Mittwoch, 29. Mai 2013

3 Dinge, die man auf einer Farm in Kalifornien lernen kann.

Von meinem Kalifornien Urlaub auf einer Lavendelfarm/ Ljewinschen Selbsterfahrungtrip auf Tolstoischer Basis habe ich euch ja im letzten Post berichtet. Aber so ein Abenteuerurlaub soll ja schliesslich nicht nur entspannend sondern auch lehrreich sein. Also bitte schön.

1. Moskitos und Hippies: Nicht kleinzukriegen.
  • Das Rollen, Trocknen, Aussortieren und Abpacken von Lavendel macht absolut entspannt. Es stört nichtmal mehr, dass man den ganzen Tag riecht wie Omas Seifenschale.
  • Das Einreiben mit Lavendelöl hält entgegen anderweitiger Versprechungen die Milliarden kalifornischer Moskitos nicht auf Abstand. Denen ist das Scheissegal, die stechen einfach in den cm Haut, den man vergessen hat, einzureiben.
  • Man kann Moskitos dagegen mit Raucherstäbchen etwas ausser Reichweite halten, muss dann allerdings in Kauf nehmen, dass man noch Stunden später riecht, wie ein kalifornischer Hippie.
  • Man sollte niemals kalifornische Hippies unterschätzen. Fragt man spaßeshalber eine 65jährige Amerikanerin, ob sie damals zufällig auf dem Woodstock Festival war, muss man damit rechnen, dass sie ja sagt. "Aber die meiste Zeit hatte ich nur Angst. Da waren ja alle auf Drogen und halbnackt."
Man kann mit Lavendel auch wunderbar Putzmittel herstellen.
Einfach ein Glas einfachen Haushaltessig mit den Teilen des Lavendels füllen,
die man nicht verarbeiten will (siehe links),
zwei Wochen in der Sonne stehen lassen... voila!

2. Das Leben auf dem Land hält unerwartete Beschäftigungsmöglichkeiten bereit.
  • Das Schlafen in einem Wohnwagen ohne Elektrizität und Licht und das gleichzeitige Fehlen jeglicher Ausflugspunkte in der näheren Umgebung führen zu einem leicht veränderten Tagesrhythmus (Bettgehzeit um neun, mit Weckerklingeln um sechs. Hallo Ferien.)
  • Während es draussen hell ist, gibt es allerdings ungeahnte Beschäftigungsmöglichkeiten, die ihrerseits Lektionen bereithalten:
  • Das Beginnen des täglichen Tagesablaufs mit einer Partie Rummykub fuehlt sich irgendwie seltsam an. Und ziemlich dekadent.
  • Auf einer selbstgemachten Bambusseifenkiste einen steilen Berg runterzufahren ist ziemlich gefährlich. Gerade bei der Unfähigkeit, dass Ding zu bremsen, sollte man darauf achten, dass rechts und links genug weiche Weizenfelder vorhanden sind, in denen man auch zwei Meter weit fliegen kann, ohne sich etwas zu brechen.
Nicht nur konnte man das Teil nicht stoppen -
wir hatten auch vergessen, dass der Wasserschlauch von der Lavendel-
spirale noch mitten auf dem Weg lag.

  • Ein spontaner "Drum-Circle" wahrend der Arbeitszeit, bei dem sechs Leute auf verschiedenen, über Jahre gesammelten Instrumenten herumjammen, kann zur Entdeckung nie vermuteter Talente fuhren. Oder zur Bestätigung unmusikalischer Veranlagungen.
  • Eine Biene die in eine Blume fliegt, kommt da nicht zwangsläufig nach ein paar Sekunden wieder raus. Es kann auch mal eine Minute dauern... oder fünf. 

3. Die Amerikaner sind wirklich so, wie man sie sich vorstellt.
  • Ein durchschnittlicher amerikanischer Kühlschrank hat ungefähr die Größe eines kleinen Autos. 
  • Man kann in Amerika 2 Wochen lang jeden Tag bei einer anderen Kette Burger essen und hat trotzdem noch nicht alle durch.
  • Das perfekte Truthahnrezept fur Thanksgiving ist streng gehütetes Geheimnis, dass nur an nette, ungefährliche, deutsche Mädchen weitergeben wird, die mit vertrauenerweckendem Augenaufschlag beteuern, dass sie es auch wirklich nicht weitererzählen.
  • Man kann nie zu viel Käse auf Essen tun. Käse macht alles besser. Auch Gemüse.
...auch wenn man auf einer Kräutertour Schnittlauchblüten serviert -
ordentlich Frischkäse sollte schon dabei sein!

Freitag, 24. Mai 2013

USA Urlaub 'a la Tolstoi (Happy farming, baby!)

In Anna Karenina gibt es diese eine Stelle, wo Ljewin, der reiche Landbesitzer, sich mit seinen Bauern aufs Feld stellt und Heu mäht. Und während er so vor sich hinsenst (Verb von "Sense", ne?) fühlt er sich auf einmal völlig frei und happy und losgelöst von Allem. "Je länger Ljewin mähte, umso häufiger wurden für ihn diese Zeiten der Selbstvergessenheit, wo nicht mehr die Hände die Sense schwangen, sondern die Sense selbst hinter sich den ganzen, von Bewusstsein und Leben erfüllten Koerper bewegte und die Arbeit, ohne dass er an sie dachte, wie durch Zauberei ordnungsmässig und regelrecht ganz von selbst vor sich ging. Das waren die glückseligsten Augenblicke." Das, plus gute Luft und Muskelaufbau frei Haus. So wollte ich mich auch mal fühlen, hatte aber schon länger die Vermutung, dass sich diese Situation in einem Büro am Computer irgendwie nicht so richtig gut bewerkstelligen lässt. Also raus aufs Land und Ljewin-mässig die Sense schwingen? In Berlin Innenstadt gar nicht so einfach.


Ungefähr zu diesem Zeitpunkt standen mein Freund und ich vor der Entscheidung, wie wir unseren 3-wöchigen USA Urlaub planen wollten, für den wir zwar Hin- und Rückflug aus Chicago gebucht hatten, ansonsten aber noch keine Ahnung hatten, wohin wir wollten. Der Fakt, dass wir im Urlaub gerne nicht nur das Land kennenlernen, sondern wirklich in die Kultur eintauchen, in Verbindung mit der Suche nach Tolstoi'scher Lebensart, brachte uns schliesslich auf eine Idee: Wir könnten kalifornisch wwoofen. 

"WWOOFEN" ist die Abkürzung für "Working on organic farms", was übersetzt "Arbeiten auf dem Bio-Bauernhof" oder auch "Mila ist ein Workaholic und arbeitet gern im Urlaub" bedeutet. Auf der Plattform www.wwoof.org kann man sich fuer etwa 30 Euro anmelden und bekommt so Zugang zu einer Liste von biologischen Farmen, die gerade Mitarbeiter fuer ihre Projekte suchen. Im Austausch fuer Kost und Logis und eine ganze Menge neuer Erfahrungen in Sachen biologische Landwirtschaft erklaert man sich hier bereit, 30 Stunden die Woche kraftig mit anzupacken.


Also fix den Katalog fuer Amerika durchgeguckt, Lieblings-Gastfarm rausgesucht, angeschrieben und ein paar Stunden spaeter war der Urlaub in trockenen Tuechern. Ergebnis: Eine Woche Leben, Arbeiten, Essen und Schlafen auf einer Kräuterfarm in Kalifornien. Es war richtig, aber so richtig geil.

Während mein Freund von den Besitzern der Farm, einem älteren kalifornischen Pärchen, mit reichlich Muskelarbeit versorgt wurde (Bäume pflanzen, Loecher graben, Zäune bauen...), kam mir eine sehr entspannte Rollenverteilung zugute: ich durfte mich mit den schonen Sachen beschäftigen: Tee mischen (man nehme 2 Stangen Zimt, 9 "Allspice"-Beeren, 3 Nelken und etwa 2 Sternanis für einen Aufguss des perfekten "Spice-Journey Tees), Rosenblätter ernten und sortieren, kandierten Fenchel einpacken, Lavendel verarbeiten... Auch wenn ich zwischendurch mal ein oder zwei Tomaten gepflanzt habe, habe ich jetzt nicht die Erschöpfungseuphorie erfahren, die Tolstoi so würdigt. Es war aber trotzdem sehr entspannend und mein Zufriedenheitslevel kam dem von Ljewin schon ziemlich nah. Wenn ihr also mal richtig tiefenentspannt aus den Ferien kommen wollt, kann ich euch nur empfehlen, im Urlaub zu arbeiten. Wwoofing ahoi!

Anti-Büro-Stress Therapie: Kräutertee mixen und verpacken.
Lavendelspirale mit Aussicht. Euch ist bestimmt sofort die geniale Bewässerungsanlage aufgefallen, richtig?
Dachte ich mir schon. Das war eins unserer Projekte.
Regen in Kalifornien! Das Ereignis des Jahres. 
Wenn es schon nicht regnet, verlegt man eben einfach seine Dusche nach draussen.
Die hab ich gepflückt! Rosen riechen übrigens wirklich wie Rosenoel. Als Stadtkind entgeht einem sowas. Ich dachte immer, Rosenoel wuerde synthetisch riechen. Tja.


Montag, 20. Mai 2013

Chicago book love

Hier für euch ein paar wunderschöne Zitate aus der alten Chicago Public Library. Weise Worte, zauberhafter Ort! 

Solltet ihr mal in Chicago vorbeikommen: this is the place to be. Ich hätte Stunden hier verbringen können um die Wandreliefs zu bewundern, die Zitate zu lesen und natürlich Touristen zu beobachten. Meine Lieblingsbeschäftigung in Urlaub. 

("Glenn's diner" im North Center ist aber auch ziemlich cool. Da gibts den leckersten und frischesten Fisch in Chicago und die Umgebung bietet zuckersüße kleine Läden, leckere Cafes und ein günstiges Kino.)




Mittwoch, 15. Mai 2013

Guten Morgen Jetlag!

Soeben bin ich um 5:50 Uhr in Berlin neben einer halben Kartoffel aufgewacht. 


Nachdem ich meine Orientierungslosigkeit etwas überwunden hatte, fiel mir wieder ein, wie die Kartoffel in mein Bett gekommen sein könnte. Als ich es irgendwie geschafft hatte, mich tatsächlich gestern Abend nach deutscher Zeit schlafen zu legen, hat sich mitten in der Nacht mein Magen gemeldet mit der Ansage: "Geht's noch? Es ist schon lange Abendessenzeit in Amerika und ich hab seit Stunden nichts gegessen. Sieh zu!" Pflichtschuldigst schlafwandelte der Rest meines Körpers in die Küche um Kartoffeln zu kochen. Sobald sie fertig waren, konnte ich mich allerdings kaum noch auf den Beinen halten, schnappte mir die erstbeste Kartoffel und wankte zurück ins Bett... Anscheinend hat mein Magen nicht das letzte Wort behalten.

Was ich eigentlich sagen wollte: Ich bin wieder da! 
Nach einem genialen 3 wöchigen USA Urlaub melde ich mich zurück in der Bloggergemeinde. Geht's euch allen gut? Ich hab das Gefühl, ich war ewig weg. Berlin ist ja richtig hübsch im Frühling! Und da ist auf einmal ein riesiger Baum vor meinem Wohnzimmer. Ich hab den ja noch nie mit Blättern gesehen - er ist sehr hübsch. Allerdings ist mein Wohnzimmer jetzt deutlich dunkler als gewohnt. 

Oh Mann ich muss dringend was essen.

WO IST DIE KARTOFFEL HIN?

Donnerstag, 9. Mai 2013

Schöne neue Welt...


Hallo Ihr Lieben, ich bin zur Zeit im Urlaub, deshalb verzeiht mir, dass es hier gerade sehr ruhig zugeht. Mein April-Buch fuer die "Buecher die man gelesen haben muss- Challenge" hake ich aber trotzdem noch ab. Nach der Pleite mit dem zweiten Teil der Divergent Trilogie habe ich mich zu einem Re-Read von Aldous Huxleys schöner neuer Welt entschlossen. Das Buch habe ich schon vor über zehn Jahren zum ersten Mal gelesen, daher kannte ich die Geschichte also schon. Trotzdem entdecke ich jedes Mal etwas Neues in ihr.

Zur Story:

Die „schöne neue Welt“ liegt einige hundert Jahre in der Zukunft. In der deutschen Übersetzung spielt die Geschichte in Berlin, was mir jetzt, wo ich die Stadt kenne, zum ersten Mal so richtig aufgefallen ist. Es gibt in ihr keine Krankheiten, keine Angst und keine unglücklichen Menschen. Statt paarweiser Fortpflanzung durch „Eltern“ (Ein Wort, das jedem guterzogenen Bewohner dieser Gesellschaft die Schamesröte ins Gesicht treibt!) werden die Menschen im Labor gezüchtet. Die Gesellschaftsordnung basiert auf einem strengen Kastenprinzip, in dem jeder Mensch nur ganz genau das tun kann, wozu er gezüchtet wurde. Dafür sorgt ein perfekt organisiertes Konditionierungssystem, welches die Menschen schon ab Kleinkindalter darauf konditioniert, nur das zu mögen, was sie später sowieso einmal tun sollen.

So werden den Kindern der Delta-Schicht, die dazu bestimmt sind, später einmal unter Tage zu arbeiten, zum Beispiel mit Elektroschockern versehene Bücher und Blumen präsentiert. Haben sie beim Anfassen dieser Dinge erst einmal oft genug einen tüchtigen elektrischen Schlag bekommen, werden sie sich hüten, im Erwachsenenalter in die Nähe von Büchern oder raus in die Natur zu gehen. Stattdessen lieben sie dunkle Orte und eintönige Arbeit – schließlich wurden ihnen diese Dinge in der Kindheit mit viel Musik und Schokoladeneis schmackhaft gemacht. Und übrigens ist ihr Gehirn sowieso nicht darauf ausgerichtet, komplizierte Arbeit zu verrichten, da ihrer Nahrung schon vor der Geburt Alkohol hinzugefügt wurde, um die Denkfähigkeit angemessen niedrig zu halten. So sind denn alle Menschen glücklich und zufrieden mit ihrem Leben, hüten sich vor eigenständigem Denken, Einsamkeit und engen Bindungen, denn schließlich „ist jeder seines nächsten Eigentum“. Die Liebe existiert nicht mehr, sie macht nur Probleme. Sollte es doch mal vorkommen, dass jemand, trotz Leidenschaftsersatztherapie und Sexualhormonkaugummi, unerklärlicherweise nicht vollkommen glücklich ist, ist immer Soma zur Hand – der Glücklichmacher in Tablettenform, der sorgfältig in der Bevölkerung verteilt wird.

Meine Meinung:

Huxleys Geschichte ist sehr, sehr intelligent. Im Gegensatz zu vielen  anderen Dystopien erschreckt sie nicht durch ihre Brutalität, sondern durch die Nachvollziehbarkeit ihrer Grundsätze und die Machbarkeit ihrer Durchsetzung. Huxley verknüpft sehr geschickt wissenschaftliche Erkenntnisse mit menschlichen Wünschen nach Frieden, Gemeinsamkeit und dem Glücklichsein. Manche der in dem Buch beschriebenen Elemente erscheinen heute überhaupt nicht mehr Sciene Fiction mäßig – die Züchtung von Menschen in Reagenzgläsern zum Beispiel. Huxley selbst schreibt dazu „Damals habe ich meine Geschichte 600 Jahre in die Zukunft verlegt – heute scheint es nicht mehr so unwahrscheinlich, dass uns dieser Schrecken binnen eines einzigen Jahres ereilt.“

Als Leser ist man ein wenig ratlos: Ist an dieser neuen Gesellschaft wirklich alles schlecht? Schließlich gibt es ja keine Kriege mehr, keine Krankheiten, alle sind glücklich. Es gibt  zwar auch keine Liebe mehr, keine Philosophie und keinen freien Willen – aber wenn der Mensch diese Dinge sowieso nicht vermisst, ist das dann so schlimm? Jetzt könnte ich hier natürlich eine seitenlange Abhandlung über das Recht auf freien Willen und seine Konsequenzen schreiben – aber Huxley bewirkt mit seiner Geschichte, dass man nicht umhin kommt, sich seine eigenen Gedanken zu diesem Thema zu machen. Deshalb überlasse ich euch an dieser Stelle euren eigenen philosophischen Erkenntnissen und sage nur: 

Ran Da! Lesen! 

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