Dienstag, 10. Juli 2012

[Rezension] Wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie.


Cover via Homepage der Autorin
 "When we get out of high school we´ll look back and know we did everything right, that we kissed the cutest boys and went to the best parties, got in just enough trouble, listened to our music too loud, smoked too many cigarettes, and drank too much and laughed too much and listened too little, or not at all. If high school were a game of poker, Lindsay, Ally, Elody and I would be holding 80 percent of the cards."

Before I fall ist der Debutroman von Lauren Oliver, die Autorin die mit der „Delirium“ Trilogie gerade alle Bestsellerlisten knackt. Das ich mir die beiden ersten Bände der Trilogie nun schon bestellt habe sollte einen kleinen Einblick darüber geben, wie mir dieses Buch gefallen hat.

Zur Story (Diesmal Inhaltsangabe von Amazon):
Was wäre, wenn heute dein letzter Tag wäre? Was würdest du tun? Wen würdest du küssen? Und wie weit würdest du gehen, um dein Leben zu retten? Samantha Kingston ist hübsch, beliebt, hat drei enge Freundinnen und den perfekten Freund. Der 12. Februar sollte eigentlich ein Tag werden wie jeder andere in ihrem Leben: mit ihren Freundinnen zur Schule fahren, die sechste Stunde schwänzen, zu Kents Party gehen. Stattdessen ist es ihr letzter Tag. Sie stirbt nach der Party bei einem Autounfall. Und wacht am Morgen desselben Tages wieder auf. Siebenmal ist sie gezwungen diesen Tag wieder und wieder zu durchleben. Und begreift allmählich, dass es nicht darum geht, ihr Leben zu retten. Zumindest nicht so, wie sie dachte ...

Meine Meinung:
Die Geschichte läuft nach dem Prinzip „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Nur das das Murmeltier hier Higheels trägt und noch zur Schule geht. Und zwar ganz eindeutig in eine amerikanische, denn Samantha (Sam) Kingston und ihre Mädels sind die typischen „Mean girls“: jeder kennt sie, die Jungs fliegen ihnen nur so zu und wer sie nicht vergöttert, der fürchtet sich vor ihnen. Als das Buch beginnt, macht  Sam sich gerade für den Valentinstag zurecht, einer der wenigen Tage im Jahr, an dem sich alle vier Mädels gleich anziehen: schwarzer Minirock, Higheels und das Top mit rotem Fell im Ausschnitt. Die Mädels fühlen sich dabei wer weiß wie toll und wichtig, merken aber nicht, dass sie nebenbei mit ihrem Spott Leben zerstören und sie eigentlich von ziemlich vielen Menschen gehasst werden. Naja, hamwa ja alles schomma gehört, wa? Und Mila hier, voll erwachsen natürlich, war sich schon ganz schön sicher, dass sie anscheinend viiiel zu alt für das Buch ist. Voll voraussehbar die Geschichte. Hach, man wird ja so aaanspruchsvoll was Literatur angeht, puh. Das war Sonntag Mittag um eins. Ich hab dann aber vorsichtshalber noch ein bisschen weitergelesen und plötzlich war es drei Uhr nachts und ich hatte das Buch durch. 470 Seiten. (Fairerweise ziemlich große Schrift, aber trotzdem.)
"I´m thinking that this - my life, my friends - might be weird or screwy or imperfect or damaged or whatever, but it´s never seemed better to me!"
Lauren Oliver hat hier nämlich dankenswerterweise nicht den typischen gut-böse Teenie Plot verwendet. Sie zeigt so viel Fingerspitzengefühl und vor allem so viel Empathie für ihre Charaktere, dass aus der Geschichte eine dreidimensionale und sehr, sehr zarte Charakterstudie wird, die die Verwirrung des Erwachsenwerdens greifbar macht. Sam bekommt nach und nach mit, dass jede ihrer Taten weitreichende Konsequenzen hat. Selbst die kleinen Seitenhiebe, die unaufmerksam an die Außenseiter ausgeteilt werden. Dabei gelingt der Autorin die Gradwanderung, ihrer Figur weder einen Klaps auf die Finger zu geben, noch nimmt sie sie in Schutz. Sam erkennt ihre Fehler nur langsam, aber sehr nachvollziehbar, und ganz behutsam beginnt unter der „keiner kann mir was“ Fassade der vier Mädchen ihre eigentliche Verunsicherung durchzuscheinen.

Trotzdem schaffen es die hingeworfenen Grausamkeiten der Mädchen, dem Leser den Magen umzudrehen. Lauren Oliver hat da diese miesen kleinen Szenen erdacht, die sich genauso in jeder Schule dieser Welt zutragen könnten. Die Stille im Raum wenn der Außenseiter hereinkommt. Der „lustige“ Spitzname, der jahrelang hängen bleibt. Ein Gerücht, mit Edding aus Mädchenklo geschrieben. 
"The point is, we can do things like that. You know why? Because we´re popular. And we´re popular because we can get away with everything. So it´s circular"
Der Autorin gelingt das Kunststück, dass man am Ende des Buches trotzdem niemanden hassen muss. Das einzige Wort was mir hier einfällt ist „liebevoll“. Sie behandelt auch ihre verabscheuenswürdigsten Charaktere so liebevoll, dass der Leser am Ende der Geschichte eine Lektion gelernt hat. Und diese Lektion ist nicht nur: „Bedenke deine Taten, tu keinem weh und sei nicht fies zu Außenseitern“ sondern noch viel eher Versuche auch die schillernden, arroganten Promqueens dieser Welt liebzuhaben“. Denn die haben es mindestens genauso nötig.

Fazit:
Eine sanfte und absolut lesenswerte Geschichte über das Erwachsenwerden von einer großartigen, großzügigen und sehr klugen Autorin. Toll erzählt, hochspannend und nicht nur für Teenies lehrreich.

Nachtrag:
Nachdem ich mir jetzt sehr viele Rezensionen anderer Blogger durchgelesen habe (mache ich möglichst immer erst nachdem ich das Buch gelesen habe) finde ich es sehr interessant wieviel Abscheu die Hauptprotagonistin Sam bei vielen Lesern ausgelöst hat. Hab ganz oft sowas wie "Am Anfang habe ich sie gehasst, sie ist so oberflächlich" gelesen. Bei mir war das überhaupt nicht so, meiner Meinung nach lässt die Autorin schon sehr früh durchblicken, dass Sam eigentlich nicht oberflächlich ist aber so unsicher und krampfhaft unreflektiert, dass es mir richtig weh tat. Alle vier Mädchen sind deutlich liebesbedürftig, was sich (wie bei vielen Exemplaren ihrer Gattung) darin ausdrückt, dass sie sich auch beim größten Arsch noch irgendwie eine Liebesbeziehung zusammenfantasieren. Komisch fand ich, dass in vielen Rezensionen steht "die Mädchen sehen gut aus und wissen das auch." Gerade da ist das Buch aber ziemlich deutlich: "Lindsay´s georgeous, but the rest of us aren´t that much prettier than anyone else. [...] Becky DiFiore´s just as pretty as Lindsay, and I don´t think Becky even had a date to junior homecoming". Ich glaube, es war der Autorin sogar sehr wichtig deutlich zu machen, dass es hier nicht so sehr auf das Aussehen ankommt (sonst hätte auch Becky ja ein Date), sondern auf das Selbstbewusstsein. Und das finde ich, bei den ganzen "der Hauptcharakter ist zwar eine Doofnudel aber er sieht boah so geil aus und hat sooolche Muskeln"-Teenie Büchern die sich momentan zu häufen scheinen, eine wirklich gute Botschaft!

18 Kommentare:

  1. Und ewig grüßt das Murmeltier? Ich dachte, es grüßt täglich^^

    Hm, das Buch interessiert mich jetzt doch ziemlich, vielleicht sollte ich den E-Reader rauskramen und es endlich mal lesen^^

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    1. Hahaha haste Recht, das grüßt allerdings täglich. Danke.Ich änder das mal fix :p

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    2. WArte, du hast das Buch schon gekauft? SOFORT LESEN! (Bist wahrscheinlich dann auch morgen früh durch :) )

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    3. Und soll "Faunblut" dafür büßen? Und "Finding Sky" ist immer noch nicht durchgelesen (ich quäl mich). Ich meine, ob ich nun noch ein halbes Jahr warte, oder nicht, ist ja egal, oder? Ist doch auch nicht so schlimm. Bücher im E-Reader können ja noch nicht mal staubig werden.^.^

      Ne, werde ich bald lesen, aber drei Bücher auf einmal ist mir einfach zu viel.

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    4. Wenn du dich quälst, sollte das Buch auf jeden Fall dafür büßen. Hab die Bücher aber beide nicht gelesen, deshalb werde ich mich mal vornehm mit Empfehlungen zurückhalten. Und du hast Recht, sie werden tatsächlich nicht staubig :D (Ein überzeugendes Argument üfr einen E-Reader übrigens, hatte ich noch nie so drüber nachgedacht :p )

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  2. Also, Egoliquida, ich finde ja ehrlich gesagt "Faunblut" deutlich besser als "Wenn du stirbst ..."
    Ich bin mit dem Roman aber allgemein nicht so recht warm geworden - womit ich anscheinend recht einsam bin, denn sonst scheinen ihn alle toll zu finden. Aber ich finde, dass es unglaubliche Längen gab (da sich zwangsläufig durch das immer wieder Durchleben des Tages viele Wiederholungen ergeben) und bin vor Langeweile teilweise völlig mit den Gedanken abgeschweift.

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    1. Ist echt in teressant, im Gegensatz zu dir hab ich schon ziemlich viele Rezensionen gefunden, die das Buch nicht so richtig gut fanden. Bei ganz vielen scheint dass an Sam zu liegen. Komischerweise fand ich Sam von Anfang an nicht wirklich oberflächlich, nur sehr rührend und verletzlich. Und viele sprechen ja von einer Charakterwandlung, ich finde sie wandelt sich garnicht besonders, sie macht nur endlich die augen auf und sieht was sie anrichtet. und traut sich auch mal Dinge zu tun, die nicht so mainstream sind. mir haben eigentlich alle vier Mädels von den Charakteren her gefallen. Ich hab aber anerkannterweise ne böse schwäche für "harte Schale, weicher Kern" :p

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    2. Mir ging es mit dem Buch ähnlich wie Neyasha. Ich konnte damit auch bis zur letzten Seite nicht recht warm werden und fand vor allem den zweiten Tag seeehr anstrengend, weil es ja fast nochmal dasselbe war wie der erste.

      Und dieses Augen-Aufmachen, nachdem Sam die ganze Zeit blind ihren Freundinnen hinterhergelaufen ist, IST doch die Charakterwandlung. :P (Und die kam mir zu sehr von jetzt auf gleich, um wirklich glaubwürdig zu sein.)

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  3. Schon wieder ein Buch mehr auf meiner Wunschliste...ohje. ;-)

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  4. Ich fand es auch ganz gut. Meine Rezi ist zwar schon eine Weile her, aber ich habe es auch sofort mit "und täglich grüßt das Murmeltier" assoziiert.
    Ist auf jeden Fall lesenswert...die Nacht hätte ich mir dafür vielleicht nicht um die Ohren geschlagen, aber ich habe es gerne gelesen.
    Gruß

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    1. Hast du die Rezi garnicht online oder bin ich zu doof sie auf deinem Blog zu finden?

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  5. Okay, meine Neugier ist geweckt. Jetzt weiß ich, was ich nächste Woche auf meiner 8-stündigen Zugfahrt lesen werde. :D

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  6. Das Buch klingt wirklich gut. Habe es zwar schon oft gesehen, aber nie richtig, wenn du verstehst, was ich meine. Jedenfalls eine sehr schöne Rezension. Habs jetzt mal auf die Wunschliste gepackt.

    Liebe Grüße, Diti

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    1. Kann ich total verstehen, ging mir bei dem Buch genauso. Das war ja letztes Jahr auf vielen Blogs total der Renner. Und ich haabs auf englisch gelesen und dann als ich den deutschen Titel gesucht habe hab ich erst geacht "Ach DAS ist das!"

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  7. OK. Hui. Ich habe gestern deine Rezension gelesen, mir das Buch gleich heute mal in der Bücherei ausgeliehen - und dann sechs Stunden durch gelesen.

    Also, ich fand es großartig - und ich weiß gar nicht, ob ich da jetzt noch selber eine Rezension zu schreiben will, weil deine im Grunde genau mein Erleben widerspiegelt. Ich fand es auch beeindruckend, wie wenig schwarz-weiß die Autorin malt, und ich fand Sams Wandlung überhaupt nicht plötzlich, sondern erstaunlich gut geschrieben und glaubwürdig. Scheint auch Geschmackssache zu sein.

    Danke für den Tipp, du hast mir einen gefesselten Lesenachmittag beschert und eine Geschichte, die mich so schnell vermutlich nicht loslassen wird ...

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    1. Ooooh gerne!!! :) Das freut mich sehr. Mich lässt die Geschichet auch noch nicht so richtig los, die wird irgendwie einige Zeit nachdem man das Buch zugeklappt hat nochmal so richtig intensiv. Vor allem wenn einem im Nachhinein die ganzen kleinen Szenen auffallen. Hatte mir heute überlegt warum Sam überhaupt in dieser Mädchengruppe ist, weil alle anderen ja irgendwie ein bisschen von ihren Eltern vernachlässigt werden. Bis mir die Geschichte mit der roten Linie eingefallen ist, die ja irgendwie ganz schön heftig ist wenn man drüber nachdenkt. Die Frau Roth hat das echt drauf ganz subtil ziemliche Magenschwinger auszuteilen.

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  8. Ob man das Buch mag oder nicht, es hat einen genialen ersten Satz:" Wenn du stirbst sagen sie, zieht dein ganzes Leben an dir vorüber. Bei mir war das nicht so."

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  9. Das Buch war echt gut und deine Rezi ist wirklich schön :)

    LG
    _______________________________

    http://baddicted.blogspot.de/

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