Posts mit dem Label Amerika werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Amerika werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Samstag, 22. Februar 2014

Top des Monats: Wasser für Elefanten

Kaum zu fassen, aber das Lesehoch hält an. Auch im Februar habe ich schon ein halbes Dutzend Bücher gelesen. Wenn ich die jetzt auch noch zu allen eine Rezension schaffen würde - äh, naja, wir wollen den Blogger-Burnout mal nicht herbeibeschwören. Unglaublich bezaubernd ist mein Liebling im Februar: Water for Elephants.

Top des Monats: Water for Elephants von Sara Gruen (2006)

"Ladies-s-s-s-s-s-s-s and gentleman-n-n-n-n-n! Twen-n-n-n-n-n-ty-five minutes till the big show! Twen-n-n-n-n-n-ty-five minutes! More than enough time to avail yourselves of the amazing, the unbelievable, the ma-a-a-a-a-a-rvelous wonders we have gathered from all four courners of the earth and still find a good place in the big top!"

Jacob Jankowski ist 90. Oder 93. In seinem Alter kann man das nicht mehr so genau sagen. Jede Woche kommt ihn seine Familie im Altersheim besuchen - allerdings hat er fünf Kinder und jede Woche kommt ein anderes mit seiner Familie. Wenn er es endlich geschafft hat, sich zu erinnern, welches seiner Enkelkinder zu welchem Kind gehört, kommt schon wieder ein anderer Teil der Familie. Das Vergessen macht ihm Angst. Und es ärgert ihn, dass die Pflegerinnen im Altenheim ihn wie einen greisen Idioten behandeln - obwohl er doch gerade erst Mitte Zwanzig war und Tierarzt im Zirkus der "Benzini Brothers Most spectacular Show on Earth". Niemand kennt seine Vergangenheit, bis eines Tages ein Zirkus in die Stadt kommt und ein anderer Bewohner des Altenheims erzählt, er hätte damals das Wasser für die Elefanten getragen. Es kommt zu einem Eklat zwischen den beiden alten Männern und die Geschichte kommt ans Licht.

"My father used to take us down to the tracks to watch them unload. Gosh, that was something to see. And then the parade! And the smell of peanuts roasting -"
"And cracker Jack!"
"And candy apples, and Icecream, and lemonade!"
"And the sawdust! It would get into your nose!"
"I used to carry water for the elephants", says McGuinty.
I drop my fork and look up. He is positively dripping with self-satisfaction, just waiting for the girls to fawn over him.
"You did not", I say.
There is a beat of silence. (...)
"Listen pal", I say. "For decades I`ve heard old coots like you talk about carrying water for elephants and I`m telling you now, it never happened. (...) Do you have any idea how much an elephant drinks?"


The Big Top - Ein Ort zum Träumen.

Als vor einigen Jahren die Verfilmung dieses Buches herauskam, entschloss ich mich, mir das - trotz der zauberhaften Reese Witherspoon - nicht anzutun. Nicht nur, weil die Hauptrolle von Robert "Ich habe nur einen Gesichtsausdruck" Pattinson gespielt wird - sondern weil mir damals gesagt wurde, dass die Grausamkeit den Tieren gegenüber schwer zu ertragen sei. Das ist sie tatsächlich auch im Buch, denn das Leben im Zirkus ist hart. Tiere, die ihren Zweck nicht mehr erfüllen, werden ersetzt. Menschen übrigens auch. Es ist kein Platz für Zartbesaitete, denn das Geld ist immer knapp, das Leben immer am Limit - und die Show muss immer weitergehen. Gleichzeitig ist das Big Top, das große Zirkuszelt der 30er Jahre, ein magischer Ort. Ein Ort ungekannter Kuriositäten aus aller Herren Länder, unglaublicher Tiere, schillernder Kostüme, grandioser Artisten und dem alles durchziehenden Popcornduft. Ein Ort zum Träumen.

Hinter der Kulisse hören die Träume auf, das Leben hier ist zu gefährlich für Träume, zu gefährlich für Gefühle und es ist schwer herauszufinden, wem man vertrauen kann. Jacob Jankowski, der kurz vor seinem Abschluss an Tiermedizin an einer der prestigeträchstigsten Universitäten Amerikas steht, wird aus seinem heiteren Leben gerissen, als seine Eltern sterben und er die Studiengebühren nicht mehr bezahlen kann. Das Land befindet sich mitten in der Großen Depression und so ist er froh, Arbeit in einem Zirkus zu finden. Doch er begeht einen schweren Fehler - er verliebt sich in die Frau des gefährlichsten Mannes der ganzen Show.

Die Geschichte ist so intensiv, dass man die Sägespäne förmlich riechen kann. 

Das Buch ist ein Wirbel aus Formen, Farben und Gefühlen. Der Leser ist mitten in der Geschichte, leidet mit, erlebt atemlos eine großartige Show. Und wird zwischendurch unvermittelt immer wieder in den grauen Alltag im Altenheim geschmissen, dessen Trostlosigkeit die schillernde Zirkuswelt nur umso mehr hervorhebt.

Ich habe mich sofort und unwiderruflich in diese Welt verliebt. Gleichzeitig hat mich die Parallelgeschichte eines jungen Mannes, der sich plötzlich in einem alten, verlebten Körper widerfindet, zu Tränen gerührt und immer wieder zum Nachdenken gebracht. Denn es ist ja keine Seltenheit, dass alte Menschen behandelt werden wie Kinder. Plötzlich werden Entscheidungen für sie getroffen, die ihnen jegliche Handlungsfähigkeit absprechen. Die Geschichten, die sie zu erzählen haben, vergessen wir dabei. Am Eindrucksvollsten fand ich die Szene, in der Jacob von einer der netten Pflegerinnen eine Schüssel Obstsalat zugesteckt bekommt. Sie hat ihm ihren eigenen Nachtisch gegeben, weil der alte Mann sich immer wieder über den weichpürierten Fraß beschwert, den sie ihm im Pflegeheim als "Essen" vorsetzen.

"Now don`t tell anyone", she says, bustling in and sliding my dinner-table-cum-vanity over my lap. She sets down a paper napkin, plastic fork and a bowl of fruit that actually looks appetizing, with strawberries, melon and apple.
"I packed it for my break. I`m on a diet. Do you like fruit, Mr Jankowski?"
I would answer except that my hand is over my mouth and it`s trembling. Apple, for God`s sake.
She pats my other hand and leaves the room, discreetly ignoring my tears.
I slip a peace of apple into my mouth, savoring its juices. The buzzing fluorescent fixture above me casts a harsh light on my crooked fingers as they pluck pieces of fruit from the bowl. They look foreign to me. Surely they can´t be mine.

Fazit
Absolut lesenswert. Und die Geschichte regt dazu an, das Altern mit anderen Augen zu sehen.
 

Samstag, 29. Juni 2013

"an' Ah ain' never been call a nigger" Vom Winde verweht - Die Sklavenfrage [Part I]

Mehrere Leute haben mich nach dem letzten Post - in dem ich von meinem neuen Lieblingsbuch "Gone with the Wind" schwärme - darauf angesprochen, wie das Buch mit der Sklavenfrage und mit Rassismus generell umgeht. Während des Lesens konnte ich diese Frage nicht abschließend beantworten. Außerdem konnte ich mir, das nur als Randnotiz, vorstellen, dass es für die Autorin auch gar nicht so ungefährlich gewesen wäre, ihre Meinung allzu deutlich klarzumachen. Wir befinden uns hier schließlich in den USA der 30er Jahre, Rassentrennung war hochaktuell, Martin Luther King gerade mal eben geboren. 

Nicht die beste Zeit, um allzu deutliche Sympathien zu bekunden. 

Margaret Mitchell hat es meiner Meinung nach verstanden, ihre eigene Position nicht preiszugeben und stattdessen ihren Figuren Kommentare in den Mund zu legen, die den Leser zum selbstständigen Nachdenken bringen sollen. Dabei muss man sich auf sein eigenes Urteilsvermögen verlassen, um zu erschließen wer nun eigentlich nach Auffassung der Autorin Recht haben soll, denn die Hauptcharaktere sind nie definitiv als "gut" oder "böse" eingestuft. Sie alle sind sehr komplex, haben gute und schlechte Seiten, gute und schlechte Gedanken, gute und schlechte Gewohnheiten. Zumindest nach heutigen Standards. Und - sehen  wir es mal nüchtern - es gibt in dem Buch keine einzige Figur, die nicht auf eine bestimmte Weise ziemlich dämlich ist. Wer hier Vorbilder sucht, wird kaum fündig werden. Das war es für mich gerade, was die Geschichte so einzigartig macht. Deswegen war ich mir auch nach intensivem Nachdenken nicht ganz sicher, welche Position die Autorin nun eigentlich propagiert. Ich komme in diesem Post aber zu einer Vermutung.

Im Bezug auf Rassismus in Gone with the Wind sind es letztendlich folgende Fragen, die mir auf der Seele brennen:
  1. Welche Position nimmt das Buch bezüglich der Sklavenfrage ein? Propagiert es Rassismus?
  2. Wie akkurat werden die Sklaven-Besitzer Beziehungen in Gone with the Wind beschrieben? Bzw: Hat die Beziehung zwischen Sklaven und Ihren Besitzern irgendeinen Bezug zur Wirklichkeit, oder ist das romantisierter Quatsch?
Über beide Fragen könnte man wahrscheinlich ein eigenes Buch schreiben, ich werde aber versuchen, mich kurz zu halten. Trotzdem wird die Beantwortung (oder der Versuch einer Beantwortung) der beiden Fragen je einen Artikel in Anspruch nehmen. Dieser hier beschäftigt sich mit der ersten Frage.

  1. Welche Position nimmt das Buch "Gone with the Wind" bezüglich der Sklavenfrage ein? Propagiert es Rassismus?

Das Zitat in der Überschrift stammt aus einer der für mich ergreifendsten Szenen des ganzen Buches. Sie beginnt, als Scarlett nach dem Krieg von ein paar Yankee Frauen gefragt wird, wo sie ein gutes Kindermädchen finden könnten. Hier ist, was passiert: 
"That shouldn't be difficult." said Scarlett and laughed. "If you can find a darky just in from the country, who hasn't been spoiled by the Freedman's bureau, you'll have the best kind of servant possible." Woraufhin die Yankee  Frauen empört antworten, dass sie ihre Babies bestimmt nicht einem "black nigger" anvertrauen, denn "I wouldn't trust them farther then I could see them, they give me the creeps."
Scarlett ist gerade damit beschäftigt, an die "dear and comforting hands" ihrer schwarze Haushälterin "Mammy" zu denken, mit der sie ein engeres Verhältnis hat, als mit ihrer eigenen Mutter, als die Frauen beginnen, sich offen über Uncle Peter lustig zu machen. Der alte Haussklave, der Scarlett an diesem Tag herumfährt und während der obigen Konversation neben ihr sitzt, muss sich gefallen lassen, dass die Frauen ihn mit den folgenden Worten verspotten:
"Look at that old nigger swell up like a toad. I'll bet he's an old pet of yours, isn't he? You southerners don't know how to tread niggers. You spoil them to death." 
Scarletts Reaktion darauf ist extrem aufschlussreich, wenn wir analysieren wollen, wie dieses Buch mit der Sklavenfrage umgeht. 
"Scarlett felt, rather than saw, the black chin begin to shake with hurt pride, and a killing rage swept over her. [...] If it were to her own advantage, she would have endured insults about her own virtue and honesty. But the knowledge that they had hurt the faithful old darky with their stupid remarks fired at her like gunpowder. [...] They deserved killing, these insolent, ignorant, arrogant conquerors."
Wir sprechen hier von Scarlett O' Hara, der Frau ohne Gewissen, die kein Problem damit hat, ihre komplette Nation von den Yankees beleidigen zu lassen, wenn nur sie dadurch Gewinn macht. Die sich sogar selbst beleidigen lässt, ohne dass es ihrem Stolz besonders zusetzt, weil sie ja weiß, dass sie die Yankees letztendlich um ihr Geld erleichtert. ABER in dem Moment, in dem Uncle Peter beleidigt wird, verliert sie um ein Haar ihre Selbstbeherrschung.Sie schafft es gerade so, mit den Worten "Uncle Peter is one of our family. Good  afternoon. Drive on, Peter" die Flucht zu ergreifen, bevor die Sache eskaliert.

 Aus dieser Szene lassen sich mehrere Dinge schließen:
  • Zu Ihren Sklaven hat Scarlett ein engeres Verhältnis und wesentlich mehr Vertrauen als zu irgend einer weißen Person im ganzen Buch, einschließlich ihrer eigenen Familie.
  • Es wird suggeriert (und nicht nur an diesem Punkt), dass die Yankees die Befreiung der Sklaven dazu genutzt haben, um die Südstaaten plattzumachen und die Sklaven gegen ihre früheren Eigner aufzuhetzen, selbst aber wesentlich rassistischer waren, als die Südstaatler, so dass sie folglich nach deren Befreiung nicht mehr wussten, was mit den ganzen ehemaligen Sklaven passieren sollte.
  • Uncle Peter ist "part of the family" und bleibt selbstverständlich freiwillig bei "seiner" Familie, obwohl er die Chance hätte, die neue Freiheit zu nutzen.  
Aus diesen Erkenntnissen ließe sich nun schließen, dass Sklaven in "Gone with the Wind" wohl nicht die geknechteten, unmenschlich behandelten Kreaturen sind, als die sie oft in anderen Geschichten behandelt werden. Sie waren absolut loyal ihrer Familie gegenüber und blieben freiwillig, auch als sie es nicht mehr mussten. Sie hatten eine Vertrauensposition innerhalb ihrer Familie, wurden geschätzt, vielleicht sogar geliebt und beschützt. 

Beschützt?

Und hier kommen wir zu einem der Knackpunkte!
Denn auch wenn es im Licht der Geschichte ja durchaus ehrenwert ist, dass Scarlett Uncle Peter gegenüber einen so starken Beschützerinstinkt hat (immerhin hat sie den nicht vielen Menschen gegenüber, zumindest nicht so offensichtlich), wird doch auch klar, dass Uncle Peter überhaupt keine Chance hat, sich selbst gegen die weißen Frauen zu wehren. Er mag ja ein Teil der Familie sein, aber er ist ganz bestimmt kein gleichberechtigter Teil. Und eine Seite weiter wird klar, dass er das in Scarletts Augen, bei aller Liebe, auch nie sein könnte:
Scarlett thought "What damnable queer people Yankees are! Those women seemed to think that because uncle Peter was black, he had no ears to hear with and no feelings, as tender as their own, to be hurt. They did not know that negroes had to be handled gently, as though they were children, directed, praised, pettet, scolded.[...] Not trust a darky! Scarlett trusted them far more than most white people, certainly more than she trusted any  Yankee. There were qualities of loyalty and tirelessness and love in them that no strain could break, no money could buy." 
Wir sehen also wie Scarlett, als eine der oft am rational denkendsten Figuren des ganzen Buches, vollkommen selbstverständlich davon ausgeht, dass Schwarze zu einer anderen Art Mensch gehören. Im Gegensatz zu vielen anderen Geschichten (Django...) werden die Sklaven hier definitiv menschlicher behandelt (Sscarlett ist zum Beispiel vollkommen aufgebracht darüber, dass die Yankees denken, alle Südstaatler hätten einen "Sklavenhund", der entlaufene Sklaven jagt, oder würden ihre Sklaven regelmäßig auspeitschen) - aber das bringt sie noch lange nicht dazu, Uncle Peter als gleichwertigen Menschen zu sehen. Selbst wenn viele der Eigenschaften, die sie ihm zuschreibt sogar positiver sind, als die, die sie ihren weißen Mitmenschen zuschreibt - sie schreibt ihm unleugbar andere Wesenzüge zu, aus dem einfachen Grund, dass er eine andere  Hautfarbe hat.

Somit ist wohl klar, dass Scarlett durchaus rassistisch ist. 

Allerdings sind das ja immer noch Scarletts Gedanken, womit noch nicht bewiesen ist dass das Buch an sich (bzw. die Autorin an sich) eine rassistische Grundhaltung propagiert. Scarlett ist eben ein Kind ihrer Zeit und dazu erzogen, in bestimmten Denkmustern zu denken. Genau wie alle anderen Menschen dieser Gesellschaft. Schließlich ist die Grundhaltung der allermeisten Männer in diesem Buch auch absolut diskriminierend Frauen gegenüber - was, bei einer solchen Heldin, definitiv keine Meinung ist, die von der Autorin unterstützt wird. Im Gegensatz zur Sklavenfrage wird die Haltung Frauen gegenüber von der Autorin allerdings klar verurteilt: "In fact, men gave the ladies willingly everything in the world except credit for having intelligence." Und das ist nur eines von vielen Zitaten aus denen ersichtlich wird, wie wenig die Autorin von der damaligen Einstellungen Frauen gegenüber hält. Im Gegensatz dazu gibt es im ganzen Buch keine klare Position, die  Rassismus verurteilt. Weder als Bestandteil der Hintergrunderzählung, noch als Satz, der einer der Figuren in den Mund gelegt wurde.Von daher muss wohl davon ausgegangen werden, dass sowohl die  Autorin als auch die Geschichte tendenziell eine rassistische Grundhaltung propagieren.

Sollte man das Buch deshalb nicht lesen?

Im Gegenteil! Ich halte es sogar für sehr lehrreich, was die Einstellung der Menschen zu dieser Zeit betrifft. Und als aufgeklärter Mensch der Gegenwart sollte es wohl möglich sein, alle Gedanken und Handlungen der Menschen damals zu sehen und sich zu denken  - "Gut, dass ich es besser weiß!"

Und falls ihr mal daran zweifelt solltet, ob ihr es wirklich besser wisst, falls mal auch nur der Hauch einer rassistischen Anwandlung bei euch auftaucht - schließlich gibt es auch unserer Gesellschaft immer noch haufenweise gefährlicher, unterbewusster Vorurteile - schaut euch dieses Video an. Es ist verdammt erschreckend zu sehen, wie man Kinder innerhalb von Minuten dazu bringen kann, einander zu diskriminieren. Und ermutigend zu erkennen, dass es eigentlich nur ein bisschen Empathie braucht, um das ganze verlogene Prinzip von Rassismus zu durchschauen - und anzufechten.



Ps: Im Gegensatz zur relativ einfach zu durchschauenden rassistischen Grundhaltung der Figuren finde ich übrigens die Verharmlosung der Sklaverei in diesem Buch wesentlich gefährlicher. Aber dazu dann nächstes Mal mehr. Schönen Gruß an alle, die beim Lesen tatsächlich bis hierhin durchgehalten haben. Ihr kriegt ein Eis.




Follow my blog with Bloglovin

Samstag, 22. Juni 2013

"I'm never going to be hungry again!" - Vom Winde verweht [Rezension Teil 1]

Fantastisch.

Definitiv bis jetzt mein bestes Buch der Liste.
Nichts mehr hinzuzufügen.
Ich bin noch ganz atemlos.

Fürs Erste ein paar Stichpunkte.
Gone with the Wind war für mich:

  • 1000 Seiten und ca. eine Woche kompletter Realitätsverlust
  • 5 Tage lang den Feierabend herbeisehnen, um endlich wieder im Amerika des 19. Jahrhunderts anzukommen
  • Ca 10 mal die Minute ärgern über Scarlett O'Hara
  • Mich pausenlos über den Respekt wundern, den ich einer Frau entgegenbringe, über die ich mich ca. 10 mal die Minute ärgere
  • Unzählige atemlose Momente sobald Rhett Buttler ins Spiel kommt, gefolgt von entnervten Seufzern, wenn er wieder verschwindet
  • ein Ansporn, mich über die Sklaven-Besitzer-Beziehungen in den früheren Südstaaten zu informieren
  • ein bleibendes Gefühl des Ärgers über die "damn Yankees" und die "stubborn Southerners"
  • Eine Festigung der Überzeugung, dass Kriege sinnlos sind. Und die Menschen sich immer das Gegenteil einzureden wissen, wenn die Kriege unausweichlich werden. 
  • eine beängstigende Steigerung meines Südstaatenticks
Verzeihung, kennt jemand die Story nicht? Dann kurz ein paar Worte
Zur Story:

Die 16-jährige Scarlett O'Hara, verwöhnte Tochter eines irischen Plantagenbesitzers und einer der größten Damen des Countys Georgia im Jahre 1861, hat es satt, Geschichten vom Krieg zu hören. Die Männer reden von nichts anderem mehr und sind absolut heiß darauf, den eingebildeten Yankees endlich zu zeigen, wo es lang geht. Denn wenn es zum Krieg kommt, ist ja schließlich klar, dass die Südstaatler den Yankees diese Flausen von wegen "Sklaverei ist falsch" sehr schnell austreiben werden. Scarlett ärgert sich über dieses Interesse am Krieg, denn jedes Interesse, das nicht allein ihr gebührt, ärgert sie. Ihr genügt es, die Schönste auf jedem Ball zu sein und allen Männern den Kopf zu verdrehen. Selbst, wenn die schon einer anderen die Ehe versprochen haben. Gerade dann! So ist es kein Wunder, dass Scarlett zwar der Lieblings aller Männer ist, aber keines der Mädchen sie ausstehen kann.

Mitten in dieser Südstaatenidylle voller Bälle, Barbecues und Flirtereien geschehen zwei Dinge, die Scarletts Welt für immer ändern werden: Der einzige Mann, den sie je wirklich geliebt hat, heiratet eine andere - und der Krieg bricht aus. Scarlett, in einer von Männern dominierten Welt plötzlich auf sich allein gestellt, entdeckt dass sie durchaus die Fähigkeiten hat, sich und andere vor dem Hungertod zu retten. Und wenn die ehrhafte Gemeinschaft der Südstaatler auch noch so schlecht von ihr denkt - Scarlett reagiert mit dem Schwur, der 80 Jahre nach Erscheinen des Buches immer noch berühmt ist:
"As God is my witness, as God is my witness, the Yankees aren't going to lick me. I'm going to live through this, and when it's over, I'm never going to be hungry again. No, nor any of my folks. If I have to steal or kill- as God is my witness, I'm never going to be hungry again."

Meine Meinung:

Die erinnerungswürdigsten Charaktere und die verquersten Beziehungen aller Zeiten

Scarlett O'Hara ist wohl kaum eine Vorzeigeheldin: völlig verzogen und nur auf ihre eigenen Wünsche bedacht, nutzt sie Menschen aus, betrügt sie und kümmert sich einen Dreck darum, wie es ihnen dabei geht. Sie vernachlässigt ihre eigenen Kinder und schreckt auch vor Mord nicht zurück, wenn sie damit ihr Eigentum vergrößern kann. Auf der anderen Seite ist sie herzzerreißend mutig und erbittert loyal, wenn es um die Menschen geht, die sie liebt. Davon gibt es nicht viele, aber überraschenderweise gehören vor allem Sklaven dazu.

Melanie Wilkes ist die Frau, die Scarlett's Traummann schließlich heiratet. Scarlett hasst die gutherzige und durch und durch ehrbare Melly aus tiefstem Herzen. Durch eine seltsame Fügung des Schicksals werden die Wege der beiden Frauen aber zusammengeschweißt und die Beziehung zwischen ihnen ist keine, die der Leser so schnell wieder vergisst.

Rhett Buttler. "The dashing soldier of fortune". Oh verdammt noch mal, was für eine verquere Beziehung. Ich war noch nie so fix und fertig, wenn es um eine Liebesgeschichte geht! In der Hälfte der Szenen, in denen Captain Buttler auftaucht, möchte man einfach nur mit dem Kopf immer. wieder. auf. den. Tisch. schlagen. Wenn man ihn nicht gerade heiraten will.
His eyes were wide and blazing queerly and the tremor in his arms frightened her. "I want to make you faint. I will make you faint. You've had this coming to you for years. None of the fools you've known have kissed you like this - have they? [...] Gentleman all - what do they know about women? What do they know about you? I know you." 

Die Geschichte der Südstaaten hautnah


Mit einem mittelschweren Südstaatentick behaftet, war es jetzt keine allzu große Überraschung, dass ich mich Hals über Kopf in das Buch verliebt habe. Hier bekommt man den Fall der Südstaaten, den dickköpfigen Stolz des Volkes, die verqueren Geschlechter Beziehungen und die widersprüchlichen Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen hautnah mit. (Wenn auch ziemlich romantisiert, wie ich befürchte.) Zu jedem dieser Themen würde sich aber ein eigener Post lohnen, weshalb ich hier nun besser aufhöre, sonst wird dieser Beitrag mehrere seiten lang. Für's erste reicht ein kurzes Fazit.

Fazit:
Wundervoll. Mächtig, berauschend, belehrend, zum atemlos Schmökern und ungebremst heulen. Zum Südstaaten lieben und hassen. 

Mittwoch, 6. März 2013

Wir brauchen mehr Helden! (To kill a mockingbird)

To kill a Mockingbird (1960), Harper Lee

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich schonmal so lange an einem Buch gelesen habe. Ich habe "To kill a mockingbird" angefangen, als ich im November nach Berlin gezogen bin und seitdem - in kleinen Dosen - immer mal wieder ein paar Seiten gelesen. Dabei ist das Buch mit 300 Seiten wirklich nicht besonders dick. Ich bin mir gar nicht sicher, woran es liegt, dass ich so lange gebraucht habe. Vielleicht weil es mir anfangs schwerfiel, in die Geschichte einzusteigen. Und doch hat mich dieses Buch so beeindruckt, wie schon lange keins mehr. Ich mag Geschichten, aus denen ich mir Grundsätze mitnehmen kann und ich habe einen neuen Helden: Atticus Finch.

Zur Story

Harper Lee hat hier keinen spannungsgeladenen Thriller geschrieben, sondern einen authentischen Einblick in die Gedankenwelt einer Kleinstadt in den Südstaaten der USA Anfang der Dreißiger Jahre. Wie in jeder kleinen Stadt kennt hier jeder jeden, es wird geklatscht und getratscht und die Menschen sind so in ihre Vorurteile eingewickelt, dass es Ihnen schwerfällt, über den Tellerrand zu schauen. Hinzu kommen hier allerdings noch unverhohlener Rassismus und lange anerzogenes Standesbewusstsein. In dieser Gesellschaft ist es nahezu unmöglich, nach anderen Prinzipien zu leben. Atticus Finch allerdings schafft es, stets nach seinen moralischen Grundsätzen zu handeln. Als Anwalt und Mitglied einer angesehenen Familie kann er sich das so lange erlauben, bis er die Verteidigung eines Mannes annimmt, dessen Schuld von Anfang an feststehen muss - denn es gilt das Wort schwarz gegen weiß. 

Meine Meinung

Das Buch wird aus der Sicht der achtjährigen Tochter von Atticus Finch erzählt. Mit der Wahl dieser Erzählstimme ist Harper Lee etwas gelungen, was anders schwerlich möglich gewesen wäre: die Idiotie erwachsener Menschen mit schonungsloser Ehrlichkeit aber gleichzeitig frei von Bösartigkeit zu portraitieren. Durch die Kinderstimme habe ich allerdings ziemlich lange gebraucht, um in die Geschichte hineinzufinden, denn Harper Lee kann sich fast ein wenig zu gut in die Gedankenwelt eines kleinen Kindes versetzen und es gibt einige Szenen, die sich meiner Meinung nach am Anfang ziemlich in die Länge ziehen.

Scout Finch, deren eigentlichen Namen Jean Luise fast nie jemand benutzt, sieht mit kindlicher Naivität zu, wie ihr Papa in immer größere Gefahr gerät - ohne zu verstehen, was eigentlich vor sich geht. Für sie ist es selbstverständlich, dass ein Mann, der offensichtlich unschuldig ist von der Jury freigesprochen wird - selbst wenn er schwarz ist. Als das nicht geschieht, versteht sie die Welt nicht mehr. Ihrem Vater dagegen ist vollkommen bewusst, dass er sich mit der Verteidigung eines schwarzen Mannes, und sei er noch so unschuldig, gegen einen Weißen - selbst wenn dieser als Alkoholiker und brutaler Tunichtgut bekannt ist - den Hass einer Menge Menschen zuzieht. Atticus Finch tritt den Kampf gegen die Irrationalität und Ungerechtigkeit seiner Gesellschaft mit den ihm eigenen Waffen an; stoische Gelassenheit und eiserne Höflichkeit. Und dieses leise, sanfte aber unerbittliche Festhalten am Guten ist es, was die ganze Geschichte so eindrucksvoll macht. 

"I wanted you to see what real courage is, instead of getting the idea that courage is a man with a gun in his hand. It's when you know you're licked before you begin but you begin anyway and you see it through no matter what. You rarely win, but sometimes you do."
Atticus Finch ist sich bewusst, dass er die Menschen nicht ändern kann. Und es gelingt ihm, die Menschen dafür nie zu verurteilen. Aber er selbst muss sich ihnen deshalb noch lange nicht anpassen und er achtet darauf, dass es auch seine Kinder nicht tun.

"Do you defend niggers, Atticus?" I asked him that evening.
"Of course I do. Don't say nigger, Scout. That's common."
"'s what everybody at school says."
"From now on it will be everyody less one."

Neben einer ganzen Menge zitationswürdiger (ist das ein Wort? Das ist doch kein Wort, oder?) Aussprüche und Dialoge hat Harper Lee aber auch sehr feine, sehr ironische Charakterstudien einfließen lassen, umso schärfer, da sie aus dem Mund eines unbedarften Kindes stammen.

"True enough, Miss Maudie had an acid tongue in her head, and she did not go about the neighbourhood doing good, as did Miss Stephanie Crawford. But while no one with a grain of sense trusted Miss Stephanie, Jem and I had considerable faith in Miss Maudie."
Die beeindruckendste Szene

Die für mich mit Abstand beeindruckendste Szene ist die, als Scout und ihr Bruder Jem unbewusst in eine hochgefährliche Situation platzen. Es ist der Abend vor der Verhandlung und Atticus hat sich wohlweislich vor der Zelle seines Mandanten postiert, falls einige Stadtbewohner es sich in den Kopf gesetzt haben sollten, der Verurteilung schon mal zuvorzukommen. Während Atticus nun als einzelner Verteidiger einem wütenden, bewaffneten Mob gegenübersteht, läuft Scout zu ihrem Vater - mitten hinein in die aufgebrachte Menge. Verwirrt von der aggressiven Stimmung um sie herum und davon, dass niemand der Erwachsenen mit ihr spricht, macht sie höflich Konversation. Vollkommen aus dem Konzept gebracht von dieser personifizierten Unschuld mitten in ihrem Schlägervorhaben kommen die Männer schließlich zu Sinnen und die Situation entgeht gerade noch der Eskalation. Eine sehr, sehr starke Szene, die mir einfach nicht mehr aus dem Kopf geht.

...und eine Portion Südstaatencharme.

Neben all den moralischen Lektionen die Harper Leee zu bieten hat, hat die Geschichte aber vor allem auch durch ihr Südstaatensetting mein Herz gewonnen. Keine Ahnung, ob hier überzogen mit Stereotypen gespielt wird, aber es gibt alles, was man von einer ordentlichen Südstaatengeschichte erwartet: Die snobistischen Southern Belles, die sich zu selbstgemachten Köstlichkeiten auch die neuesten Gerüchte auftischen. Die fanatischen Kirchenmänner, die sogar in der Pflege eines schönen Gartens Anzeichen der Sünde erkennen. Und die toughe schwarze Haushälterin, die in wunderbar authentischem Slang -zumindest gehe ich davon aus, dass es authentisch ist, ich war ja nie dort! - den Kindern ihres Haushalts einimpft, was Südstaaten Gastfreundlichkeit bedeutet. 

(In dieser Szene hat Scout gerade einen Klassenkameraden mit nach Hause gebracht, dessen Familie bekanntermaßen nicht viel Geld und kaum etwas zu essen hat. Nachdem dieser sich beim Essen nicht wirklich nach Scouts Auffassung von Tischmanieren benommen hat, beginnt sie ihn auszulassen - wird allerdings von Haushälterin Calpurnia streng zurecht gewiesen. Es entspannt sich der folgende Dialog, den sich auch jeder Deutsche einmal sehr genau durchlesen sollte. Mit Gastfreundlicheit ist es nämlich hier auch oft nicht fürchterlich weit her.)

"There's some folks who don't eat like us." she whispered firmly, "but you ain't called on to contradict them at the table when they don't. That boy's yo' Comp'ny and if he wants to eat up the table-cloth you let him, you hear?"
"He ain't company, Cal, he's just a Cunningham -"
"Hush your mouth. Don't matter who they are, anybody sets food in this house's yo' comp'ny, and don't you let me catch you remarkin' on their ways like you was so high and mighty! Yo' folks might be better'n the Cunninghams but it don't count for nothin the way you're disgracin' 'em."

Fazit

Mit Verständnis und eiserner Höflichkeit gegen Engstirnigkeit und Blödheit - wir sollten uns alle ein Beispiel an Atticus Finch nehmen! 


Samstag, 25. August 2012

Rezension Pandemonium (...und sie kann es doch!)

"Wenn nicht jetzt, dann nie!" dachte ich mir als ich mir dieses Buch aus dem Regal schnappte.
Nachdem mich der erste Band der Delirium Reihe vor ein paar Wochen komplett kalt gelassen hat, war ich eigentlich schon überzeugt davon, dass der zweite Band leider sein Leben als hübsch becoverter aber arg vereinsamter Regalverschönerer fristen würde. 

Doch dann - Ein Geistesblitz!

"Mila-", sagte ich  mir. "Mila, die Frau kann doch schreiben. Das hat sie doch mit Wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie bewiesen! Gib ihr noch eine Chance." UND ICH TAT ES! Bin ich zu melodramatisch? Ach Quark. Ein kleiner Trommelwirbel geht noch:
Tatatataaaaaaaaa: 
Hier seht ihr den vielleicht ersten Fall einer Trilogie, deren gähnend langweiliger erster Band mit einem grandiosen Sequel aufwarten kann. Ich hab vielleicht doof geguckt. 
Wir müssen aber doch realistisch bleiben: Es ist sehr gut möglich, dass ich das Buch nur deshalb so gut fand, weil ich null Erwartungen hatte. Genauso wie es theoretisch sein kann, dass ich den ersten Band so lahm fand, weil meine Erwartungen zu hoch waren. Wie auch immer; Pandemonium ist, verglichen mit Delirium, ein Knaller.

Kurz zum Inhalt (der sehr schwierig zu beschreiben ist, ohne zu spoilern!):
Lena, die vormals naive, schüchterne und auf gutes Benehmen konditionierte Tochter einer "Infizierten" (ihre Mutter wurde niemals von der "Krankheit" Liebe geheilt) hat es in einer phänomenalen Flucht geschafft, aus dem System auszubrechen. Mittlerweile ist sie wieder dorthin zurückgekehrt, ausgebildet zur Widerstandskämpferin im Namen der Resistenz. Das Buch läuft parrallel auf zwei Erzählsträngen: Lenas neue Identität als Undercover "Agentin" ("Now") und ihre Ankunft und Anpassung an ihr neues Leben an die Wildnis nach ihrer Flucht ("Then").

Meine Meinung
Unser naives kleines Mädchen aus Band eins hat sich zu einer Bad Ass Kämpferin ohne Gnade entwickelt und Lauren Oliver kann wieder beweisen, was sie eigentlich drauf hat. Das Buch hat, ganz simpel gesagt, ordentlich Feuer unterm Hintern! Durch die Umstände erscheint Lenas Wandelung auch nachvollziehbar. Aber das sie Charakterwandlungen drauf hat, konnte Frau Oliver schon mit ihrem Debutroman beweisen.

"I will bomb and bomb and bomb, and watch all their buildings smoldering to dust, and all those people bleeding into flame, and I will see how they like it. If you take, we will take back. Steal from us, and we will rob you blind. When you squeeze, we will hit.
That is how the world is made now."

Trotz solch großspuriger Ankündigungen hat Lena ihr Herz aber noch am rechten Fleck. Nach und nach findet sie einen Mittelweg zwischen Stärke und Schwäche, Gnadenlosigkeit und Mitgefühl. Und sie erkennt, dass auch auf der Seite der Resistenz Menschen für das Ziel geopfert werden, ein Umstand, der sie immer mehr zweifeln lässt.

"Someday you´ll understand," she says, and I know that she really believes it. She is staring at me wide-eyed, willing me to understand: that people should be sacrificed to causes, that beauty can be built on the backs of the dead. (...) "I hope not.", I say, as gently as I can, and that is how I say good bye.

Das heisst aber nicht, das auf verschiedenen Fluchten nicht trotzdem haufenweise Menschen sterben. Wenn hier 18 jährige mehrere Menschen töten wird das zwar reflektiert, aber für meinen Geschmack nicht genug. Außerdem möchte ich hier mal kurz einen Tipp an Autoren diverser Jugend-Dystopien publik machen: ES IST NICHT SO EINFACH EINEN MENSCHEN MIT EINEM MESSERSTICH ZU TÖTEN!!! Es ist deshalb sehr unwahrscheinlich, dass jemand der noch nie ein Messer in der Hand hatte, seinem Feind kurz mal ein Messer in den Rücken sticht und damit jemand anderem in wenigen Sekunden das Leben rettet. Dazu braucht es nämlich ganz schön Kraft. Und nicht zu vergessen: Einiges an Sachverstand! All die Rippen sind ein bisschen im Weg, ihr versteht? Soviel zum Realismus einiger Szenen in diesem Buch.

Abgesehen von solcherlei kleinen Fehlern habe ich aber nicht viel zu bemängeln. Das Buch ist spannend und flüssig, kann mit einer (einigermaßen) komplexen Hauptfigur aufwarten und mit interessanten und liebenswerten Nebencharakteren. Lauren Olivers Schriebstil ist wie gewohnt kraftvoll und poetisch zugleich. Auch in diesem Band mangelt es übrigens nicht an Romantik, die aber hier sehr viel weiser ( = sehr viel weniger plump!) eingesetzt wurde, als in Band eins. 
Die romantischen Szenen sind liebevoll und zart in die Geschichte eingebunden und statt die Geschichte einzuengen (wie bei Band eins), bieten sie einen erholsamen Kontrast zu all der Brutalität.

Lauren Oliver hat auch hier wieder einige gute Ideen zu bieten, wie sich die Durchsetzung einer Gesellschaft ohne Liebe auswirken kann. In Band zwei wird klar, dass es weniger um das Fehlen von Liebe geht, als um das Aufrechterhalten einer perfekten, "gesunden" Fassade. Auch hier wieder: viel glaubhafter als in Band eins. 

Eine Sache, die mich aber schon wieder genervt hat, ist das Lena in diversen Szenen viel naiver, bzw. schwerer von Begriff ist, als sie es sein müsste. (Und als es ihrem Charakter angemesssen wäre.) Es kann passieren, das der Leser sich seitenweise denkt "Booooah, das muss sie doch jetzt mal kapieren!". Sowieso sind viele Charaktere anscheinend nicht absolut ausgereift, denn meiner Meinung nach passen manche Handlungen einfach noch nicht hundertprozentig zum Charakter. Sowas hab ich aber einfach ignoriert, denn es tut der Geschichte keinen Abbruch.

Fazit
Insgesamt kann ich das Buch absolut empfehlen. Es ist kein Geniestreich, aber temporeiche Unterhaltung mit süßen, liebevollen Anklängen. Ich hatte das Gefühl, dass Lauren Oliver eigentlich diese Geschichte schreiben wollte und Band eins war nur dazu da, die Hintergründe zu verstehen, bevor es richtig losgeht. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber evtl. könnte man zu Band eins auch nur die Inhaltsangabe (Welt ohne Liebe, Mädchen flieht) lesen und gleich zu Band zwei übergehen. Und dann hoffentlich bald zu Band drei, denn am Ende von Pandemonium wartet ein mieser Cliffhanger. "Requiem", der dritte Teil der Trilogie, erscheint auf Englisch im März 2013. Cover ist auch schon draußen. (Täusche ich mich, oder sieht das Mädel auf dem Cover von Mal zu Mal seltsamer aus? Lippen-OP?!)
 Via Requiem, erscheint März 2013
 Obwohl der dritte Band noch nicht raus ist, hat er auf Goodreads schon 280 Reviews, die sich ausnahmslos folgendermaßen anhören. "Oh my gooood, the ending was sooooo cruel. I want THIS and THIS to happen next!" Ist halt ein Teenie Buch... Übrigens sind dieselben Teenies anscheinend eindeutig nicht meiner Meinung was die Liebesgeschichte aus Band eins angeht. Mein Lieblingskommentar (Achtung, Ironie.) steht verdeckt in der nächsten Zeile, da er einen heftigen Spoiler enthält. Wenn ihr beide Bände schon gelesen habt, könnt ihr ihn durch markieren entlarven:
"I know burning books is bad, but if Lena doesn't end up with Alex there will be blood." Ooookay.
Die deutsche Ausgabe von Pandemonium erscheint im November, wenn ihr mir einen Gefallen tun wollt, bestellt ihr sie unter folgendem Link.

Mittwoch, 1. August 2012

Meine Blogger-Hype Sommer Flops (Teil 2: Delirium)

Nachdem mich die Lektüre des Blogger Hits "Divergent", bzw. "Die Bestimmung" von Veronica Roth ja schon ziemlich kalt gelassen hat (Rezension hier), war ich dann froh, dass ich Delirium nicht zuerst gelesen hatte. Lauren Olivers "Before I fall" (auf deutsch: "Wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie") hat mich ja letzten Monat völlig begeistert (Rezension), deswegen hatte ich mir von Delirium einiges versprochen.
Erstmal vorweg: Lauren Oliver hat einen bezaubernden Schreibstil und sie schafft es mühelos, sich in einen Teenager hineinzuversetzen. Es passiert mir häufig, dass ich ein Jugendbuch lese und die Heldin viel zu erwachsen für ihr Alter finde. Lena aus Delirium ist dagegen eine authentische siebzehnjährige, etwas naiv vielleicht und mal wieder ein bisschen schüchtern für meinen Geschmack. Aber das sind sie ja immer alle bis dann der große Knall kommt und das unbedarfte kleine Mädel sich von einer Sekunde auf die andere in eine furchtlose Amazone verwandelt. Muss man sich wohl mit Abfinden, dass solche Charaktersprünge (meist passieren sie innerhalb weniger Wochen) in Dystopien an der Tagesordnung sind. 
Für Delirium auch hier nur eine ganz kurze Beschreibung, Inhaltsangabe findet ihr auf Amazon.

Delirium
Lena lebt in einer dystopischen, abgeriegelten Version der United States, in der man - tadaa - die Liebe abgeschafft hat. Kurz nach dem 18. Geburtstag wird jeder Bewohner dieser Gesellschaft am Hirn operiert und Freundschaften, Liebesbeziehungen und auch die innige Bindung von Eltern an ihre Kinder existieren nicht mehr. Wer nämlich nicht lieben kann, so die Argumentation, kann auch keinen Schmerz empfinden, kann daher nicht hassen und wird deshalb nicht gegen den Staat aufmucken. Okay, fand ich jetzt nicht besonders geistreich das Setting, und die Argumentation auch nicht hundertprozentig wasserdicht, aber ich war mir sicher dass Lauren Olivers Schreibtalent alles aus der Idee herauszuholen vermag. Ich muss aber sagen, dass mich schon die Inhaltsangabe unangenehm an die Uglies Trilogie erinnert hat, die mich letztes Jahr grandios genervt hat (Rezension) und dieser Eindruck hat sich rein aufbaumäßig leider bestätigt.


"It´s crazy. It´s stupid. It´s dangerous. But somehow, standing in the sweltering storeroom surrounded by boxes of mac´n´cheese and canned beets and any powder, the three of us have become a team. 
It is us against them, three against thousands. But for some reason, and even though it´s absurd, at that moment I feel pretty damn good about our odds"

Mir ist hier, genauso wie bei "Before I fall" aufgefallen, dass Lauren Oliver ein großes Talent dafür hat, tiefe Freundschaften zu beschreiben. Freundschaften, die trotz der Fehler des anderen und trotz zeitweiliger Entfremdungen bestehen bleiben. Im Gegensatz zu manch anderen fand ich den Charakter von Hana, Lenas bester Freundin, durchgehend liebenswert und die Freundschaft der beiden war eigentlich das, was mich letztendlich dazu gebracht hat, das Buch durchzuhalten. Denn ehrlich gesagt: Ich war ein paar mal kurz davor, einfach abzubrechen. Das Buch ist stellenweise so gähnend langweilig, die Reise durchs Auenland ist ein Krimi dagegen! (Über Langeweile hatten sich ja bei Before I fall schon eine Menge Leute beschwert, da fand ich das allerdings überhaupt nicht. Bei Delirium bin ich ernsthaft einmal eingeschlafen.)

Lenas ganze Gesellschaft ist aus lauter Angst vor der Krankheit Deliria nervosa (Liebe) dermaßen panisch, dass die Jugendlichen es nicht erwarten können ENDLICH ENDLICH ihre Gehirrnhalbweglaser-Prozedur zu kriegen. Sie wissen zwar, dass sie dann nie wieder das gleiche für ihre Freunde fühlen werden wie vorher, aber da die Prozedur auch jeden Schmerz vergessen lässt, ist das für die meisten auch kein Problem. OBWOHL Freunde ja die einzigen sind, von denen Kinder irgendeine Form der Zuneigung kriegen, denn Kinder werden zwar nach Regierungsvorschrift bekommen und behütet, aber sie werden natürlich nicht geliebt. Lebenslange Freundschaften werden also ziemlich willig aufgegeben. Wie wahrscheinlich dieser Sachverhalt ist, wenn man sein Leben lang darauf vorbereitet wurde und auch wirklich glaubt, dass ohne tief gehende Gefühle alles besser ist, finde ich schwierig zu beurteilen. Kommt mir jetzt so subjektiv nicht so furchtbar wahrscheinlich vor, aber kann ja sein. Nun ist es in Anbetracht dieses Denkmusters aber ein bisschen schwer nachzuvollziehen, dass jeder der sich vor der Prozedur verliebt auf einmal einen Riesenaufstand macht; Schreien, Treten, weglaufen, Selbstmord, das ganze Programm. Aber wir nehmen auch das mal so hin. Und die Bewohner von Lenas Welt haben auch generell wenig Gelegenheit sich ineinander zu verlieben. Jungs und Mädels streng getrennt, Berühren verboten und überhaupt sind Jungs für Lena ziemlich komisch: "Their words are a blur, an indistincrt series of shouts and barks and short bursts of laughter, the way that boys always sound whenever you only hear them from around Corners or across streats or down the beach. It´s like they have a language all their own and for the thousandth time I think how glad I am that Segregation policies keep us separate most of the time". Aha.

Fassen wir zusammen: Lena ist megafroh, dass sie bald die Prozedur kriegt, hat sich schon tausendmal gefreut, dass Jungs und Mädchen getrennt sind und hat eine HEIDENANGST vor der Krankheit. Ab und zu zeigt sie zwar mal Abnormitäten - ihre Lieblingsfarbe ist die eines Sonnenaufgangs. Dafür kommt sie um ein Haar in ernsthafte Schwierigkeiten, was ich nicht nachvollziehen kann, da ja die Lieblingsfarben aller anderen die noch nicht geheilt sind auch nicht nur blau und grün sein werden - aber insgesamt ist sie  so fügsam und anständig wie sich das jede Diktatur nur wünschen kann. ABER DANN! Dann kommt --- EIN JUNGE!!! Der ist zwar natürlich ganz toll und muskulös und besonders und alles - aber trotzdem nur ein Junge. Und unser Lenachen, mit all ihren eingetrichterten Denkweisen, ist innerhalb von von ein paar Wochen so in Liebe entbrannt, dass sie ohne Probleme für die Liebe ihres Lebens sterben würde. Hm.

Okay, klingt eben alles nach Jugenddystopie, ein bisschen Romantik muss auch sein und die beiden sind auch wirklich ganz süß zusammen. Ganz süß. Mehr aber auch nicht. (Und meiner Meinung nach nichtmal ansatzweise so rührend, wie die Annäherung von Samantha an ihr späteres Herzblatt in Before I fall.) Nun macht Frau Oliver aber leider den Fehler, dass sie den Schwerpunkt ab der Hälfte des Buches NUR NOCH auf die Teenieliebe von Lena und Alex legt. Sie gehen zusammen schwimmen, er küsst sie auf die Schulter, sie nimmt ihn in den Arm, sie schreiben sich Nachrichten, sie philosophieren zusammen, was man halt so macht als junges Pärchen. Nichts besonderes eigentlich, dafür aber KAPITELWEISE. Und merkwürdig einfach zu bewerkstelligen in einer Gesellschaft in der jedes Gespräch mit abgehört wird. Zwischendurch driftet Lenchen in seitenweise mehr oder weniger philosophische Gedanken und Gedänkchen ab und ich hab angefangen, einfach mal ganze Absätze zu überspringen.

Kurz vor Ende wird es dann nochmal ein bisschen spannend, aber auch der kleine Twist hat mich jetzt nicht wirklich umgehauen. Ich sehe irgendwie noch nicht, wo der Dreh hinführt. Das Ende allerdings, also die letzten paar Seiten, fand ich wirklich gelungen und lässt darauf hoffen, dass der zweite Teil der Trilogie weniger Knutschszenen und mehr waschechten Regimesturz mitbringt. Versteht mich nicht falsch, ich überhaupt nichts gegen Knutschszenen, aber hier haben sie mich einfach nicht mitgerissen. Lesen würde ich den zweiten Teil hauptsächlich deshalb, weil ich wirklich erfahren will, wie es mit Hana weitergeht. Hana ist wirklich ein toller Charakter, die hätte ich auch gern zur Freundin. Und auch Lenas kleine Cousine Gracie scheint noch eine Schlüsselrolle innezuhaben. Mal gucken, erstmal hab ich ja noch ein paar Listenbücher vor mir.



Fazit
Ganz nett. Stellenweise interessant, stellenweise ööööde. Einige liebenswerte Charaktere aber eine sehr voraussehbare Geschichte. Von der Autorin würde ich eindeutig eher dieses Buch empfehlen!

Ps: Urlaub, Urlaub, ich fahre in den Urlaub! In den nächsten zwei Wochen wird deshalb hier auf dem Blog Ruhe einkehren, ich schätze die norwegische Wildnis ist nicht so richtig gut mit W-Lan ausgestattet.


Dienstag, 17. Juli 2012

Good Wives (1869) - Little Women Part II

Bei diesem Post wird es sich weniger um eine Rezension als eher um eine Buchbesprechung handeln. Soll heißen: Ich werde spoilern wie blöd! 
Wer das Buch noch nicht gelesen hat aber gern würde, sollte deshalb lieber die Rezension zu Part I lesen.

So Mädels, Ich hab jetzt AUCH endlich den zweiten Teil gelesen! Also erstmal muss ich euch was fragen: Wenn ich jetzt nach dem zweiten Teil eher Meg bin anstatt Jo, bin ich dann trotzdem noch eine von "den Coolen" oder muss ich den Titel dann abgeben? Falls dem so ist: Alle Megs bitte mal bei mir melden, wir gründen unseren eigenen Club!

Nun zum Buch: Ist das schööööön! Good wives hat mir noch wesentlich mehr Spaß gemacht als Little Women, wahrscheinlich weil es einfach mehr auf meine Lebenssituation zugeschnitten ist. (Die 150 Jahre Zeitdifferenz lassen wir mal außer Acht. Außerdem müssten wir evtl. ein paar klitzekleine Änderungen an den Moralvorstellungen vornehmen...) Die Schwestern stehen vor Kniffeligkeiten von denen Mädchen in jeder Ära wahrscheinlich die eine oder andere abbekommen: 
Wo gehts hin mit meinem Leben? 
Wie erkenne ich, ob ich mein Leben mit jemandem verbringen will? (Und falls nicht; Wie gebe ich meinem besten Freund einen Korb?) 
Wie verkrafte ich den Tod eines geliebten Menschen? 
Wie komme ich an dieses wundervolle Kleid obwohl ich keine Kohle habe? 
Wie beichte ich meinem Mann, dass ich seinen Monatslohn dafür ausgegeben habe?
Wie schaffe ich es mich bei meinem Mann zu entschuldigen, OBWOHL ICH IM RECHT WAR?
Und auf einer damit nicht im Geringsten zusammenhängenden Ebene: Welcher Idiot bringt einen Kollegen mit zum Essen, wenn 5 Liter Marmelade in der Küche explodiert sind?!
Ich liebe den liebevollen Situationshumor den Louisa May Alcott in ihre kleinen Dramen mit einwebt. Statt fad zu sein, sind es hier gerade die ganz kleinen Alltagsmomente die diese Geschichte so wundervoll bezaubernd machen! Die einzige Sache die mich ein bisschen geärgert hat, ist diese Amy-Laurie Geschichte. Das war mir einfach zu einfach. Und zu kiiiitschiiiig. (Dazu später mehr).

Das Buch wimmelt von wirklichkeitsnahen, herzerwärmenden Szenen, aber die Szene die mir am Nächsten ging war die, als Jo Laurie einen Korb geben muss. Wie sie sogar in eine andere Stadt zieht um ihn  zu "entlieben". Wie sie es dann doch nicht schafft. Wie er so mutig sein Herz über Bord wirft (obwohl sich die Antwort so deutlich abzeichnet! Ach Laurie...
"You are a great deal too good for me (Jo, Mindestens sechs Generationen Frauen haben sich diesen Satz von dir abgeguckt!) and I´m so grateful to you and I´m so proud and fond of you, and I don´t know why I can´t love you as you want me to. I´ve tried but I can´t change the feeling, and it would be a lie to say I do when I don´t."
"Really, truly, Jo?"
He stopped short, and caught both of her hands as he put his question with a look that she did not soon forget.
"Really, truly, dear."
Autsch. Das Herz gebrochen zu kriegen von der ersten richtigen Liebe wird sich in 2000 Jahren noch genauso anfühlen wie 1869.

Es fühlt sich ein bisschen doof an das zu sagen, aber das Buch hat mir, glaube ich, ein paar wertvolle Tips für mein Leben als "Good wive" mitgegeben. So für Kinder erziehen und Mann verstehen und Marmelade kochen und so. (Ich sag doch ich bin Meg.) Auf der Jo-Ebene gibt es aber auch ein paar Erkenntnisse: ICH WILL JETZT EIN BUCH SCHREIBEN! Echt. Vielleicht hört ihr demnächst von mir. 
Auf der Amy Ebene gibt es dagegen keine Erkenntnisse, kann ich mich nicht mit identifizieren mit der Frau, sorry. Dass sie trotz Beth´s Zustand nicht nach Hause fährt finde ich komisch. Das sie ständig so sanft und beherrscht bleibt finde ich bewundernswert, funktioniert bei mir aber nicht. Und das mit Laurie... Da sollte mir mal einer ankommen der grad noch unsterblich in meine Schwester verknallt war und fragen ob ich mit ihm rudern will... 
Außerdem hasse ich rudern.

Und nun zu meinen lieben Mädels die mir in den Kommentaren zu Part eins schonmal freundlicherweise den kompletten zweiten Teil - äh - erklärt haben.

Mila II: "Das Ende des zweiten Buches mit der Heirat aber... Nun ja..."
Meinst du Jo´s Heirat oder Lauries? Jo´s Heirat hat mich ganz glücklich und "Ich habe gerade ein dickes Stück Kuchen gegessen"-mäßig zufriedeb gemacht und ich liebe die Idee mit dem Landschulheim für schwer erziehbare Kinder. Die Liebesgeschichte zwischen Jo und Mr. Bhaer finde ich sehr süß und rührend erzählt, vor allem weil beide so schwer von Begriff sind. 
"Dear old fellow! He couldn´t have got himself up with more care if he´d been going a-wooing." said Jo to herself, and then a sudden thought born of the words made her blush so dreadfully that she had to drop her ball, and go down to hide her face.
Laurie und Amy dagegen... DATT WAR JA WOHL N BISSCHEN FIX FREUNDE! Und der Antrag ist eindeutig der peinlichste Wortwechsel aller Zeiten. Könnte aus einer Rosamunde Pilcher Serie kommen, ich glaube ich bin sogar rot geworden.

"How well we pull together, don´t we?", said Amy, who objected to silence just then.
"So well that I wish we might always pull in the same boat. Will you, Amy?" very tenderly.
"Yes Laurie," very low.
Then they both stopped rowing and unconsciously added a pretty little tableau of human love and happiness to the dissolving views reflected in the lake.

Beim nochmal aufschreiben habe ich Gänsehaut an den Knien bekommen so kitschig ist das. An Amys Stelle wäre mein erster Gedanke nach dem Ja-Wort gewesen: "So. Und jetzt überlegen wir uns schnell einen nicht ganz so schnulzigen Antrag von dem wir unseren Kindern erzählen können, Papa hätte damals DAS gesagt." Außerdem passt das garnicht zu Laurie! Eeeqs. 

Neyasha: "Ach, ich liebe ja den Film (und die Serie) und kann es gar nicht nachvollziehen, dass du ihn abgebrochen hast. Ich habe ihn schon zigmal gesehen und muss jedesmal wieder fürchterlich heulen bei Beths Tod."
Ich fand den Film damals echt unspektakulär aber das ist das Buch ja eigentlich auch. Sogar die Autorin fand den ersten Teil langweilig (laut Wiki-Eintrag). Dabei hat sie aber so eine liebenswerte Truppe erschaffen, dass es um Spannung auch garnicht wirklich geht. Ich glaube ich werde den Film nochmal versuchen. 
 Beths Tod hat mich seltsamerweise kaum berührt. Die Geschichte hatte mich schon so in ihre Friede-Freude-Eierkuchen Stimmung eingehüllt, dass Beths Tod irgendwie ganz natürlich kommt, fand ich.

Ami: "Es gab dann sozusagen auch noch eine zweite Staffel "Mrs Jo und ihre fröhliche Familie"
Ami du wirst zur Spoiler-Queen der ganzen Bande erklärt! 

Dienstag, 10. Juli 2012

[Rezension] Wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie.


Cover via Homepage der Autorin
 "When we get out of high school we´ll look back and know we did everything right, that we kissed the cutest boys and went to the best parties, got in just enough trouble, listened to our music too loud, smoked too many cigarettes, and drank too much and laughed too much and listened too little, or not at all. If high school were a game of poker, Lindsay, Ally, Elody and I would be holding 80 percent of the cards."

Before I fall ist der Debutroman von Lauren Oliver, die Autorin die mit der „Delirium“ Trilogie gerade alle Bestsellerlisten knackt. Das ich mir die beiden ersten Bände der Trilogie nun schon bestellt habe sollte einen kleinen Einblick darüber geben, wie mir dieses Buch gefallen hat.

Zur Story (Diesmal Inhaltsangabe von Amazon):
Was wäre, wenn heute dein letzter Tag wäre? Was würdest du tun? Wen würdest du küssen? Und wie weit würdest du gehen, um dein Leben zu retten? Samantha Kingston ist hübsch, beliebt, hat drei enge Freundinnen und den perfekten Freund. Der 12. Februar sollte eigentlich ein Tag werden wie jeder andere in ihrem Leben: mit ihren Freundinnen zur Schule fahren, die sechste Stunde schwänzen, zu Kents Party gehen. Stattdessen ist es ihr letzter Tag. Sie stirbt nach der Party bei einem Autounfall. Und wacht am Morgen desselben Tages wieder auf. Siebenmal ist sie gezwungen diesen Tag wieder und wieder zu durchleben. Und begreift allmählich, dass es nicht darum geht, ihr Leben zu retten. Zumindest nicht so, wie sie dachte ...

Meine Meinung:
Die Geschichte läuft nach dem Prinzip „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Nur das das Murmeltier hier Higheels trägt und noch zur Schule geht. Und zwar ganz eindeutig in eine amerikanische, denn Samantha (Sam) Kingston und ihre Mädels sind die typischen „Mean girls“: jeder kennt sie, die Jungs fliegen ihnen nur so zu und wer sie nicht vergöttert, der fürchtet sich vor ihnen. Als das Buch beginnt, macht  Sam sich gerade für den Valentinstag zurecht, einer der wenigen Tage im Jahr, an dem sich alle vier Mädels gleich anziehen: schwarzer Minirock, Higheels und das Top mit rotem Fell im Ausschnitt. Die Mädels fühlen sich dabei wer weiß wie toll und wichtig, merken aber nicht, dass sie nebenbei mit ihrem Spott Leben zerstören und sie eigentlich von ziemlich vielen Menschen gehasst werden. Naja, hamwa ja alles schomma gehört, wa? Und Mila hier, voll erwachsen natürlich, war sich schon ganz schön sicher, dass sie anscheinend viiiel zu alt für das Buch ist. Voll voraussehbar die Geschichte. Hach, man wird ja so aaanspruchsvoll was Literatur angeht, puh. Das war Sonntag Mittag um eins. Ich hab dann aber vorsichtshalber noch ein bisschen weitergelesen und plötzlich war es drei Uhr nachts und ich hatte das Buch durch. 470 Seiten. (Fairerweise ziemlich große Schrift, aber trotzdem.)
"I´m thinking that this - my life, my friends - might be weird or screwy or imperfect or damaged or whatever, but it´s never seemed better to me!"
Lauren Oliver hat hier nämlich dankenswerterweise nicht den typischen gut-böse Teenie Plot verwendet. Sie zeigt so viel Fingerspitzengefühl und vor allem so viel Empathie für ihre Charaktere, dass aus der Geschichte eine dreidimensionale und sehr, sehr zarte Charakterstudie wird, die die Verwirrung des Erwachsenwerdens greifbar macht. Sam bekommt nach und nach mit, dass jede ihrer Taten weitreichende Konsequenzen hat. Selbst die kleinen Seitenhiebe, die unaufmerksam an die Außenseiter ausgeteilt werden. Dabei gelingt der Autorin die Gradwanderung, ihrer Figur weder einen Klaps auf die Finger zu geben, noch nimmt sie sie in Schutz. Sam erkennt ihre Fehler nur langsam, aber sehr nachvollziehbar, und ganz behutsam beginnt unter der „keiner kann mir was“ Fassade der vier Mädchen ihre eigentliche Verunsicherung durchzuscheinen.

Trotzdem schaffen es die hingeworfenen Grausamkeiten der Mädchen, dem Leser den Magen umzudrehen. Lauren Oliver hat da diese miesen kleinen Szenen erdacht, die sich genauso in jeder Schule dieser Welt zutragen könnten. Die Stille im Raum wenn der Außenseiter hereinkommt. Der „lustige“ Spitzname, der jahrelang hängen bleibt. Ein Gerücht, mit Edding aus Mädchenklo geschrieben. 
"The point is, we can do things like that. You know why? Because we´re popular. And we´re popular because we can get away with everything. So it´s circular"
Der Autorin gelingt das Kunststück, dass man am Ende des Buches trotzdem niemanden hassen muss. Das einzige Wort was mir hier einfällt ist „liebevoll“. Sie behandelt auch ihre verabscheuenswürdigsten Charaktere so liebevoll, dass der Leser am Ende der Geschichte eine Lektion gelernt hat. Und diese Lektion ist nicht nur: „Bedenke deine Taten, tu keinem weh und sei nicht fies zu Außenseitern“ sondern noch viel eher Versuche auch die schillernden, arroganten Promqueens dieser Welt liebzuhaben“. Denn die haben es mindestens genauso nötig.

Fazit:
Eine sanfte und absolut lesenswerte Geschichte über das Erwachsenwerden von einer großartigen, großzügigen und sehr klugen Autorin. Toll erzählt, hochspannend und nicht nur für Teenies lehrreich.

Nachtrag:
Nachdem ich mir jetzt sehr viele Rezensionen anderer Blogger durchgelesen habe (mache ich möglichst immer erst nachdem ich das Buch gelesen habe) finde ich es sehr interessant wieviel Abscheu die Hauptprotagonistin Sam bei vielen Lesern ausgelöst hat. Hab ganz oft sowas wie "Am Anfang habe ich sie gehasst, sie ist so oberflächlich" gelesen. Bei mir war das überhaupt nicht so, meiner Meinung nach lässt die Autorin schon sehr früh durchblicken, dass Sam eigentlich nicht oberflächlich ist aber so unsicher und krampfhaft unreflektiert, dass es mir richtig weh tat. Alle vier Mädchen sind deutlich liebesbedürftig, was sich (wie bei vielen Exemplaren ihrer Gattung) darin ausdrückt, dass sie sich auch beim größten Arsch noch irgendwie eine Liebesbeziehung zusammenfantasieren. Komisch fand ich, dass in vielen Rezensionen steht "die Mädchen sehen gut aus und wissen das auch." Gerade da ist das Buch aber ziemlich deutlich: "Lindsay´s georgeous, but the rest of us aren´t that much prettier than anyone else. [...] Becky DiFiore´s just as pretty as Lindsay, and I don´t think Becky even had a date to junior homecoming". Ich glaube, es war der Autorin sogar sehr wichtig deutlich zu machen, dass es hier nicht so sehr auf das Aussehen ankommt (sonst hätte auch Becky ja ein Date), sondern auf das Selbstbewusstsein. Und das finde ich, bei den ganzen "der Hauptcharakter ist zwar eine Doofnudel aber er sieht boah so geil aus und hat sooolche Muskeln"-Teenie Büchern die sich momentan zu häufen scheinen, eine wirklich gute Botschaft!

Freitag, 9. März 2012

[Classic Challenge] 19.) Der große Gatsby von F. Scott Fitzgerald (1925)

Quelle
In my younger and more vulnerable years my father gave me some advice that I´ve been turning over in my mind ever since. "Whenever you feel like criticising anyone," he told me, "just remember that all the people in this world haven´t had the advantages that you´ve had."


Zur Story
Wir befinden uns im Amerika der "Roaring Twenties", dem Jazz-Zeitalter. Eine Zeit des sozialen Umbruchs, der weiblichen Emanzipation und einer nie gekannten Freizügigkeit. ("Huch, ich kann ihre Unterschenkel sehen!"). Unser Erzähler ist Nick Carraway, Yale Absolvent und soeben aus dem ersten Weltkrieg zurückgekehrt. Aus Geldmangel mietet er sich ein kleines Häuschen auf Long Island, welches neben der luxuriösen Villa seines Nachbarn fast unsichtbar wird. Dieser Nachbar nennt sich Jay Gatsby und gibt jeden Abend riesige Parties zu denen nie jemand eingeladen ist, aber immer hunderte Menschen erscheinen. Nur der Gastgeber ist selten anzutreffen. Weil niemand den "großen Gatsby" wirklich kennt, ranken sich viele Geschichten um den jungen Weltkriegs-Offizier, der es zu so viel Geld gebracht hat. Nick, der zu den Wenigen gehört, die tatsächlich jemals von Gatsby persönlich eingeladen werden, erfährt schließlich dessen Geheimnis. Kurz bevor er in den Krieg geschickt wurde, waren Jay Gatsby und Nicks Cousine Daisy ein Paar. Sie haben sich in den fünf seither vergangen Jahren nie wiedergesehen, doch Jay Gatsby hat Daisy nie vergessen. Er ist sich bewusst, dass sie inzwischen verheiratet ist, doch er verfolgt mit eiserner Entschlossenheit seinen Traum, Daisy wiederzubekommen. Während der Leser die Umsetzung dieses Plans verfolgt, wird er mit der Einsamkeit einer Anonymität konfrontiert, die sich aus Gleichgültigkeit und Vergnügungssucht speist.

Meine Meinung
Ein verdammt gutes Buch, das immer besser wird, je länger man darüber nachdenkt. Der Charakter den Fitzgerald als Erzähler gewählt hat, macht die Geschichte genau deshalb so interessant, weil er niemals urteilt (siehe Zitat oben). So wird er zu jedermans Vertrautem und erfährt allerlei Dinge, über die andere nur spekulieren können. Ohne diese neutrale Handlung wäre der Verlauf der Geschichte wohl ein Anderer. Der Leser verliert sich in einer Spirale aus wilden Parties voller Oberflächlichkeit, auf denen jeder über jeden redet, aber niemand etwas über sich preisgibt. Unter dem verlogenem Glanz der amerikanischen Oberklasse brodelt eine schlammige Brühe aus Gleichgültigkeit, Rassismus und Vorurteilen, während einsame Ehefrauen die Affären ihres Mannes mit einem charmanten Lächeln überspielen und ihren Gästen noch einen Drink servieren. Eine dieser betrogenen Ehefrauen ist Nicks Cousine Daisy, die sich auch als verheiratete Frau und Mutter den Charme ihrer Jugend bewahrt hat. Sie ist die wohlerzogene, süße und beliebte Tochter aus reichem Hause, die sich damit begnügt, ihrem Ehemann einen warnenden Blick zuzuwerfen, damit er den Telefonanruf seiner Geliebten nicht in Gegenwart seiner Gäste annimmt. Ein hingeworfener Kommentar den sie über die Geburt ihrer Tochter abgibt, lässt ihren wahren Charakter erahnen. "Well, she was less than an hour old and Tom was God knows where. [...] They told me it was a girl and so I turned my head away and wept. 'All right,' I said, 'I´m glad it´s a girl. And I hope, she´ll be a fool - that´s the best thing a girl can be in this world, a beautiful little fool.'" Daisy selbst ist nämlich auch nicht nur das hübsche kleine Naivchen, für das die Welt sie hält. Da aber Intelligenz keine der Eigenschaften ist, die ihr Umfeld an einer Frau wertschätzt, hat sie ihre Rolle schon lange perfektioniert und ist damit schon in ihrer Jugend zur Angebeteten hunderter Verehrer geworden. Als schließlich Jay Gatsby wieder in ihr Leben tritt, den auch Daisy nie vergessen hat, bröckelt die schillernde Fassade einer Ehe, die scheinbar nur von Daisy aufrecht erhalten wird. 

Die Story ist gerade mal wieder verfilmt worden (Release Date Dezember 2012) und zwar mit Leonardo Di Caprio und Carey Mulligan in der Hauptrolle. Auch wenn mir Ryan Gosling als Gatsby ein bisschen besser gefallen hätte (ahäm!), finde ich die Besetzung sehr passend. Und Toby Maguire als Erzähler Nick Carraway ist einfach perfekt. Einen offiziellen Trailer scheint es noch nicht zu geben, aber man darf gespannt sein bei solch geballtem Schauspieltalent!

dreamy... Quelle
Sehr interessant fand ich auch die Rolle von Daisys Ehemann. Tom Buchanan ist der (sehr) wohlhabende Sohn reicher Eltern und ein vor Muskeln und Arroganz strotzender Hohlkopf, der dank seiner einfachen Weltsicht hervorragend durchs Leben kommt. In einer abstrusen Situation in der Tom Nick mitschleppt um ihm "sein Mädchen" vorzustellen (seine Affäre, die er stolz überall präsentiert, obwohl alle wissen das er verheiratet ist), erlaubt genau dieses "Mädchen" es sich, etwas über Daisys zu sagen. Und nun wird Toms verdrehte Weltsicht deutlich, der seine Frau zwar offen betrügt, es aber nicht duldet, dass seine Affäre Daisys Namen in den Mund nimmt: Kurzerhand bricht er ihr die Nase. Neben seinem Geld und dem guten Ansehen seiner Frau macht Tom sich nur noch um eines Sorgen: die Zukunft der "weißen Rasse". Ich war überrascht, das diese hirnrissigen "Herrenmenschen"-Gedanken, die in Europa so viel Zerstörung angerichtet haben, scheinbar zu Anfang des 20. Jahrhunderts auch in Amerika einige Anhänger hatten. Tom Buchanan ist genau der Charakter, der zu ihrer Verbreitung beigetragen hat. Und trotzdem - er bietet Daisy die Sicherheit und den Komfort ihres eigenen Standes. Als nun der Mann wieder auftaucht, auf den Daisy einst gewartet hat, gerät diese Sicherheit ins Wanken.
______________________________________________________________
Hier eine kurze Warnung: Bis jetzt war alles auf den vorderen Teil des Buches bezogen, aber das Buch ist so kurz (180 Seiten), dass es mir schwer fällt, nicht darüber hinaus zu kommentieren. Im jetzt folgenden Part werde ich spoilern. Ich sage zwar auch nicht mehr als der Klappentext, der ja bei Klassikern immer gerne das Ende verrät (das tue ich nicht!), aber wer sich jede Überraschung behalten möchte, der sollte jetzt nicht mehr weiter lesen!
______________________________________________________________


Quelle
Als Daisy und Gatsby sich endlich wiedertreffen erfüllt sich ein lange gehegter Traum. Doch ein Traum in den wir zu viele unserer Hoffnungen investieren, kann schnell zu einer Parallelwelt werden, die durch die Realität nicht mehr ersetzt werden kann.
"As I went over to say good-bye I saw that the expression of bewilderment had come back into Gatsby´s face, as though a faint doubt had occured to him as to the quality of his present happiness. Almost five years! There must have been moments even that afternoon, when Daisy tumbled short of his dreams - not through her own fault, but because of the colossal vitality of his illusion. It had gone beyond her, beyond everything. [...] No amount of fire or freshness can challenge what a man can store up in his ghostly heart.
Wie lange kannst du einem Traum hinterherjagen, ohne es der Realität unmöglich zu machen, dich noch einzuholen? Fitzgeralds Antwort ist gnadenlos. Und am Ende bleibt - Einsamkeit. Dies ist kein Buch für Romantiker! Und der letzte Satz des Klappentextes bringt es auf den Punkt: "F. Scott Fitzgerald distills the essence of the Jazz age and probes to the empty heart of the American dream."


Fazit
Zu Recht ein Klassiker. Absolute Leseempfehlung. Für Realisten und Zyniker, aber auch für Nostalgiker, die sich ins Jazz Zeitalter der 20er Jahr träumen wollen. Nichts für Sehnsüchtige.


Sonntag, 30. Oktober 2011

13.) Listen-Nr. 53: The Stand von Stephen King, 1978

"He looks like anybody you see on the street.But when he grins, birds fall dead off telephone lines. He´s always outside. He came out of time. He doesn´t know himself. He has the name of a thousand demons. Jesus knocked him into a herd of pigs once. His name is legion. He´s afraid of us. We´re inside. He knows magic. He can call the wolves and live in the crows. He´s the king of nowhere. But he´s afraid of us. He´s afraid of... nowhere."

Zur Story: Die 80er. Kalter Krieg, Aufrüstungswahn und Amerika hat Scheiße gebaut: In einem geheimen Militärlabor wird ein Supervirus entwickelt. Jeder der sich ansteckt, stirbt. Es beginnt mit einem Niesen. Als es einen Unfall in dem Labor gibt, passiert etwas unvorhergesehenes: Obwohl das ganze Labor sofort automatisch die Schotten dichtmacht und damit alle möglichen Superviren und jeden der daran gearbeitet hat, für immer in sich begräbt, entkommt einer der Mitarbeiter. Er nimmt seine Frau, sein Kind und flieht. Doch ohne es zu wissen, ist er schon infiziert... ein paar Monate später ist Amerika tot. Die wenigen Überlebenden rotten sich nach und nach zusammen, finden sich erstaunlicherweise über Ländergrenzen und Wochen hinaus. Denn sie alle hatten denselben Traum: von einem Kornfeld und einer alten, schwarzen Frau. 

Meine Meinung: Pünktlich zu Halloween hier nun endlich mein Feedback zu Stephen King! Ich hatte den Roman schon einige Zeit im Regal stehen, mich aber nicht getraut ihn zu lesen, denn ich gehe normalerweise nichtmal auf Armlänge an Horrorgeschichten heran. (An dieser Stelle vielen lieben Dank an meine große Cousine, die mit mir den Stephen King Horrorfilm "Es" geguckt hat, als ich fünf (!!) Jahre alt war. Für alle die ihn nicht kennen: Es geht um einen Clown, der kleine Kinder frisst! Ja danke, Tanja, hätten wir meine Horrorfilmphobie auch geklärt.) Verständlicherweise habe ich also eine kleine Abneigung gegen Stephen King Geschichten. Aber das Buch steht nun mal auf der Liste, ich hab das Projekt gestartet, ich bin ja kein kleines Kind mehr... Und die Lampen waren auch alle an. 

Es hat sich dann herausgestellt, dass ich mich gar nicht so hätte anstellen müssen, denn auch wenn ich dachte, alle King Bücher wären Horrorgeschichten, ist diese hier ein klassischer Endzeitroman. Ein ziemlich langer noch dazu, denn ich hatte aus Versehen die Extended Version mit 500 Seiten mehr bestellt. Wie das mit extended Versions so ist, hat es schon einen Grund, dass manche Seiten rausfliegen. Also ich hätte jetzt nicht guten Gewissens die Hälfte vom Buch streichen können (soviel war ca. "extended"), aber es hatte schon einige deutliche Längen. Ansonsten hat mich die Geschichte aber schwer gefesselt, was man daran sieht, dass sie mir auch 2 Wochen nachdem ich sie fertig gelesen hab, nicht aus dem Kopf geht. Stephen King ist definitiv nicht umsonst so beliebt, sein Stil ist brilliant und ich habe das Buch wirklich genossen. Die Charaktere sind ausgefeilt und tiefgründig und wuchsen mir im Laufe des Buches richtig ans Herz. Natürlich nur die "Guten", denn es handelt sich hier um einen klassischen "Gut gegen Böse" Kampf. Extrem klassisch sogar, denn hier kämpft buchstäblich Gott gegen den Teufel. Ich wusste nicht so recht was ich von den ganzen Bibelbezügen halten sollte und hab auch viele davon nicht mehr so richtig im Kopf gehabt. Es wurde mir dann zwischendurch schon ein bisschen sehr religiös. 

Angst musste ich dagegen eigentlich kaum haben. Die Gruselszenen halten sich sehr im Rahmen und das ich einige Nächte nach dem Lesen das Licht angelassen habe, lag eher an meiner eigenen Fantasie, die sich zusammen mit meinem fünfjährigen Ich in die Ecke gekauert und dauernd geflüstert hat "Aber das ist Stephen King! Gleich passiert bestimmt was ganz gruseliges." Dabei war das Buch selbst für meine Nerven vollkommen aushaltbar. Nur als ich zwischendurch eine Erkältung bekommen habe, bin ich beim ersten Niesen doch etwas zusammengezuckt... Tendenziell also: Ein wirklich gutes Buch. Die extended Version aber bitte nur nehmen, wenn ihr genug Zeit habt! Und ich hab jetzt Lust, mehr Stephen King zu lesen. Gibt es noch andere Geschichten von ihm die KEINE Horrorgeschichten sind?

Ps: Bahahaha, als ich mich eben auf Coversuche gemacht habe, sind Sachen dabei rausgekommen, die gruseliger sind, als das ganze Buch. Mein Buch hat das Cover oben, mit diesen hier hätte ich das Ding bestimmt nicht gelesen!! Schon etwas beängstigend wie in den Achtzigern eine ganze Generation an kollektiver Geschmacksverirrung gelitten hat...





Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...