Sonntag, 27. November 2011

Thanksgiving - Deutschland du verpasst was!

Wie der eine oder andere wohl mittlerweile mitbekommen hat, studiere ich in den Niederlanden und das mit einer extrem internationalen Truppe. Dieses Jahr, am Freitag um genau zu sein, war ich nun zu einem echten, amerikanischen Thanksgiving Dinner eingeladen. (Echt deshalb, weil ein Amerikaner der Gastgeber war.) Nun ist Thanksgiving eigentlich an einem Donnerstag, aber wir sind ja alle Studenten und müssen an Wochentagen strikt früh raus. Warn Witz, keine Ahnung warum´s am Freitag war, passte wohl besser. Jedenfalls ging das ganze schon Montags los, als riesige Berge Zutaten auf dem Markt besorgt wurden. Der gute Andrew hatte ganz optimistisch 35 Leute zum Dinner eingeladen, in der Annahme dass, wie das bei den sonstigen Parties so ist, die Hälfte der Leute anderweitig beschäftigt ist. Nicht diesmal. Wie alle gastfreundlichen Menschen wissen und Andrew etwas verdutzt feststellen musste, "kommen anscheinend alle, wenn man für sie kocht." Ja Andrew, man lernt dazu. Andrews Mama war ein wenig besorgt. Das erste Thanksgiving Dinner dass der Sohnemann eigenhändig zubereitet und dann für 35 Leute?! Aber Andrew hatte Hilfe. Seine Küchenfeen aus England, Spanien, Holland und Deutschland (ja, ich.) kamen bewaffnet mit Töpfen, Schalen, Kuchenformen, Messern und allem was man eben so braucht, am Donnerstag Mittag angezupppelt und die Orgie konnte beginnen. Mein lieber Scholli, schon mal für 35 Leute gekocht? Für alle die neugierig sind: Es dauert 5 Stunden um mit 6 Mädels 10 Kuchen zu backen, 5 Kilo Kartoffeln zu schälen, 4 Kürbisse zu zerlegen, 4 Packungen Wackelpudding zu kochen, 5 Packungen Toast für die Truthahnfüllung auseinanderzureißen... und eine Reihe anderer Dinge zu erledigen, die zu erledigen sind um ein Thanksgiving Dinner strikt nach Oma Fords Rezept zuzubereiten. 

Horst (so taufte man ihn vor der Marinade), der extra georderte, 20 Kilo schwere (!) Truthahn, duftete über die ganze Straße als ich am Freitag pünktlich drei Stunden vor Dinnerbeginn am Ort des Geschehens auftauchte. Ein leicht hektischer Andrew und ein großes Chaos erwarteten mich, aber wie durch ein Wunder konnten wir tatsächlich alle Gäste halbwegs pünktlich mit einem GRANDIOSEN Thanksgiving Dinner empfangen. Ein riesigier, krosser Truthahn, butterzarter Kürbis, Töpfe voller Bohnen und Mais, schalenweise Kartoffelbrei, Apfelkuchen, Kirschkuchen, Kürbiskuchen, Birnenkuchen, Brownies, Eiskrem, Kiloweise Wackelpudding, Schalen voller Früchte und Nüsse, Kastanien, frisches Brot mit Dip... und 35 hungrige Studenten. Es ist ein Wunder für sich, dass etwas, dass tagelange Vorbereitung braucht, innerhalb einer Stunde einfach verschwinden kann. Komplett abgegrast, wie eine Heuschreckenplage. Und soooo lecker!

Thanksgiving ist ein Fest der Freude, dass man mit der Familie, mit Freunden, eben mit allen die man liebhat feiert. Es geht nicht um Geschenke, es geht um Dankbarkeit, für die Nahrung die uns gegeben ist. Und Andrew, mit Leib und Seele Geschichtsstudent und ein großer Geschichtenerzähler, sprang auf einen Stuhl und erzählte 35 Nicht-Amerikanern die Geschichte von Thanksgiving. Als nämlich seine Pilgerväter im Jahr 1621 ohne Nahrung und irgendeine Ahnung der einheimischen Naturverhältnisse an der Küste von Massachusetts strandeten und um ein Haar alle verhungert wären, bekamen sie unerwartete Hilfe: die einheimischen Indianer brachten Ihnen die Saat und Aufzucht der einheimischen Gemüse bei und lehrten sie die Farmerei. Aus Dankbarkeit und zum Zeichen der Freundschaft wurde ein dreitägiges Fest gefeiert, bei dem die überaus erfolgreiche erste Ernte verzehrt wurde. Die europäische Geschichte ist ja nun nicht ganz so gelaufen, aber auch bei uns gibt es das Erntedankfest, von dem ich allerdings seit Kindergartenzeiten nie mehr viel mitbekommen habe. Warum eigentlich? Warum lässt Deutschland sich die Chance auf ein Familienfest mit Freunden und wunderbarem Essen entgehen? Ich weiss jedenfalls, was es bei mir im nächsten November zu essen gibt. Für Inspiration gibt es hier das Rezept für ein Thanksgiving Dinner aus dem "White House Cook Book" aus dem Jahr 1887. Viel Spaß :)


4 Kommentare:

  1. OOOOOOOh ein toller Bericht :) da kriegtman wirklich Lust drauf!!!

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  2. Wow, das klingt richtig toll! Mir ist sogar das Wasser im Mund zusammengelaufen.
    Aber du hast recht. Warum feiern wir das eigentlich nicht so richtig groß mit vielen Gästen und tollem Essen?
    Vielleicht sollte man das nächstes Jahr einfach machen! Erinnerst du mich rechtzeitig?
    Am besten postest du dann nochmal das Rezept :)

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  3. Wow, das klingt toll. Hab selbst viele Freunde in Amerika und weiß wie irre ein Thanksgiving Dinner sein kann. Und Thanksgiving mit 35 Freunden zu feiern ist sicher total toll.

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  4. Ich glaube, dass das Erntedankfest in Deutschland so verpönt ist, weil es so einen kirchlichen Charakter hat.

    Würde man es als allgemeinen und religionsübergreifenden Festtag begreifen, dann wäre das vermutlich etwas anderes. ;)

    Eurer Thanksgiving-Essen klingt toll! Gemeinsam gekocht, gemeinsam verspachtelt und dabei nette Gesellschaft - traumhaft! :)

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