Ehrlich gesagt ist es
etwas fies, dieses Buch als Flop des Monats zu wählen. Immerhin war mir
bewusst, worauf ich mich einlasse. Nachdem im letzten Jahr der erste Band der
"Divergent"-Reihe so gnadenlos gehyped wurde, hatte ich mir ja
vorschnell beide bis dahin erschienenen Bände zugelegt. Wir erinnern uns. Nachdem mich der erste Band
dann so enttäuscht hat, ist "Insurgent" (auf deutsch: "Die
Bestimmung - Tödliche Wahrheit") erstmal in der Versenkung verschwunden.
Nun hatte ich ja allerdings schon einmal die Erfahrung gemacht, dass der
zweite Band einer Teenie-Dystopien-Reihe wesentlich besser sein kann als der
Erste. Und da ich - nennen wir die Dinge beim Namen - mal wieder Lust auf
unkomplizierte Spannung hatte, die mein Hirn nicht über Gebühr strapaziert,
fiel die Wahl denn doch auf Veronica Roths zweiten Teil. Schade.
Die
Geschichte knüpft nahtlos da an, wo der erste Band aufhört - mitten im Gemetzel. Tris, die
in einem Land aufgewachsen ist, in dem alle 16 jährigen in eine der 5
besehenden Fraktionen aufgeteilt werden (Ferox – die Mutigen, Candor – die
Ehrlichen, Amite – die Harmoniebedürftigen, Altruan – die Aufopferungsvollen
und die Ken – die Wissebgierigen) hat gerade beide Eltern verloren und ihren
besten Freund erschossen, der von einer Simulation gesteuert wurde und sonst
sie umgebracht hätte. Deshalb ist sie jetzt traumatisiert und kann keine Waffe
mehr anfassen. Und obwohl dieses Trauma ein großes Thema im Buch ist, nehme ich
es ihr einfach nicht ab. Es kommt mir jedes mal vor, als würde die Autorin
einen Weg suchen, ihre Hauptfigur ein bisschen tiefgründiger darzustellen. Aber
es gelingt ihr einfach nicht. Selten haben mich die Charaktere eines Buches dermaßen
kalt gelassen. Ich konnte, wie schon im ersten Band, überhaupt keine Beziehung
zu Tris aufbauen, und glaube langsam, die Autorin konnte es auch nicht. Veronica
Roth möchte ihre 16-jährige Hauptfigur gerne
zur Heldin machen und bedient sich dafür altbewährter Charaktereigenschaften,
nach denen momentan in Jugendbüchern scheinbar Helden gemacht werden: Tris soll
unerschrocken sein, die Schwächeren verteidigen, notfalls für ihre Ideale ihr
Leben hergeben, vollkommen sebstlos sein, ein Vorbild für alle, sich ihrer
Rolle aber niemals bewusst werden. Das ist ein bisschen viel verlangt und
funktioniert nur ganz selten.
Hier
funktioniert es gar nicht. Tris rennt stur von einer Schießerei in die nächste
und beweist hierbei, trotz angeblich überdurchschnittlicher Intelligenz, nicht
besonders viel Scharfsinn. Wie schon das Ende von Band eins ist auch
dieses Buch hauptsächlich von Gewalt geprägt. Dabei werden Gewaltszenen nicht
benutzt, um einen Punkt zu unterstreichen - sie sind das Statement des Buches.
Dermaßen unüberlegt eingesetzt, gehen selbst die Todesszenen naher Freunde
schon nach kurzer Zeit dem Leser nicht mehr besonders nahe – und bald sterben
die Figuren sowieso so schnell, das man gar nicht mehr mitbekommt, wer nun
eigentlich wer ist.
Auch die
Liebesgeschichte zwischen Tris und Four ist nicht wirklich glaubwürdig, deshalb
bleibt auch irgendwie bei mir der gewünschte Effekt aus, wenn sie ständig ihre
Leben füreinander aufs Spiel setzen. Das komplizierte Verhältnis, das Four zu
seinen Eltern hat, bringt ein bisschen Tiefe in die Sache. Den Twist mit Fours
Mutter, die plötzlich auftaucht, fand ich ganz gelungen, auch wenn die Autorin
hier zu wenig in die Tiefe geht, um die Geschichte etwas komplexer zu machen. Auch
das Ende des Buches, das wohl als große Sensation gedacht war (es löst auf,
welches große Geheimnis die ganze Zeit verteidigt werden sollte), war eher eine Enttäuschung. Vielleicht habe ich die
Tragweite der Konsequenzen noch nicht verstanden, die sich aus dieser
Information ergeben sollen, aber sie lässt mich jetzt nicht voller Spannung auf
dem letzten Teil der Trilogie warten.
Fazit:
Die Idee der
Geschichte ist, dass die Fraktionen miteinander Krieg führen, wobei die
Menschen durch „Gedankensteuerung“ (gesteuert von den Ken) quasi zu willenlosen
Maschinen gemacht werden. Die Idee mit den Fraktionen und der
Gedankenmanipulation finde ich eigentlich ziemlich originell, leider betrachtet
die Autorin (die selbst auf dem Gebiet der Angstforschung arbeitet) das ganze
eher aus einem wissenschaftlich distanzierten Standpunkt und schafft es nicht,
ihre Figuren mit authentischen Gefühlen auszustatten. Dadurch wirkt die
Geschichte auf dem Höhepunkt nicht wie eine komplexe Dystopie, sonder eher wie
ein Zombie-Apokalypse-Splatter-Movie, mit leicht psychologischem Einschlag. Hat
mich, wie schon Band 1, ziemlich kalt gelassen.