seite der Resistenz Menschen für das Ziel geopfert werden, ein Umstand, der sie immer mehr zweifeln lässt.

"Someday you´ll understand," she says, and I know that she really believes it. She is staring at me wide-eyed, willing me to understand: that people should be sacrificed to causes, that beauty can be built on the backs of the dead. (...) "I hope not.", I say, as gently as I can, and that is how I say good bye.

Das heisst aber nicht, das auf verschiedenen Fluchten nicht trotzdem haufenweise Menschen sterben. Wenn hier 18 jährige mehrere Menschen töten wird das zwar reflektiert, aber für meinen Geschmack nicht genug. Außerdem möchte ich hier mal kurz einen Tipp an Autoren diverser Jugend-Dystopien publik machen: ES IST NICHT SO EINFACH EINEN MENSCHEN MIT EINEM MESSERSTICH ZU TÖTEN!!! Es ist deshalb sehr unwahrscheinlich, dass jemand der noch nie ein Messer in der Hand hatte, seinem Feind kurz mal ein Messer in den Rücken sticht und damit jemand anderem in wenigen Sekunden das Leben rettet. Dazu braucht es nämlich ganz schön Kraft. Und nicht zu vergessen: Einiges an Sachverstand! All die Rippen sind ein bisschen im Weg, ihr versteht? Soviel zum Realismus einiger Szenen in diesem Buch.

Abgesehen von solcherlei kleinen Fehlern habe ich aber nicht viel zu bemängeln. Das Buch ist spannend und flüssig, kann mit einer (einigermaßen) komplexen Hauptfigur aufwarten und mit interessanten und liebenswerten Nebencharakteren. Lauren Olivers Schriebstil ist wie gewohnt kraftvoll und poetisch zugleich. Auch in diesem Band mangelt es übrigens nicht an Romantik, die aber hier sehr viel weiser ( = sehr viel weniger plump!) eingesetzt wurde, als in Band eins. 
Die romantischen Szenen sind liebevoll und zart in die Geschichte eingebunden und statt die Geschichte einzuengen (wie bei Band eins), bieten sie einen erholsamen Kontrast zu all der Brutalität.

Lauren Oliver hat auch hier wieder einige gute Ideen zu bieten, wie sich die Durchsetzung einer Gesellschaft ohne Liebe auswirken kann. In Band zwei wird klar, dass es weniger um das Fehlen von Liebe geht, als um das Aufrechterhalten einer perfekten, "gesunden" Fassade. Auch hier wieder: viel glaubhafter als in Band eins. 

Eine Sache, die mich aber schon wieder genervt hat, ist das Lena in diversen Szenen viel naiver, bzw. schwerer von Begriff ist, als sie es sein müsste. (Und als es ihrem Charakter angemesssen wäre.) Es kann passieren, das der Leser sich seitenweise denkt "Booooah, das muss sie doch jetzt mal kapieren!". Sowieso sind viele Charaktere anscheinend nicht absolut ausgereift, denn meiner Meinung nach passen manche Handlungen einfach noch nicht hundertprozentig zum Charakter. Sowas hab ich aber einfach ignoriert, denn es tut der Geschichte keinen Abbruch.

Fazit
Insgesamt kann ich das Buch absolut empfehlen. Es ist kein Geniestreich, aber temporeiche Unterhaltung mit süßen, liebevollen Anklängen. Ich hatte das Gefühl, dass Lauren Oliver eigentlich diese Geschichte schreiben wollte und Band eins war nur dazu da, die Hintergründe zu verstehen, bevor es richtig losgeht. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber evtl. könnte man zu Band eins auch nur die Inhaltsangabe (Welt ohne Liebe, Mädchen flieht) lesen und gleich zu Band zwei übergehen. Und dann hoffentlich bald zu Band drei, denn am Ende von Pandemonium wartet ein mieser Cliffhanger. "Requiem", der dritte Teil der Trilogie, erscheint auf Englisch im März 2013. Cover ist auch schon draußen. (Täusche ich mich, oder sieht das Mädel auf dem Cover von Mal zu Mal seltsamer aus? Lippen-OP?!)
 Via Requiem, erscheint März 2013
 Obwohl der dritte Band noch nicht raus ist, hat er auf Goodreads schon 280 Reviews, die sich ausnahmslos folgendermaßen anhören. "Oh my gooood, the ending was sooooo cruel. I want THIS and THIS to happen next!" Ist halt ein Teenie Buch... Übrigens sind dieselben Teenies anscheinend eindeutig nicht meiner Meinung was die Liebesgeschichte aus Band eins angeht. Mein Lieblingskommentar (Achtung, Ironie.) steht verdeckt in der nächsten Zeile, da er einen heftigen Spoiler enthält. Wenn ihr beide Bände schon gelesen habt, könnt ihr ihn durch markieren entlarven:
"I know burning books is bad, but if Lena doesn't end up with Alex there will be blood." Ooookay.
Die deutsche Ausgabe von Pandemonium erscheint im November, wenn ihr mir einen Gefallen tun wollt, bestellt ihr sie unter folgendem Link.

Mittwoch, 1. August 2012

Meine Blogger-Hype Sommer Flops (Teil 2: Delirium)

Nachdem mich die Lektüre des Blogger Hits "Divergent", bzw. "Die Bestimmung" von Veronica Roth ja schon ziemlich kalt gelassen hat (Rezension hier), war ich dann froh, dass ich Delirium nicht zuerst gelesen hatte. Lauren Olivers "Before I fall" (auf deutsch: "Wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie") hat mich ja letzten Monat völlig begeistert (Rezension), deswegen hatte ich mir von Delirium einiges versprochen.
Erstmal vorweg: Lauren Oliver hat einen bezaubernden Schreibstil und sie schafft es mühelos, sich in einen Teenager hineinzuversetzen. Es passiert mir häufig, dass ich ein Jugendbuch lese und die Heldin viel zu erwachsen für ihr Alter finde. Lena aus Delirium ist dagegen eine authentische siebzehnjährige, etwas naiv vielleicht und mal wieder ein bisschen schüchtern für meinen Geschmack. Aber das sind sie ja immer alle bis dann der große Knall kommt und das unbedarfte kleine Mädel sich von einer Sekunde auf die andere in eine furchtlose Amazone verwandelt. Muss man sich wohl mit Abfinden, dass solche Charaktersprünge (meist passieren sie innerhalb weniger Wochen) in Dystopien an der Tagesordnung sind. 
Für Delirium auch hier nur eine ganz kurze Beschreibung, Inhaltsangabe findet ihr auf Amazon.

Delirium
Lena lebt in einer dystopischen, abgeriegelten Version der United States, in der man - tadaa - die Liebe abgeschafft hat. Kurz nach dem 18. Geburtstag wird jeder Bewohner dieser Gesellschaft am Hirn operiert und Freundschaften, Liebesbeziehungen und auch die innige Bindung von Eltern an ihre Kinder existieren nicht mehr. Wer nämlich nicht lieben kann, so die Argumentation, kann auch keinen Schmerz empfinden, kann daher nicht hassen und wird deshalb nicht gegen den Staat aufmucken. Okay, fand ich jetzt nicht besonders geistreich das Setting, und die Argumentation auch nicht hundertprozentig wasserdicht, aber ich war mir sicher dass Lauren Olivers Schreibtalent alles aus der Idee herauszuholen vermag. Ich muss aber sagen, dass mich schon die Inhaltsangabe unangenehm an die Uglies Trilogie erinnert hat, die mich letztes Jahr grandios genervt hat (Rezension) und dieser Eindruck hat sich rein aufbaumäßig leider bestätigt.


"It´s crazy. It´s stupid. It´s dangerous. But somehow, standing in the sweltering storeroom surrounded by boxes of mac´n´cheese and canned beets and any powder, the three of us have become a team. 
It is us against them, three against thousands. But for some reason, and even though it´s absurd, at that moment I feel pretty damn good about our odds"

Mir ist hier, genauso wie bei "Before I fall" aufgefallen, dass Lauren Oliver ein großes Talent dafür hat, tiefe Freundschaften zu beschreiben. Freundschaften, die trotz der Fehler des anderen und trotz zeitweiliger Entfremdungen bestehen bleiben. Im Gegensatz zu manch anderen fand ich den Charakter von Hana, Lenas bester Freundin, durchgehend liebenswert und die Freundschaft der beiden war eigentlich das, was mich letztendlich dazu gebracht hat, das Buch durchzuhalten. Denn ehrlich gesagt: Ich war ein paar mal kurz davor, einfach abzubrechen. Das Buch ist stellenweise so gähnend langweilig, die Reise durchs Auenland ist ein Krimi dagegen! (Über Langeweile hatten sich ja bei Before I fall schon eine Menge Leute beschwert, da fand ich das allerdings überhaupt nicht. Bei Delirium bin ich ernsthaft einmal eingeschlafen.)

Lenas ganze Gesellschaft ist aus lauter Angst vor der Krankheit Deliria nervosa (Liebe) dermaßen panisch, dass die Jugendlichen es nicht erwarten können ENDLICH ENDLICH ihre Gehirrnhalbweglaser-Prozedur zu kriegen. Sie wissen zwar, dass sie dann nie wieder das gleiche für ihre Freunde fühlen werden wie vorher, aber da die Prozedur auch jeden Schmerz vergessen lässt, ist das für die meisten auch kein Problem. OBWOHL Freunde ja die einzigen sind, von denen Kinder irgendeine Form der Zuneigung kriegen, denn Kinder werden zwar nach Regierungsvorschrift bekommen und behütet, aber sie werden natürlich nicht geliebt. Lebenslange Freundschaften werden also ziemlich willig aufgegeben. Wie wahrscheinlich dieser Sachverhalt ist, wenn man sein Leben lang darauf vorbereitet wurde und auch wirklich glaubt, dass ohne tief gehende Gefühle alles besser ist, finde ich schwierig zu beurteilen. Kommt mir jetzt so subjektiv nicht so furchtbar wahrscheinlich vor, aber kann ja sein. Nun ist es in Anbetracht dieses Denkmusters aber ein bisschen schwer nachzuvollziehen, dass jeder der sich vor der Prozedur verliebt auf einmal einen Riesenaufstand macht; Schreien, Treten, weglaufen, Selbstmord, das ganze Programm. Aber wir nehmen auch das mal so hin. Und die Bewohner von Lenas Welt haben auch generell wenig Gelegenheit sich ineinander zu verlieben. Jungs und Mädels streng getrennt, Berühren verboten und überhaupt sind Jungs für Lena ziemlich komisch: "Their words are a blur, an indistincrt series of shouts and barks and short bursts of laughter, the way that boys always sound whenever you only hear them from around Corners or across streats or down the beach. It´s like they have a language all their own and for the thousandth time I think how glad I am that Segregation policies keep us separate most of the time". Aha.

Fassen wir zusammen: Lena ist megafroh, dass sie bald die Prozedur kriegt, hat sich schon tausendmal gefreut, dass Jungs und Mädchen getrennt sind und hat eine HEIDENANGST vor der Krankheit. Ab und zu zeigt sie zwar mal Abnormitäten - ihre Lieblingsfarbe ist die eines Sonnenaufgangs. Dafür kommt sie um ein Haar in ernsthafte Schwierigkeiten, was ich nicht nachvollziehen kann, da ja die Lieblingsfarben aller anderen die noch nicht geheilt sind auch nicht nur blau und grün sein werden - aber insgesamt ist sie  so fügsam und anständig wie sich das jede Diktatur nur wünschen kann. ABER DANN! Dann kommt --- EIN JUNGE!!! Der ist zwar natürlich ganz toll und muskulös und besonders und alles - aber trotzdem nur ein Junge. Und unser Lenachen, mit all ihren eingetrichterten Denkweisen, ist innerhalb von von ein paar Wochen so in Liebe entbrannt, dass sie ohne Probleme für die Liebe ihres Lebens sterben würde. Hm.

Okay, klingt eben alles nach Jugenddystopie, ein bisschen Romantik muss auch sein und die beiden sind auch wirklich ganz süß zusammen. Ganz süß. Mehr aber auch nicht. (Und meiner Meinung nach nichtmal ansatzweise so rührend, wie die Annäherung von Samantha an ihr späteres Herzblatt in Before I fall.) Nun macht Frau Oliver aber leider den Fehler, dass sie den Schwerpunkt ab der Hälfte des Buches NUR NOCH auf die Teenieliebe von Lena und Alex legt. Sie gehen zusammen schwimmen, er küsst sie auf die Schulter, sie nimmt ihn in den Arm, sie schreiben sich Nachrichten, sie philosophieren zusammen, was man halt so macht als junges Pärchen. Nichts besonderes eigentlich, dafür aber KAPITELWEISE. Und merkwürdig einfach zu bewerkstelligen in einer Gesellschaft in der jedes Gespräch mit abgehört wird. Zwischendurch driftet Lenchen in seitenweise mehr oder weniger philosophische Gedanken und Gedänkchen ab und ich hab angefangen, einfach mal ganze Absätze zu überspringen.

Kurz vor Ende wird es dann nochmal ein bisschen spannend, aber auch der kleine Twist hat mich jetzt nicht wirklich umgehauen. Ich sehe irgendwie noch nicht, wo der Dreh hinführt. Das Ende allerdings, also die letzten paar Seiten, fand ich wirklich gelungen und lässt darauf hoffen, dass der zweite Teil der Trilogie weniger Knutschszenen und mehr waschechten Regimesturz mitbringt. Versteht mich nicht falsch, ich überhaupt nichts gegen Knutschszenen, aber hier haben sie mich einfach nicht mitgerissen. Lesen würde ich den zweiten Teil hauptsächlich deshalb, weil ich wirklich erfahren will, wie es mit Hana weitergeht. Hana ist wirklich ein toller Charakter, die hätte ich auch gern zur Freundin. Und auch Lenas kleine Cousine Gracie scheint noch eine Schlüsselrolle innezuhaben. Mal gucken, erstmal hab ich ja noch ein paar Listenbücher vor mir.



Fazit
Ganz nett. Stellenweise interessant, stellenweise ööööde. Einige liebenswerte Charaktere aber eine sehr voraussehbare Geschichte. Von der Autorin würde ich eindeutig eher dieses Buch empfehlen!

Ps: Urlaub, Urlaub, ich fahre in den Urlaub! In den nächsten zwei Wochen wird deshalb hier auf dem Blog Ruhe einkehren, ich schätze die norwegische Wildnis ist nicht so richtig gut mit W-Lan ausgestattet.


Montag, 30. Juli 2012

Meine Blogger-Hype Sommer Flops (Teil 1: Divergent)

Auf diese beiden Bücher hatte ich mich schon seit Wochen gefreut und da ich im Moment in den Ferien bin (daher auch die spärlichen Kommentar-Antworten, sorry dafür!) hatte ich nun endlich Zeit, sie beide zu lesen. Gerade um Divergent (bzw. auf deutsch "Die Bestimmung") bin ich in den letzten Monaten beim Blog Stöbern überhaupt nicht mehr drumherum gekommen und überall nur auf grenzenlose Begeisterung gestoßen. Auf Delirium von Lauren Oliver hatte ich mich, neben dem Blogger Hype, speziell deshalb gefreut, weil ich ja "Before I fall" (auf deutsch "Wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie"), Lauren Oliver´s Debut-Roman so wunderschön fand (Rezension dazu hier). Und dann kam noch dazu, dass ich ja vor ein paar Wochen bei dieser Amazon Aktion "3 englische Bücher für 15 Euro" - mehr davon, Amazon! - mal eben jeweils den zweiten Teil beider Trilogien bestellt habe. Und beide kamen total unerwartet als Hardcover an, wunderschön, ich war begeistert.

Tjaaa. Öh. Nun weiss ich garnicht, ob ich die zweiten Teile überhaupt lesen will. BEIDE Bücher nämlich, sowohl Divergent als auch auch Delirium haben mich, trotz oder gerade wegen des heftigen Blogger Hypes, ziemlich enttäuscht. Da die meisten von euch ja, wenn nicht gleich die Bücher, zumindest die ein oder andere Rezension gelesen haben, lasse ich die Inhaltsangabe sehr knapp und verlinke nur auf die Amazon-Version.

Die Bestimmung
Beatrice lebt in einer dystopischen Version von Chicago, in der jeder Bewohner des Staates mit 16 Jahren in eine von 5 Fraktionen eingeteilt wird. Beatrice, die eigentlich herkunftsmäßig zu den Selbstlosen gehört, wird allerdings beim Einteilungstest als "divergent" eingestuft, eine hochgefährliche Sache, die am Besten NIEMALS jemand erfahren darf! Denn Divergent bedeutet, dass ein Charakter nicht vollkommen eindimensional ENTWEDER mutig ODER selbstlos ODER ehrlich, etc. ist, sondern eben ein bisschen zu jeder der Eigenschaften neigt. Und das kommt als ein Riesenschock beim Test, denn anscheinend ist Beatrice die einzige in ihrem kompletten Jahrgang, deren Charakter mehrdimensional ist. Aha. Passiert ja auch nicht oft bei Menschen.

Diesen Sachverhalt fand ich ja schonmal etwas schwierig nachzuvollziehen, aber mein Hauptproblem war eigentlich, dass diese Mehrdimensionalität überhaupt nicht durchscheint. Beatrice, die sich nach ihrem Fraktionswechsel nun Tris nennt, bleibt nämlich leider flach und eindimensional und bietet wenig Identifikationsbasis. Die Initiation fand ich dann wieder ganz spannend und ich hab das Buch schon auch ziemlich fix durchgelesen, aber ich war eher auf einer "technischen" Basis fasziniert, so á la "Ach, das hat die Autorin sich also dabei gedacht". Sobald ich beim Lesen die Beweggründe der Autorin hinterfrage ist das eigentlich schonmal kein gutes Zeichen, denn für mich bedeutet das, dass entweder die Handlung oder die Charaktere irgendwie konstruriert wirken und ich den Strippenzieher dahinter sehen kann, statt mich in der Geschichte zu verlieren.

Mir hat keiner der Charaktere in der Geschichte wirklich etwas bedeutet, außer vielleicht Al, dem Veronica Roth etwas mehr Tiefe zugesteht und der im späteren Verlauf der Story für einen wirklich gelungenen Plot-Twist sorgt, bei dem ich eindeutig mehr involviert war als zum Beispiel bei der Liebesgeschichte zwischen Tris und Four. Mal wieder ist es hier so, dass ein unerfahrenes, schüchternes junges Ding sich innerhalb von Sekunden (!) in den tollen, gefährlichen Helden verliebt. Die Hintergrundgeschichte zu Fours Charakter macht ihn zwar ein bisschen spannender und tiefgründiger als anfänglich erwartet, wird mir aber eigentlich zu schnell und zu einfach abgehakt. Und die Annäherung zwischen den beiden hat mich so komplett kalt gelassen, wie mir das bis jetzt selten passiert ist.

"I have to mend my friendships. I need the protection of seeming weak."

Obwohl der Schreibstil den Leser eigentlich ziemlich flott durch die Geschichte treibt und ich für die 500 Seiten auch nur 2 Tage gebraucht habe, hätte ich wahrscheinlich kein großes Problem damit gehabt, das Buch zwischendurch mal eine Woche wegzulegen. Letztendlich fand ich nämlich die Tests und Proben spannend, mehr aber auch nicht. Wäre Tris bei einem Teil der Inititiation gestorben, hätte ich relativ nahtlos weiterlesen können, ohne dass mir viel gefehlt hätte. Außerdem find ich Tris seltsam oberflächlich und kaltherzig, was sie nicht gerade zu einem Sympathieträger der Geschichte macht. Das ist sogar in den positiven Rezensionen zu dem Buch so auffällig, dass ich mich frage, ob es nicht sogar von der Autorin beabsichtigt ist. Passt dann allerdings mit dem Selbstlosigkeits-Gedanken nicht so zusammen und auch nicht mit der obligatorischen "Für meien große Liebe tue ich alles" Dramatik.

Zum Ende des Buches nimmt die Geschichte dann plötzlich so krass an Fahrt auf, dass man mit den Ohren schlackert und es schon wieder undurchdacht wirkt. Und dann ist sie zu Ende. Da ich noch ca 100 Seiten Buch überhatte und nicht geschnallt hab, dass die voller Interviews und Hintergrundinformationen sind, habe ich einfach mal komplett über den letzten Satz hinweg gelesen und erst auf der nächsten Seite gemerkt, dass das Finale schon vorbei war. Nachdem im ersten Teil des Buches jede Bewegung der Kämpfe genau beschrieben wird, ist das Ende des Buches, obwohl eigentlich so viel passiert, ein einziger großer (Blut-) klumpen, in dem vor Lauter Aufopferung und Heldenmut keine einzige der Aktionen vernünftig zur Geltung kommt. (Was sehr schade ist, denn die Ansätze sind richtig gut!). Ich war manchmal wirklich erschrocken, wie lieblos manche Szenen von der Autorin gehandhabt werden. Ich hab eigentlich noch viel mehr zu sagen, aber dann müsste ich anfangen zu spoilern. Für alle die das Buch schon gelesen haben, hier aber zwei wichtige Fragen (alle anderen können zum Fazit weiterspringen):
1. Wie kann es sein, dass Tris´ allergrößte Angst, nämlich dass ihr Divergent Status aufgedeckt wird, bei keiner der Simulationen auftaucht?
2. Wenn am Ende plötzlich alle Leute in Tris´Umgebung munter von Gebäuden springen und auch sonst plötzlich total mutig sind, wieso sind die dann nicht alle vom System als divergent erkant?

Fazit:
Eine spannende, aber nicht wirklich unvergessliche Geschichte, die meiner Meinung nach nichtmal ansatzweise an die Panem-Trilogie herankommt (mit der sie ständig verglichen wird). Manchmal wenig nachvollziehbare Plots mit lieblos beschriebenen Szenen, farblosen Figuren, rabiater Gewalt und einem viel zu hektischen, etwas abgedrehtem Ende. Am Schluss war ich eher angenervt als bewegt und wenn ich evtl. doch noch den zweiten Teil lese, dann nur weil ich ihn eh schon gekauft habe. Es ist DEFINTIV nicht so, dass ich nägelkauend hier rumsitze und mich frage was wohl bloß jetzt passiert. Es ist mir nämlich eigentlich wurscht.

Allen, die von diesem Buch noch nie was gehört haben (haha) sei gesagt: Ich scheine mit meiner Meinung relativ alleine dazustehen, die meisten Blogger waren hingerissen von der Geschichte. Eine tolle positive Rezension, die mir sehr gefallen hat, findet ihr zum Beispiel hier. Und hier noch der Trailer zum Buch.


Ps: Eigentlich hatte ich geplant, beide Bücher zusammen hier zu besprechen, daher die Einleitung. Aber nun ist die Rezension doch länger geworden als erwartet, deshalb meine Meinung zu Delirium dann im nächsten Post. 

Sonntag, 29. April 2012

[Classic-Challenge] 1984 von George Orwell - Big Brother is watching you!

Big Brother is watching you! Schonmal gehört? Keine Ahnung gehabt, dass der Spruch nicht von der Fernsehserie stammt? Mehr Klassiker lesen! Oder beim nächsten Mal eine Klassiker-Challenge mitmachen, so wie die von Lynie. Wahlweise dürft ihr aber auch gerne mit mir zusammen die BBC-Liste der 100 most-loved Novels lesen, da kommt man um den ein oder anderen Klassiker auch nicht drum rum. Besonders aber: Lest dieses Buch, das so wichtig ist, dass es auf Wikipedia sogar einen Artikel auf Esperanto darüber gibt!

Zur Story
Man schreibt das Jahr 1984, nach einem atomaren Weltkrieg wurde die Erde unter den drei Supermächten Ozeanien, Eurasien und Ostasien aufgeteilt. Alle drei haben sich mittlerweile zu totalitären Diktaturen gemausert, die auf einem pervertierten sozialistischen Grundgedanken aufbauen. Zwei der Mächte befinden sich regelmäßig im Krieg, so dass die Bevölkerung konstant unter Versorgungsnot leidet. Wir begleiten einen Anwohner des Staates Ozeanien bei seiner Suche nach etwas Privatsphäre in einem 24/7 Überwachungsstaat. Winston Smith ist Ende 30, ein einfaches Parteimitglied und hat sich gerade verbotenerweise ein Tagebuch zugelegt. Als er beginnt, seine Gedanken darin festzuhalten (ein Verbrechen, das für sich allein genommen schon mit der Todesstrafe geahndet wird), ändert sich sein Leben auf einmal schlagartig und er lernt sogar eine Frau kennen, die seinen Freiheitsdrang nachempfinden kann. Die beiden schaffen es, für wenige Stunden im Monat den riesigen Bildschirmen zu entkommen, die in jedem Haus, in jedem Zimmer präsent sind und auf denen jede ihrer Worte und Bewegungen direkt an die Gedankenpolizei übertragen werden. Beide Wissen, dass sie nur eine begrenzte Zeit haben, bis sie schließlich wahrscheinlich doch erwischt, gefoltert und von der Regierung "eliminiert" werden.

Meine Meinung
Bei Ersterscheinen des Buches spielte die Geschichte noch 35 Jahre in der Zukunft - im Jahr 1984. Dieses Jahr liegt nun schon eine Weile zurück und Orwells Dystopie hat sich dankenswerterweise für die Leser dieses Blogs nicht erfüllt. Wir haben nie in einer Diktatur mit 24 stündiger staatlicher Überwachung, Gehirnwäsche und mehr oder weniger geheimen Exekutionen gelebt. (Wären wir 70 Jahre früher geboren worden, müsste dieser Satz leider bedeutend anders aussehen.) Das es uns so gut geht, heißt nicht, das das Buch nicht immer noch erschreckend brisant ist, wenn man den Blick ein bisschen über den Tellerrand herausschweifen lässt. Es geht um Krieg, es geht um Hass, es geht um Gehirnwäsche. (Gehirnwäsche? Moment, dann können wir Deutschland da leider doch nicht ganz ausnehmen. Hallo Bildzeitung!*) Der ganze Roman hat nur knapp 250 Seiten, aber es sind so viele hochintelligente, tiefgründige Ideen darin, dass ich unmöglich alles in dieser Rezension abdecken kann, was ich gerne besprechen würde. Ich werde deswegen ein paar Punkte herauspicken, die sich mir am deutlichsten eingeprägt haben. (Ich hab das Buch schon letzte Woche beendet, aber musste es erst mal sacken lassen.) Auf Youtube gibt es leider keinen offiziellen deutschen Trailer für den Film aus dem Jahr 1984, aber dieser Fanmade Trailer gibt die Stimmung des Buches ganz gut wieder.



Gibt es eine Vergangenheit, wenn sich niemand an sie erinnert?
Winston arbeitet im Ministerium für Wahrheit, in dem sich die Menschen damit beschäftigen, alle Medien so anzupassen, dass die Partei immer die Wahrheit sagt. Das bedeutet, wenn vor zwei Monaten die Partei behauptet hat, es würde nie zu einem Krieg mit Eurasien kommen und dieses Ereignis tritt dann doch ein - dann werden in ganz Ozeanien alle Medien eingesammelt die in der Vergangenheit die Wahrheit geschrieben haben und werden angepasst. Damit wird die Vergangenheit, soweit sie auf Papier existiert, geändert oder ausgelöscht. In Ozeanien sind die Menschen so gut darin trainiert, diese Unstimmigkeiten zu ignorieren, das es zu jeder Zeit nur diejenige Vergangenheit gegeben hat, die sich in den Medien befindet. Wenn also Ozeanien gerade einen Krieg mit Eurasien angefangen hat, dann hat dieser Krieg schon immer bestanden und Eurasien war schon immer und wird auch für immer der Feind bleiben. Wer etwas anderes behauptet, macht sich strafbar. Die Menschen hier müssen die Technik "Doppeldenk" beherrschen, in der es notwendig ist, alles was die Partei behauptet nicht nur zu sagen, sondern auch zu glauben. Für jemanden, der 100 Jahre später in allen Zeitungen dieser Zeit das gleiche liest, für den wird eine erfundene Vergangenheit genauso real wie jedes reale Ereignis. Was also passiert mit der Vergangenheit, wenn sie schwarz auf weiß in allen Medien und gleichzeitig in allen Köpfen aufgehört hat zu existieren und durch etwas anderes ersetzt wurde?

Was passiert mit unseren Gedanken, wenn wir keine Wörter mehr dafür haben?
Ein Thema, dass mich schon damals im Deutsch LK nicht mehr losgelassen hat, ist die Frage, wie Sprache das Denken bestimmt. Kann jemand, der kein Wort für "Hass" hat, dem damit das ganze Konstrukt Hass völlig unbekannt ist, mit der gleichen Leidenschaft hassen wie jemand, dem es von klein auf anerzogen wurde, bestimmte Dinge zu hassen? In Ozeanien beantwortet mann diese Frage mit nein und hat deswegen eine neue Sprache eingeführt: "Neusprech". In Neusprech gibt es nur so viele Wörter wie unbedingt notwendig, mit dem Hintergedanken, dass man tiefgehendes, schattiertes Denken unterbinden kann, wenn man den Menschen weniger Wörter zur Verfügung stellt. "Gedankenverbrechen" gegen die Partei sollen damit fast unmöglich gemacht werden. In Neusprech gibt es zum Beispiel keine Gegensatzwörter mehr. Aus "gut", "sehr gut" und "schlecht" wird "gut", "doppelgut" und "ungut". Damit kann man höchstens noch sagen "Die Partei ist ungut", aber für jeden weitergehenden Gedanken würde das Vokabular fehlen. Und das ist der eigentlich faszinierende Gedanke: Wenn wir keine  Wörter mehr haben um unsere Gedanken darin einzupacken - was bleibt dann noch außer einem dumpfen Gefühl im Bauch, das irgendetwas nicht stimmt?

Ich hab noch so viel mehr Gedanken und Fragen zu diesem Buch, aber wenn ich nicht bis nach Timbuktu rezensieren möchte, muss ich jetzt hier Schluss machen. Ich würde mich aber freuen, wenn ihr mir, nachdem ihr das Buch gelesen habt, (oder auch gerne davor) eure Gedanken zum Buch oder zu meinen letzten Fragen schickt, oder zu den folgenden:

  • Wann verrät man einen geliebten Menschen?
  • Kann man jedes Kind dazu bringen, seine Eltern zu verraten?
  • Wie kann man so machthungrig sein, dass man eine Welt ohne Liebe hinnimmt und sogar begrüßt, nur um seine Macht zu festigen?

Fazit
Lesen.
Ernsthaft.

Nie wieder Krieg!
Ich habe euch hier eine Dokumentation über George Orwell herausgesucht, ab Minute 50 geht es um 1984, ansonsten um Orwells Vergangenheit (er ist direkt nach Veröffentlichung des Romans gestorben). Und, meine Güte, der Mann hatte kein einfaches Leben! "Ich schreibe während über mir hochzivilisierte Menschen versuchen, mich umzubringen. Die meisten von ihnen würden nicht im Traum darauf kommen, einen Mord im privaten Leben zu begehen. Auf der anderen Seite, wenn es einem von Ihnen gelingt, mich mit einer gut platzierten Bombe in Stücke zu reißen, wird er deswegen kaum schlechter schlafen." Lasst uns froh sein, dass wir in einer Zeit und Zone leben, in der Krieg und Diktatur nur noch eine Erinnerung sind. Und dafür arbeiten, dass es so bleibt!




* Zum Abschluss möchte ich heute gerne einen speziellen Gruß an die Redaktion der Bildzeitung schicken, die es letzten Monat schon wieder geschafft hat, eine Studie zur Immigrantenintegration so gehörig zu verfälschen, dass sich damit mal wieder ordentlich Hass und Vorurteile erzeugen lassen. Aber dazu ist die Bild ja schließlich da. Eine Zeitung, die direkt aus dem Jahr 1984 zu stammen scheint.

Mittwoch, 14. September 2011

Tribute von Panem - Official Cast

Ich habe gerade bei Ayanea zum allerersten mal den Hunger Games Teaser Trailer gesehen. Da ich Verfilmungen generell nicht so mag, hatte ich das nicht weiter verfolgt und wusste gar nicht, dass der Film bald rauskommt.  Aber nachdem ich jetzt die komplette Besetzung gesehen habe, bin ich echt aufgeregt, denn die ist ja absolut erfolgsversprechend! 


Über Jennifer Lawrence als Katniss war ich erst kurz ein bisschen erschrocken! Ich kenne sie nur mit blonden Haaren und dachte mir: "Wie kann man Katniss mit so einer Püppi besetzen?!" Aber es ist unglaublich wie viel Haare und Gesichtsausdruck ausmachen! Mit den schwarzen Haaren sieht sie tatsächlich so aus, wie ich mir Katniss vorgestellt habe. Rue und Tresh sind der Hammer und das Lenny Kravitz die Rolle von Cinna spielt, halte ich für einen absoluten Geniestreich. President Snow jagt mir schon auf dem Foto eine Heidenangst ein. Kinder, ich glaube das wird was, ich freu mich! Die einzige Besetzung die mir vollkommen gegen den Strich geht, ist Peeta. Und ich hoffe wirklich, dass Josh Hutcherson besser spielt, als er aussieht. 


Was meint ihr zur Besetzung?


Hier nochmal der Teaser Trailer. Allerdings auf Englisch, da mir die Stimme hier besser gefällt. Wer redet hier übrigens? Gale? Oder Haymitch? Ich kann mich nicht erinnern, dieses Zitat irgendwo gelesen zu haben ^^


May the odds be ever in your favor.

Montag, 15. August 2011

Uglies von Scott Westerfeld, 2005


Zur Story:
Die Geschichte von Tally ist eine gar nicht so schrecklich unwahrscheinliche Zukunftversion: Tally wartet sehnsüchtig auf ihren 16. Geburtstag, an dem sie endlich von ihrem hässlichen "Ugly"-Dasein befreit wird. Zum 16. Geburtstag bekommt hier nämlich jeder Jugendliche eine Schönheits-OP und darf aus dem Stadtteil in dem die Kinder wohnen, in die Partymeile "Prettytown" ziehen. Als jedoch ihre beste Freundin Shay sich weigert, die Operation durchführen zu lassen und flüchtet, verändern sich Tallys Leben und ihre Sicht auf die Dinge schneller als sie sich das vorstellen kann und sie kommt ein paar dunklen Geheimnissen auf die Spur...

Meine Meinung:
Die Bücher sind ein typischer Fall von "Gute Idee, schlechte Umsetzung". Mir kommt es vor, als wollte der Autor möglichst schnell eine Jugendreihe schreiben, dass sich möglichst gut verkauft. Da im Moment Dystopien bei Jugendlichen und Erwachsenen extrem beliebt sind,(wie die "Hunger Games"-Reihe beweist - übrigens eine geniale Serie!), scheint dem Autor hier eine großartige Idee gekommen zu sein. So baut er denn auch vielseitige aktuell relevante Themen mit ein - Umweltschutz, Schönheitswahn, Gehirnwäsche. Die Bücher müssten hochspannend sein.
Sie sind es nicht.
Westerfeld schafft es weder, sich in die Gedankengänge einer 16-jährigen hineinzuversetzen, noch gibt er seiner Geschichte einen logischen Handlungsverlauf. Die Hauptfiguren ändern nicht nur ihre Ansichten sondern auch -ganz schlimm!- ihre Charaktereigenschaften. Und zwar so schnell dass man mit den Ohren schlackert. Freundschaften und große Lieben entstehen und zerreißen wie am Laufband und Momente, die in anderen Büchern zu Weinkrämpfen oder Lachanfällen führen müssten, verleiten hier noch nicht einmal zu einem Wimpernzucken. Genau wie den Charakteren fehlt es auch den Szenen an Tiefgang, es fehlt vollkommen die Identifikation des Lesers mit dem Buch. Die Geschichte berührt nicht, sie nervt eher.

In bester Fantasy-Manier erfindet Westerfeld eigene Ausdrücke und eigene Gewohnheiten für seine Figuren, zu der dann natürlich auch ein spezielles Hintergrund Bucht veröffentlicht. Leider sind diese Wörter selbst auf Englisch so blöde, dass ich mich frage, wie eine 16-jährige es aushält ständig "bubbly" zu sein. Besonders frustrierend finde ich aber die seitenlangen Beschreibungen von Tallys Flugboard-Ausflügen.(So etwas wie ein Super-Skateboard, das fliegen kann.) Ja, sie ist ein Crack auf dem Board und ja, viele Kids finden skateboarden total cool - das heißt aber nicht, dass sie es genauso genießen, stundenlang zu lesen, wie Tally Loopings fährt, von ihrem Board fällt und wieder aufsteht. Oder doch? Vielleicht bin ich auch einfach zu alt für das Buch. An meine erste große Liebe kann ich mich aber auch mit 23 noch gut erinnern: Ich war in der Grundschule und habe mich Monate lang nicht getraut meinen Schwarm anzusprechen, bis er schließlich eine neue Freundin hatte. Langweilig? Nicht so langweilig, wie die erste Nacht, die Tally mit ihrer "großen Liebe" verbringt!

Mein Fazit:
Nach dieser Rezension mag es überraschen, dass ich trotzdem bis zum Ende des dritten Bandes gekommen bin, bevor ich die Reihe weiter verschenkt habe. Aber wie gesagt: Westerfelds Ideen sind gut. Ich wollte wirklich wissen, was er sich für seine Charaktere weiter vorgestellt hat und wie die Welt am Schluss aussieht. Und ich werde nicht enttäuscht: Auch die beiden Nachfolgerbände von "Uglies" bieten enormes Potenzial - Schade nur, dass Westerfeld es nicht ausnutzt! 

Dienstag, 19. Juli 2011

5.) Listen-Nr. 46: Animal Farm von George Orwell, 1945

Mein Lieblingszitat: "No sentimentality, comrade. War is war. The only good human being is a dead one." "I have no wish to take life, not even human life," repeated Boxer, and his eyes were full of tears.


Über dieses Buch könnte man problemlos eine ganze Doktorarbeit schreiben. Keine Angst, hab ich nicht vor. Obwohl ich Animal Farm nie gelesen habe (trotz Englisch LK!), kenne ich die Basics: Satire, zum Ende des zweiten Weltkriegs veröffentlicht, Dystopie. Auf dieses Buch hab ich mich gefreut. Ich mag Satire, ich mag Dystopien, ich freue mich auf eine spannende Woche.
Als das Buch ankommt bin ich erstmal erstaunt wie schmal es ist. Wohl doch keine ganze Woche, eher ein paar mal Bahn fahren auf dem Weg zur Arbeit. Schlechte Idee. Nach drei Tagen Hin- und Rückfahrt habe ich, als ich heute Morgen auf der Arbeit ankomme, zwei Dinge erreicht: das Buch ist durch und ich habe tierisch schlechte Laune.


Ein Bauernhof, eine Menge verzweifelter Tiere, ein unfähiger Bauer. So die Ausgangssituation, bevor die Tiere erkennen, dass sie auch alleine klar kommen könnten. Dann müssten sie sich auch nicht ständig schlachten lassen und hätten außerdem mehr zu fressen. Es beginnt mit einer Revolution, es endet in einer Katastrophe und am Ende haben wieder mal die Schweine gewonnen. Die Tiere stehen schlechter da als vorher, lassen sich Lügen erzählen, aufhetzen und sehen hilflos zu, wie ihre Brüder abgeschlachtet werden, weil sie zu feige sind, das Maul aufzumachen. Außer die Schafe, aber die sind so doof, dass sie immer nur Hetzparolen nachbrüllen können.
George Orwell skizziert auf 95 Seiten eine Geschichte, die wir Menschen überall auf dieser Welt immer und immer und immer wiederholen. Als Hitler "Mein Kampf" veröffentlicht ist klar, dass er ein größenwahnsinniger Psychopath ist. Als in China der erste Intellektuelle in den Knast gesteckt wird, ist klar, dass die 100-Blumen-Bewegung eine Farce ist. Als in der Sowjetunion Millionen von Menschen vor Hunger sterben ist klar, dass der "Alle sind gleich"-Kommunismus eine Lüge war. Die Menschen machen immer weiter. George Orwell auch.


Fast von der ersten Seite an ist die Katastrophe auf der Animal Farm zu erahnen. Die Tiere machen mit, es gibt kein Entkommen. Die glorios erdachte Zukunft wird zu einem Horrorszenario, doch in einer Mischung aus Optimismus, Dummheit, Loyalität und schier zu viel Arbeit und zu wenig Essen wehren sie sich nicht. Und dann ist es zu spät, das Buch ist zu Ende. Und ich bin desillusioniert und traurig, ein paar von meinen Lieblingstieren sind ermordet worden. Doch dann erinnere ich mich, dass Tiere niemals so handeln würden. Sie würden keine anderen Tiere für Geld umbringen und sie würden keine Angstdiktaturen erschaffen. So etwas schaffen immer nur wir Menschen. Und wir tun es auch noch wissentlich. Die meisten Tiere auf der Animal Farm haben den Nachteil, dass sie nicht lesen können, deshalb schaffen es die schlauen Schweine überhaupt erst, an die Macht zu kommen. Aber wir Menschen können ja lesen. Wir sollten uns nicht für dumm verkaufen lassen, alles hinterfragen, niemals einem Alleinherrscher vertrauen.Und unseren Kindern Animal Farm zum Lesen geben. Eigentlich müsste das Buch zur Pflichtliteratur in der Schule gehören. Irgendwas stimmte da mit meinem Lehrplan nicht.


Als Fazit würde ich das Buch mit  Sicherheit auf eine Liste der wichtigen Literatur unserer Zeit packen. Aber es wird ganz bestimmt nie zu meinen "Lieblingsbüchern" zählen. Offensichtlich haben aber eine ganze Menge Menschen Animal Farm als ihr "best-loved novel" angegeben. Die lassen sich wohl gerne deprimieren.
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...