Okay, diesen Post habe ich vor über einem Monat verfasst und bin dann nie richtig dazu gekommen, ihn hochzuladen. Daher ist der Titel - bei Heute so 26 Grad in Berlin schätzometrisch - etwas unpassend. Sobald der Frühling kommt, verliere ich generell immer jede Lust, nach der Arbeit noch an den Computer zu gehen, daher legt es meinen Blog mit schöner Regelmäßigkeit irgendwann im April lahm. Dieses mal war die Blogpause aber so lang wie vorher noch nie. Und dabei hab ich sooo viel gelesen. Und sogar ein Buch von der 100 Bücher Liste dabei. Und gleich noch so ein.. äh.. SPANNENDES. Ladies und Gentleman: Rosamunde Pilcher!!! (Nummer 50 auf der Liste der 100 beliebtesten Bücher aller Zeiten.)
"... und dann ist da dieser Gärtner, aber man weiss nicht so richtig, woher er kommt und warum er da ist. Sehr mysteriös. Wird wohl der Mörder sein."
Das war der Zeitpunkt in unserem Telefongespräch, als meine Mutter begann, mich ernsthaft auszulachen.
Meine Antwort "Rosamunde Pilcher" auf die obligatorische Frage "Was liest du gerade?" hatte sie noch mit höflichem Erstaunen registriert. "Du liest Rosamunde Pilcher? Ähm. Warum?" Weil es auf der 100 Bücher Liste steht. Und wirklich ein hübsches Cover hat. Darum.
Aber zur Story:
Penelope ist 64 Jahre alt, hat drei erwachsene Kinder und keinen Mann mehr und wohnt in einem kleinen englischen Cottage. Ihr Garten ist ihre ganze Leidenschaft, denn von den drei Kindern ist eins zu beschäftigt um oft zu Besuch zu kommen und die anderen beiden sind so gnadenlos egozentrisch, dass es eine Freude ist, wenn sie wieder weg sind. Auf einmal zeigen Nancy und Noel, die beiden missratenen Kinder, aber viel mehr Interesse an ihrer Mutter als normalerweise üblich, was damit zusammenhängt, dass Penelopes Vater, ein berühmter Maler, ihr vor seinem Tod eine Reihe Gemälde hinterlassen hat, deren Preise sich ganz plötzlich in unerschwingliche Höhen schrauben.
Nancy und Noel, beide notorisch über ihren Verhältnissen lebend, versuchen nun mit vereinten Kräften ihre Mutter dazu zu bringen, diese Gemälde zu verkaufen. Wobei sie selbstverständlich davon ausgehen, dass das Geld danach auf die drei Kinder aufgeteilt wird und nicht bei Penelope bleibt, die ihr ganzes Leben lang in sehr bescheidenen Verhältnissen gelebt hatte um trotz ihres spielsüchtigen Mannes seine Kinder ernähren zu können. Penelope, die von ihren undankbaren Gören langsam ernsthaft genervt ist, denkt jedoch nicht daran, die Bilder ihres geliebten Vaters zu verkaufen. Viel lieber möchte sie noch einmal in Ort fahren, in dem sie aufgewachsen und er gestorben ist. Doch auch nach eindringlichen Bitten kann keiner ihrer Nachfahren eine ganze Woche aufbringen, um der Mutter diesen Traum zu erfüllen und mit ihr hinzufahren. Da taucht plötzliche in geheimnisvoller junger Gärtner in Penelopes Leben auf...
... womit wir wieder beim Gespräch mit meiner Mutter wären.
Also nochmal.
"... und dann ist da dieser Gärtner, aber man weiss nicht so richtig, woher er kommt und warum er da ist. Sehr mysteriös. Wird wohl der Mörder sein."
Jetzt mal ernsthaft, da ist diese ältere Dame in einem einsamen kleinen Landcottage mit diversen extrem wertvollen Gemälden. Und plötzlich taucht ein junger, mysteriöser Mann auf, der erklärt er sei ein Gärtner, dessen Auftreten aber eher an einen Akademiker bester Schule erinnert.
Wer wird denn da wohl nicht misstrauisch. Und genug englische Krimis habe ich gelesen in meinem Leben, ich weiss wo der Hase langläuft!
ABER ich hatte die Rechnung ohne Rosamunde Pilcher gemacht! Tja. Ich hatte nämlich tatsächlich noch nie einen Film von der guten Dame gesehen und zwar natürlich gewusst, dass Frau Pilcher eher so in der Kitsch-Ecke unterwegs ist aber mit so wenig Spannung dann doch nicht gerechnet. Also lasst es mich gleich vorwegnehmen: Der Gärtner ist nicht der Mörder. NIEMAND ist der Mörder, wir sind hier bei Rosamunde Pilcher. Oder wie meine Mutter sagte:
"Mila, lass es mich mal kurz zusammenfassen. ein Rosamunde Pilcher Roman besteht aus einigen essentiellen Eigenschaften:
"Natürlich ist das reaktionär, das Familienidyll kitschig und von annodazumal, die Rollenvorstellungen überholt und die Menschen in den Filmen immer nur edel, hilfreich und gut. Klar, wissen wir: Das ist nicht die Wirklichkeit. Trotzdem. Durchschnittlich sehen sieben Millionen Zuschauer zu. Sie wollen am Sonntagabend vor allem eines: Abschalten vom Alltag, ein bisschen Herz, Schmerz und wieder Herz. Attraktive Menschen in ihren zauberhaften Behausungen und ein Happy End."
Und ganz ehrlich, hätte ich diesen Kommentar der Zeitung vorher gelesen, wäre ich von dem Buch positiv überrascht gewesen! Ganz so schmalzig wie es klingt, war die Geschichte nämlich gar nicht. Ich mochte sogar Penelope sehr gerne, deren Leben im Rückblick erzählt wird und einige sehr schöne aber auch sehr tragische Momente beinhaltet (ich hatte im Kopf Worte wie "spannende", "aufregende" und "unerwartete Momente" durchprobiert - aber die erschienen mir dann doch etwas zu gewagt).
Lasst es mich in einem Fazit folgendermaßen ausdrücken:
Fazit:
Das Buch ist hervorragend tiefenentspannend. Es eignet sich gut für Menschen die das Gefühl haben, zu wenig Zeit in ihrem Leben zu haben, denn wenn man Rosamunde Pilcher aufschlägt, geschieht ein Wunder: Zehn Minuten Lesezeit fühlen sich an wie eine halbe Stunde reale Zeit! Und danach hat man wieder Energie genug, sich an aufregende Aufgaben zu wagen.
Gut geeignet für einen kleinen mentalen Kurzurlaub in ein chintzgemustertes England voller Blumen und Erinnerungen. Erfahrungsgemäß nicht so gut geeignet für eine längere Zugfahrt, außer ihr wechselt dieses Buch während der Fahrt mit etwas packendem ab, am besten einem so richtig raffinierten, bluttriefendem Thriller. Zum Ausgleich.
"... und dann ist da dieser Gärtner, aber man weiss nicht so richtig, woher er kommt und warum er da ist. Sehr mysteriös. Wird wohl der Mörder sein."
Das war der Zeitpunkt in unserem Telefongespräch, als meine Mutter begann, mich ernsthaft auszulachen.
Meine Antwort "Rosamunde Pilcher" auf die obligatorische Frage "Was liest du gerade?" hatte sie noch mit höflichem Erstaunen registriert. "Du liest Rosamunde Pilcher? Ähm. Warum?" Weil es auf der 100 Bücher Liste steht. Und wirklich ein hübsches Cover hat. Darum.
Aber zur Story:
Penelope ist 64 Jahre alt, hat drei erwachsene Kinder und keinen Mann mehr und wohnt in einem kleinen englischen Cottage. Ihr Garten ist ihre ganze Leidenschaft, denn von den drei Kindern ist eins zu beschäftigt um oft zu Besuch zu kommen und die anderen beiden sind so gnadenlos egozentrisch, dass es eine Freude ist, wenn sie wieder weg sind. Auf einmal zeigen Nancy und Noel, die beiden missratenen Kinder, aber viel mehr Interesse an ihrer Mutter als normalerweise üblich, was damit zusammenhängt, dass Penelopes Vater, ein berühmter Maler, ihr vor seinem Tod eine Reihe Gemälde hinterlassen hat, deren Preise sich ganz plötzlich in unerschwingliche Höhen schrauben.
Nancy und Noel, beide notorisch über ihren Verhältnissen lebend, versuchen nun mit vereinten Kräften ihre Mutter dazu zu bringen, diese Gemälde zu verkaufen. Wobei sie selbstverständlich davon ausgehen, dass das Geld danach auf die drei Kinder aufgeteilt wird und nicht bei Penelope bleibt, die ihr ganzes Leben lang in sehr bescheidenen Verhältnissen gelebt hatte um trotz ihres spielsüchtigen Mannes seine Kinder ernähren zu können. Penelope, die von ihren undankbaren Gören langsam ernsthaft genervt ist, denkt jedoch nicht daran, die Bilder ihres geliebten Vaters zu verkaufen. Viel lieber möchte sie noch einmal in Ort fahren, in dem sie aufgewachsen und er gestorben ist. Doch auch nach eindringlichen Bitten kann keiner ihrer Nachfahren eine ganze Woche aufbringen, um der Mutter diesen Traum zu erfüllen und mit ihr hinzufahren. Da taucht plötzliche in geheimnisvoller junger Gärtner in Penelopes Leben auf...
... womit wir wieder beim Gespräch mit meiner Mutter wären.
Also nochmal.
"... und dann ist da dieser Gärtner, aber man weiss nicht so richtig, woher er kommt und warum er da ist. Sehr mysteriös. Wird wohl der Mörder sein."
Jetzt mal ernsthaft, da ist diese ältere Dame in einem einsamen kleinen Landcottage mit diversen extrem wertvollen Gemälden. Und plötzlich taucht ein junger, mysteriöser Mann auf, der erklärt er sei ein Gärtner, dessen Auftreten aber eher an einen Akademiker bester Schule erinnert.
Wer wird denn da wohl nicht misstrauisch. Und genug englische Krimis habe ich gelesen in meinem Leben, ich weiss wo der Hase langläuft!
ABER ich hatte die Rechnung ohne Rosamunde Pilcher gemacht! Tja. Ich hatte nämlich tatsächlich noch nie einen Film von der guten Dame gesehen und zwar natürlich gewusst, dass Frau Pilcher eher so in der Kitsch-Ecke unterwegs ist aber mit so wenig Spannung dann doch nicht gerechnet. Also lasst es mich gleich vorwegnehmen: Der Gärtner ist nicht der Mörder. NIEMAND ist der Mörder, wir sind hier bei Rosamunde Pilcher. Oder wie meine Mutter sagte:
"Mila, lass es mich mal kurz zusammenfassen. ein Rosamunde Pilcher Roman besteht aus einigen essentiellen Eigenschaften:
- Die Geschichte spielt in England (check.)
- jemand fährt auf einem Fahrrad an einer Klippe entlang (check.)
- und trägt dabei ein Tuch im Haar (check.)
- es gibt einen Blumengarten, der mit Liebe gepflegt wird (check.)
- und einen langen Holztisch, an dem man gemütlich sitzen kann, während Mutter kocht oder strickt oder stickt (check.check.check.)
- irgendwer arbeitet in einer Werbeagentur (check.)
- es gibt ein Missverständnis (check.)
- für das aber niemand was kann (check.)
Die Süddeutsche Zeitung fasste die Pilcher- Verfilmungen mal folgendermaßen zusammen:
"Natürlich ist das reaktionär, das Familienidyll kitschig und von annodazumal, die Rollenvorstellungen überholt und die Menschen in den Filmen immer nur edel, hilfreich und gut. Klar, wissen wir: Das ist nicht die Wirklichkeit. Trotzdem. Durchschnittlich sehen sieben Millionen Zuschauer zu. Sie wollen am Sonntagabend vor allem eines: Abschalten vom Alltag, ein bisschen Herz, Schmerz und wieder Herz. Attraktive Menschen in ihren zauberhaften Behausungen und ein Happy End."
Und ganz ehrlich, hätte ich diesen Kommentar der Zeitung vorher gelesen, wäre ich von dem Buch positiv überrascht gewesen! Ganz so schmalzig wie es klingt, war die Geschichte nämlich gar nicht. Ich mochte sogar Penelope sehr gerne, deren Leben im Rückblick erzählt wird und einige sehr schöne aber auch sehr tragische Momente beinhaltet (ich hatte im Kopf Worte wie "spannende", "aufregende" und "unerwartete Momente" durchprobiert - aber die erschienen mir dann doch etwas zu gewagt).
Lasst es mich in einem Fazit folgendermaßen ausdrücken:
Fazit:
Das Buch ist hervorragend tiefenentspannend. Es eignet sich gut für Menschen die das Gefühl haben, zu wenig Zeit in ihrem Leben zu haben, denn wenn man Rosamunde Pilcher aufschlägt, geschieht ein Wunder: Zehn Minuten Lesezeit fühlen sich an wie eine halbe Stunde reale Zeit! Und danach hat man wieder Energie genug, sich an aufregende Aufgaben zu wagen.
Gut geeignet für einen kleinen mentalen Kurzurlaub in ein chintzgemustertes England voller Blumen und Erinnerungen. Erfahrungsgemäß nicht so gut geeignet für eine längere Zugfahrt, außer ihr wechselt dieses Buch während der Fahrt mit etwas packendem ab, am besten einem so richtig raffinierten, bluttriefendem Thriller. Zum Ausgleich.
sehr treffende zusammenfassung :D
AntwortenLöschenLg, Antonia
Oh, wunderbar! Ich wollte ja immer mal ein Buch von Rosamunde Pilcher lesen, um mir selber einen Einblick zu verschaffen, aber irgendwie hat es bislang nicht sein sollen. Dabei habe ich mich im Buchhandel sehr amüsiert, als der große Boom um ihre Romane in Deutschland aufkam und man jedem zweiten Kunden einen ihrer Titel in die Hand drücken konnte, weil eh nichts anderes gefragt wurde. ;)
AntwortenLöschenTiefenentspannung klingt gut ... vielleicht sollte ich mir für dieses Jahr wirklich mal einen ihrer Romane vornehmen und dann stelle ich mir beim Lesen auch einfach vor, dass der Gärtner der Mörder sei. :D
Hihi. Sehr schön von deiner Mutter zusammengefasst. *kicher*
AntwortenLöschenIch habe die "Muschelsucher" gelesen, bevor der Name jeden Sonntag in der Fernsehzeitschrift auftauchte und fand es wirklich nett, so wie du es beschreibst: Penelope war sympathisch und die Geschichte einfach entspannend. Den Nachfolgeband "September" habe ich auch noch gut lesbar gefunden, wenn auch schon ein bisschen schlechter, und dann habe ich noch ein Buch von ihr angefangen (ich glaube, es hieß "Wilder Thymian") und entsetzt wieder weggelegt, denn das war genauso wie die Verfilmungen: Kitsch pur, unrealistische, platte Figuren und unnötige Verwicklungen und Drama ohne Sinn und Verstand. Wenn man diese Sachen von ihr kennt, dann sind die "Muschelsucher" im Vergleich geradezu Hochliteratur. :-)
Hahaha, sehr tolle Beschreibung! Manchmal kommen mir solche gemütlichen, tiefenentspannenden Bücher ganz recht (momentan könnte ich so etwas gut gebrauchen), aber sowas hab ich dann doch lieber in kleineren Dosen und nicht gleich 700 Seiten lang.
AntwortenLöschenÜber die Check-Liste hab ich mich übrigens grad sehr amüsiert: Zuerst klingt alles nach beschaulicher Landidylle und dann auf einmal: irgendwer arbeitet in einer Werbeagentur. *lol*
Die Checkliste ist wirklich herrlich! Ab und zu mag ich auch so gemütliche Bücher, aber ich glaube, aus Pilcher bin ich inzwischen rausgewachsen. Vor 10, 15 Jahren fand ich die ganz nett, aber nach ein paar Büchern hatte ich keine Lust mehr. ;)
AntwortenLöschen*grummel* Da habe ich gerade einen endlosen Kommentar geschrieben und dann hat Blogger den geschluckt. Fies!
AntwortenLöschenIn Kürze: Herrliche Beschreibung!
@Hermia: Kann es sein, dass dir der Kommentar nur nicht direkt angezeigt wurde? Das passiert in letzter Zeit manchmal. In der Mailbenachrichtung gab es auf jeden Fall zwei Kommentare von dir. :)
AntwortenLöschenMich hat das Buch im letzten Jahr bei der Challenge auch positiv überrascht. Ich hab mit grauenhaftem Kitsch gerechnet und fand doch eigentlich alles ganz nett ;)
AntwortenLöschenHurra, du hast mal wieder was von der Liste gelesen! "Shell Seekers" hab ich ja auch noch im Regal stehen, war mir aber bisher immer zu lang ... Übrigens sagt meine Mutter, dass man von den Pilcher-Verfilmungen nicht auf die Bücher schließen darf. Wir haben einmal eine Verfilmung gemeinsam geguckt, die auf einer Kurzgeschichte basierte, die meine Mutter kannte. Nach dem Film sagte sie: "Das kam doch in der Geschichte alles gar nicht vor!" Wir haben nachgeguckt und festgestellt, dass außer dem Titel und dem Namen des Goldfisches nichts, aber auch gar nichts aus der Geschichte in der Verfilmung gelandet war. :-/
AntwortenLöschenÜbrigens hab ich grad in Großbritannien BBC-Listen-Bücher geshoppt. Vielleicht ist da ja was dabei, das du noch nicht hast? Ich meld mich dazu einfach mal per Mail bei dir.
Mentalen Urlaub könnte ich auch gerade gut gebrauchen. Müsste ich nur noch die Zeit finden, mir das Buch zu besorgen UND zu lesen. ;)
AntwortenLöschenSchön tiefenentspannt. Tja, ist doch eigentlich schön, solche Bücher gibt's nicht mehr so häufig. Ich fände es schade, wenn es so etwas nicht mehr gäbe: einfach eine gemütliche Geschichte, bei der am Ende alle glücklich sind.
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