Samstag, 22. Juni 2013

"I'm never going to be hungry again!" - Vom Winde verweht [Rezension Teil 1]

Fantastisch.

Definitiv bis jetzt mein bestes Buch der Liste.
Nichts mehr hinzuzufügen.
Ich bin noch ganz atemlos.

Fürs Erste ein paar Stichpunkte.
Gone with the Wind war für mich:

  • 1000 Seiten und ca. eine Woche kompletter Realitätsverlust
  • 5 Tage lang den Feierabend herbeisehnen, um endlich wieder im Amerika des 19. Jahrhunderts anzukommen
  • Ca 10 mal die Minute ärgern über Scarlett O'Hara
  • Mich pausenlos über den Respekt wundern, den ich einer Frau entgegenbringe, über die ich mich ca. 10 mal die Minute ärgere
  • Unzählige atemlose Momente sobald Rhett Buttler ins Spiel kommt, gefolgt von entnervten Seufzern, wenn er wieder verschwindet
  • ein Ansporn, mich über die Sklaven-Besitzer-Beziehungen in den früheren Südstaaten zu informieren
  • ein bleibendes Gefühl des Ärgers über die "damn Yankees" und die "stubborn Southerners"
  • Eine Festigung der Überzeugung, dass Kriege sinnlos sind. Und die Menschen sich immer das Gegenteil einzureden wissen, wenn die Kriege unausweichlich werden. 
  • eine beängstigende Steigerung meines Südstaatenticks
Verzeihung, kennt jemand die Story nicht? Dann kurz ein paar Worte
Zur Story:

Die 16-jährige Scarlett O'Hara, verwöhnte Tochter eines irischen Plantagenbesitzers und einer der größten Damen des Countys Georgia im Jahre 1861, hat es satt, Geschichten vom Krieg zu hören. Die Männer reden von nichts anderem mehr und sind absolut heiß darauf, den eingebildeten Yankees endlich zu zeigen, wo es lang geht. Denn wenn es zum Krieg kommt, ist ja schließlich klar, dass die Südstaatler den Yankees diese Flausen von wegen "Sklaverei ist falsch" sehr schnell austreiben werden. Scarlett ärgert sich über dieses Interesse am Krieg, denn jedes Interesse, das nicht allein ihr gebührt, ärgert sie. Ihr genügt es, die Schönste auf jedem Ball zu sein und allen Männern den Kopf zu verdrehen. Selbst, wenn die schon einer anderen die Ehe versprochen haben. Gerade dann! So ist es kein Wunder, dass Scarlett zwar der Lieblings aller Männer ist, aber keines der Mädchen sie ausstehen kann.

Mitten in dieser Südstaatenidylle voller Bälle, Barbecues und Flirtereien geschehen zwei Dinge, die Scarletts Welt für immer ändern werden: Der einzige Mann, den sie je wirklich geliebt hat, heiratet eine andere - und der Krieg bricht aus. Scarlett, in einer von Männern dominierten Welt plötzlich auf sich allein gestellt, entdeckt dass sie durchaus die Fähigkeiten hat, sich und andere vor dem Hungertod zu retten. Und wenn die ehrhafte Gemeinschaft der Südstaatler auch noch so schlecht von ihr denkt - Scarlett reagiert mit dem Schwur, der 80 Jahre nach Erscheinen des Buches immer noch berühmt ist:
"As God is my witness, as God is my witness, the Yankees aren't going to lick me. I'm going to live through this, and when it's over, I'm never going to be hungry again. No, nor any of my folks. If I have to steal or kill- as God is my witness, I'm never going to be hungry again."

Meine Meinung:

Die erinnerungswürdigsten Charaktere und die verquersten Beziehungen aller Zeiten

Scarlett O'Hara ist wohl kaum eine Vorzeigeheldin: völlig verzogen und nur auf ihre eigenen Wünsche bedacht, nutzt sie Menschen aus, betrügt sie und kümmert sich einen Dreck darum, wie es ihnen dabei geht. Sie vernachlässigt ihre eigenen Kinder und schreckt auch vor Mord nicht zurück, wenn sie damit ihr Eigentum vergrößern kann. Auf der anderen Seite ist sie herzzerreißend mutig und erbittert loyal, wenn es um die Menschen geht, die sie liebt. Davon gibt es nicht viele, aber überraschenderweise gehören vor allem Sklaven dazu.

Melanie Wilkes ist die Frau, die Scarlett's Traummann schließlich heiratet. Scarlett hasst die gutherzige und durch und durch ehrbare Melly aus tiefstem Herzen. Durch eine seltsame Fügung des Schicksals werden die Wege der beiden Frauen aber zusammengeschweißt und die Beziehung zwischen ihnen ist keine, die der Leser so schnell wieder vergisst.

Rhett Buttler. "The dashing soldier of fortune". Oh verdammt noch mal, was für eine verquere Beziehung. Ich war noch nie so fix und fertig, wenn es um eine Liebesgeschichte geht! In der Hälfte der Szenen, in denen Captain Buttler auftaucht, möchte man einfach nur mit dem Kopf immer. wieder. auf. den. Tisch. schlagen. Wenn man ihn nicht gerade heiraten will.
His eyes were wide and blazing queerly and the tremor in his arms frightened her. "I want to make you faint. I will make you faint. You've had this coming to you for years. None of the fools you've known have kissed you like this - have they? [...] Gentleman all - what do they know about women? What do they know about you? I know you." 

Die Geschichte der Südstaaten hautnah


Mit einem mittelschweren Südstaatentick behaftet, war es jetzt keine allzu große Überraschung, dass ich mich Hals über Kopf in das Buch verliebt habe. Hier bekommt man den Fall der Südstaaten, den dickköpfigen Stolz des Volkes, die verqueren Geschlechter Beziehungen und die widersprüchlichen Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen hautnah mit. (Wenn auch ziemlich romantisiert, wie ich befürchte.) Zu jedem dieser Themen würde sich aber ein eigener Post lohnen, weshalb ich hier nun besser aufhöre, sonst wird dieser Beitrag mehrere seiten lang. Für's erste reicht ein kurzes Fazit.

Fazit:
Wundervoll. Mächtig, berauschend, belehrend, zum atemlos Schmökern und ungebremst heulen. Zum Südstaaten lieben und hassen. 

20 Kommentare:

  1. oh noch jemand mit einem südstaatentick (den ich mir selbst es vor kurzem eingestanden habe) - das ist schön :) Das Buch steht ganz oben auf meiner Leseliste, aber ich hatte Angst davor enttäuscht zu werden. Jetzt wird es aber sowas von gelesen!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Na dann ganz viel Spaß dabei, bin gespannt auf deine Rezension! :) Hast du zufällig Südstaatentick-Buch-Empfehlungen für mich?

      Löschen
  2. Ich hab das Buch vor... öm... 15 Jahren oder so gelesen und sehr gern gemocht. Irgendwie beruhigt mich deine Begeisterung jetzt, daß es nicht nur spätpubertäre Romantik war, die mich für das Buch begeistetr hat. *g* Ich mochte übrigens auch die "Fortsetzung", die ja sehr viel später von einer anderen Autorin geschrieben wurde.

    Gruß
    Vinni

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. gg.. ich kann dir allerdings leider nicht versprechen, dass das bei mir nicht auch nur spätpupertäre Romantik war. Ich glaub ich bin da relativ anfällig :p

      Löschen
  3. Das Einzige, was mich bei dem Buch gestört hat, ist wie die schwarzen Charaktere dargestellt werden... Und wie die Männer gelobt werden, die tapfer dem KKK beitreten! Es fiel mir da schwer, mir zu sagen, dass diese Einstellung für die Zeit einfach normal und typisch war.

    Ich hab inzwischen sogar die "Fortsetzung" gelesen, aber die fand ich einfach nur schlecht.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Zu dem Thema plane ich noch einen eigenen Post. Ich war mir die ganze Zeit nicht so ganz sicher, ob die Autorin das was sie schreibt jetzt irgendwie negativ bewertet, oder ob die Einstellung tatsächlich so neutral war, wie es rüberkommt. Da muss ich erst noch mal recherchieren, aber dieser Punkt muss jedem heutigen Leser der einigermaßen klar denken kann ja auf jeden Fall auffallen. Ich werd mal versuchen, dazu was rauszubekommen.

      Löschen
    2. Oh, das finde ich klasse, dass du da recherchierst, das interessiert mich auch brennend!

      Löschen
  4. Das Buch steht auch noch auf meiner Liste als Re-read ... muss definitiv sein. Bei mir ist es schon ein paar Jahre her, dass ich es gelesen habe und ich freu mich drauf, weil ich es sehr mochte.
    Aktuell steht noch der Graf von Monte Christo auf der Liste, aber da fehlt mir nicht mehr viel ;)

    AntwortenLöschen
  5. *schnief*

    Mehr konnte ich jetzt erst mal nicht schreiben, denn dein Zitat aus dem Buch lässt vor meinem geistigen Auge sofort die dazu passende Szene des Films heraufziehen: Scarlett vor dem orangeroten Himmel, die Faust nach oben gereckt, "As God is my witness" - mehr braucht es nicht, schon ist er da, der Kloß im Hals, die Augen werden feucht ... Spätestens beim dritten "As God is my witness" stehen mir die Tränen in den Augen.

    *schluck*, *blinzel*, *räusper* ... Diese Szene packt mich jedes Mal so wie beim ersten Sehen, und jedes Mal bin ich froh, dass danach im Film das Intermezzo kommt. ;-)

    Habe ich schon erwähnt, dass "Gone With the Wind" einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist? ;-) Vermutlich ist das auch der Grund, warum ich bisher das Buch nicht angerührt habe - irgendwie hatte ich wohl Angst, dass mir der Film dadurch "verleidet" würde.

    Auf meiner Leseliste ist das Buch durch die 100-Bücher-Liste ja sowieso schon gelandet, durch die BuchVerflimungs-Challenge, zu der ich mich gerade angemeldet habe, ist es noch ein bisschen nach vorne gerückt, aber danke deiner Rezi bin ich nun zuversichtlich, dass ich das Buch zumindest mögen und den Film danach trotzdem noch lieben werde. Danke!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich hab mir die Szene auf Youtube angeschaut - sie haben den Wortlaut im Vergleich zum Buch ja etwas abgeändert, aber die Szene ist im Buch nicht minder beeindruckend. Ich sollte mir wohl auch dringend den Film anschauen, hab ich, so wie Neyasha schon gesagt hat, die Befürchtung dass mich das "Overacting" dieser Zeit auch etwas stören könnte ;p

      Löschen
    2. "Overacting" ... ja, das stimmt sicher. Ich kann auch gar nicht rational erklären, was mich an dem Film so begeistert. Nüchtern betrachtet ist er ja kitschig, pathetisch, die Figuren nerven und Clark Gable ist definitiv nicht mein Fall - aber irgendwas hat der Film. Bin gespannt, ob ich das beim Buch auch denke - und ob dir der Film gefällt, wenn du ihn dir mal anschaust. :-)

      Löschen
    3. Kleiner Nachtrag: Inzwischen habe ich das Buch gelesen und kann deine Begeisterung dafür absolut nachvollziehen. Und glücklicherweise hat mir das Buch den Film auch nicht "verdorben" oder "verleidet". Im Gegenteil: Dadurch, dass man im Buch so viele zusätzliche Infos über die Figuren, ihre Hintergründe und ihre Motivation bekommt, hat sich mein Verständnis für die Handlung des Films nun deutlich erweitert. Der Krieg und die Zeit danach werden im Buch ja auch viel ausführlicher beschrieben, als es im Film der Fall sein konnte, das hat mir auch sehr gut gefallen und die Geschichte noch deutlich runder gemacht als sie im Film ist.

      Löschen
  6. Hach, schade, dass ich da so anders ticke - ich habe schon den Film nicht gemocht, und das Buch ist ja in diesem Fall kaum anders als der Film (also, an alle, die sich deshalb nicht da rantrauen: keine Bange!). Ich fand Scarlett blöd, und Rhett Butler genauso nervig und unsympathisch wie sie - die passten also gut zueinander, aber für mein Leseerlebnis war es nicht gerade förderlich ... Und die Behandlung der Sklavenfrage war natürlich auch sehr ... ich sag mal "altmodisch".
    Ansonsten habe ich mich dann einfach nur noch gelangweilt und war schrecklich froh, als ich endlich durch war. *seufz* Dabei wollte ich es eigentlich gerne mögen.

    Vielleicht war ich auch einfach schon "versaut" durch die wesentlich weniger feurig-romantische Geschichte einer jungen Frau in den Südstaaten, die zu meinen Lieblingsbüchern gehört: "Feuer über Virginia" von Betty Sue Cummings. Scarlett kam einfach an Mattie nicht vorbei. ;-)

    Wenn du so einen Südstaaten-Tick hast - erstreckt der sich auch aufs 20. Jahrhundert? Hast du dann "Gute Geister/The Help" schon gelesen und/oder gesehen?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ach wie schade :(
      Das kenn ich, wenn ich ein Buch eigentlich gern mögen möchte und es einfach nicht hinkriege. :p

      Feuer über Virginia muss ich dann unbedingt mal lesen, ich hab bis jetzt noch nicht viele Südstaatenbücher gefunden. Vielleicht sollte ich mal einen Aufruf für Tipps starten!

      The help hab ich gesehen: Siehe Antwort auf Neyashas Kommentar. Das Buch dazu hatte ich damals mal kurz angelesen, fand allerdings die Sprechweise sehr, sehr anstrengend. Hast du das auf deutsch oder im Original gelesen? Weiss garnicht, wie es auf deutsch ist, aber auf englisch hat die Erzählerin ja diesen krassen typischen Akzent, den ich mir nicht ein ganzes Buch lang antun wollte.

      Löschen
    2. Ich habe es auf Deutsch gelesen, da war ich auch eigentlich recht froh drum, gerade wegen der Sprechweise. Aber gerade das ist auch eigentlich eine der Stärken des Buches: Die drei Erzählerinnen Aibileen, Minny und Skeeter haben alle ihre eigene Stimme (und Skeeter hat keinen Akzent, also hast du höchstens zwei Drittel so, nicht das ganze Buch ;-)).

      Löschen
  7. Ich befürchte, mir gehts da ähnlich wie Birthe.
    Da ich den Film so überhaupt nicht mochte (ich fand ihn sterbenslangweilig, Scarlett anstrengend und Rhett Butler wahnsinnig nervig - was so viele Frauen an dem finden, konnte ich nie nachvollziehen), konnte ich mich auch nie aufraffen, das Buch zu lesen. Natürlich könnte ein Teil des Problems sein, dass der Film wie die meisten Filme dieser Zeit an einem unglaublichen Overacting der Schauspieler krankt, aber das alleine war wohl kaum der Grund, weshalb ich den Film doof fand.
    Obwohl mich also deine Begeisterung doch ein wenig neugierig macht, glaube ich nicht, dass ich das Buch noch lesen werde.

    Birthes Empfehlung - "The Help" - kann ich übrigens nur mehrfach unteschreiben. Unbedingt lesen!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. *gg - das wir einen leicht unterschiedlichen Buchgeschmack haben, werden wir wohl leider nicht mehr ändern können. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dir das Buch auch nicht gefallen wird. Wobei ich sagen muss, dass ich den Film damals (hatte mal irgendwann mittendrin in den ersten Teil des Films gezappt und bin mit einem Ohr hängen geblieben) auch nicht so richtig spannend fand. Du kannst es ja mal ausprobieren - wenn du nach den ersten 10 Seiten nicht gefesselt bist, wirst du es ahrscheinlich während dem Rest des Buches auch nicht.

      The help habe ich mir damals im Kino angeschaut, gerade auch weil ich Emma Stone so grandios finde. Den Film fand ich gut aber relativ oberflächlich gehalten und die Charaktere kamen eher schwarz-weiß rüber. Wie ist denn das im Buch?

      Löschen
  8. Danke für deine tolle Rezension Teil I ;-) Das Buch steht bei mir auch noch auf der to-read-Liste und ich freue mich schon ganz doll darauf!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Aber gerne doch :) Oh ich bin gespannt auf deine Rezension! Das Design deines Blogs ist übrigens so wunderschön, dass ich jedes mal wieder ganz platt bin, wenn ich drauf klicke :)

      Löschen
  9. Hallo liebe Mila,

    bis jetzt habe ich nur den Film gesehen, aber ich habe schon von vielen gehört, dass das Buch total gut sein soll und ich werde es auf jeden Fall auch einmal lesen! :)

    Ich wollte dir noch sagen, dass ich dich getaggt habe und würde mich sehr über deine Antworten freuen! Ich hoffe, du nimmst teil!
    http://vertraute-fremde-welten.blogspot.de/2013/07/tag-11-fragen-tag-die-zweite.html

    Liebe Grüße,
    Anne

    AntwortenLöschen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...